Coburg: Jubiläumsnachlese im reich bebilderten Band zu Victoria und Albert erschienen
Sie galten als das erste Traumpaar der britischen Monarchie und waren zugleich bedeutende Impulsgeber in Politik, Wissenschaft und Kultur: Königin Victoria von Großbritannien und Irland und Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Ihre zweihundertjährigen Geburtstagsjubiläen im Jahr 2019 gaben speziell auch in Coburg Anlass, sich mit dem berühmtesten Sohn der Stadt und seiner Gemahlin auseinanderzusetzen. Zahlreiche im Jubiläumsjahr gehaltene Vorträge beleuchteten neue Aspekte zu Leben und Wirken des königlichen Paars. Nun wurden sie zur Veröffentlichung ausgearbeitet. Gemeinsam mit weiteren Studien bilden sie den Schwerpunkt des soeben erschienenen Jahrbuchs der Coburger Landesstiftung 2020.
Zwölf Autoren aus Deutschland und England haben sich an der Jubiläumsnachlese beteiligt, darunter Sir Jonathan Marsden, ehemaliger Direktor der Royal Collection und Kurator der großen Londoner Ausstellung „Victoria & Albert: Art & Love“ (2010). Seine Forschungen zu Victoria und Albert als einflussreiche Sammler und Mäzene werden mit dem zweisprachigen Jahrbuch-Beitrag nun erstmals auch in deutscher Sprache zugänglich gemacht. Anschaulich zeigt Marsden, dass Victoria und Albert ihre Kunstsammlung vor allem durch gegenseitige Geschenke erweiterten. Ihre Liebe zueinander war ein entscheidender Motor ihres Mäzenatentums und prägte ihren vertrauten Umgang mit Künstlern. Direkten Einblick in diese – für das 19. Jahrhundert durchaus ungewöhnliche – königliche Liebesbeziehung gibt der Beitrag von Angelika Tasler, der aus den zahlreichen Briefen Victorias und Alberts zitiert. Die Liebe des Prinzgemahls zu seiner Frau zeigt sich auch in eigenen Liedkompositionen.
Alberts künstlerische Beschäftigungen waren sehr vielfältig – hier knüpft der Beitrag von Sven Hauschke an. Hauschke verweist auf die Tradition der frühneuzeitlichen, musisch geprägten Prinzenerziehung und kommt bei der Analyse von Alberts Arbeiten und Äußerungen zu dem Schluss, dass der Prinzgemahl sich keineswegs als Künstler sah. Durch eigene künstlerische Versuche wollte er vielmehr den Blick für sein mäzenatisches Wirken schärfen. Als Sammler und Impulsgeber beschränkte Albert sich jedoch nicht auf die Schönen Künste, sondern er widmete sich mit gleichem Interesse auch der Naturkunde. Entsprach dies zunächst ebenfalls althergebrachtem Bildungsanspruch europäischer Fürsten, so zählt Albert mit seinen weit gespannten Kenntnissen in Natur- und Geisteswissenschaften damals wie heute zu den Ausnahmen.
Seine Leistungen für die Entwicklung der Naturwissenschaften in England sind hinlänglich bekannt. Der Jahrbuch-Beitrag von Eckhard Mönnig und Jana Riedel untersucht allerdings erstmals detailliert die Anfänge des Naturkunde-Museums Coburg. Dies wurde als „Herzogliches Kunst- und Naturaliencabinet“ unter den herzoglichen Brüdern Ernst und Albert gegründet. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit Alberts Mutter Luise, mit den Residenzen und Refugien des deutsch-britischen Grenzgängers, mit den Besuchen der royalen Familie im heimatlichen Coburg und mit der künstlerischen Konzeption von Schloss und Park Rosenau, Alberts Geburtsort, an dem sich auch Königin Victoria zuhause fühlte. Auch das mechanisch betriebene Schaustück „Volksfest auf der Rosenau“, mit dem die Sonneberger und Neustadter Spielzeugmacher auf der von Albert initiierten Londoner Weltausstellung 1851 große Erfolge feierten, wird im Jahrbuch vorgestellt. Alberts besonderes Interesse an wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Innovationen machen ihn selbst heute zur Identifikationsfigur. Zu diesem Ergebnis kommt nicht zuletzt Hubertus Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, der an dem Jahrbuch mit einer persönlich geprägten Einschätzung seines Vorfahren beteiligt ist. Der reich bebilderte Band ist im Michael Imhof Verlag erschienen und zu erwerben.
Info: 200 Jahre Victoria & Albert. Jahrbuch der Coburger Landesstiftung, Bd. 64, 2020. Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2021, 454 Seiten, 270 Farb- und 9 SW-Abbildungen, Hardcover. 39,95 Euro. ISBN 978-3-7319-1198-2.
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