Initiative „Klimaentscheid ERlangen“ fordert Nachbesserungen beim Haushalt

Scheitern mit Ansage beim Klimaschutz

Nach Abschluss der Verhandlungen zum Kooperationsvertrag im letzten Jahr hatten SPD und CSU verstärkte Maßnahmen für den Klimaschutz und ein zusätzliches Budget von 100 Mio. Euro für Klimaschutzmaßnahmen in der anstehenden Legislaturperiode angekündigt. Im November 2020 hat der Stadtrat mit der Mehrheit von SPD und CSU dann einen sehr ambitionierten Beschluss gefasst, nach dem die Stadt Erlangen bis spätestens 2030 – also innerhalb von 9 Jahren! – klimaneutral werden soll. Und hierbei nicht nur die Stadtverwaltung, sondern die gesamte Stadt!

Die Freude und Anerkennung ob dieses Beschlusses währte bei den Aktiven der Initiative Klimaentscheid Erlangen allerdings nicht sehr lange. Denn leider war es mit den großen Ambitionen beim Beschluss des Haushaltes für das Jahr 2021 schon wieder vorbei. Hier wurde nur ein Bruchteil der für ein so großes Transformationsprogramm benötigten Stellen geschaffen. Die Berechtigung der Kritik der Initiative Klimaentscheid hieran bewahrheitete sich dann in diesem Jahr in großer Deutlichkeit. Der große Aufbruch und größere Maßnahmen blieben in 2021 aus. Allenthalben war bei Anfragen von Personalmangel zu hören. Zwar gab es u. a. eine Aufstockung der Fördermittel für CO2-Minderungsmaßnahmen an Gebäuden sowie ein sogenanntes Klimabudget für Orts- und Stadtteilbeirät*innen. Ersteres führte dann allerdings zu einer weiteren Überlastung der sowieso schon zu wenigen Sachbearbeiter im Umweltamt und letzteres war mit 5.000,- € je Orts- bzw. Stadtteil so dürftig ausgestattet, dass es ungeeignet war, um Begeisterung bei den Bürgerinnen und Bürgern für eine intensive Mitarbeit an einem großen Aufbruch und die Entwicklung von Projekten mit substantiellem CO2-Minderungspotential zu entfachen. Besonders deutlich wird die Untergewichtung des Klimaschutzes in der Stadtverwaltung und der Stadtpolitik, wenn man beachtet, dass hiermit nicht wirklich Wesentliches zur CO2-Minderung erreicht werden konnte. Und an anderer Stelle z. B. für ein einzelnes Projekt einer Lichtinstallation im Rahmen von „ERleuchtet“ stolze 50.000 EUR seitens der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Bezeichnend hierfür ist auch, dass Oberbürgermeister Janik in seiner jüngst im Stadtrat gehaltenen Jahresabschlussrede – im Jahr 1 nach dem Beschluss zur Klimaneutralität – mit Ausnahme von einigen Fortschritten im Radverkehr über keine Fortschritte, Ergebnisse oder gar ersten Erfolge im Bereich Klimaschutz berichten konnte.

Leider verging so auch das Jahr 2021, ohne dass ein Gesamtplan mit strikten Jahresminderungszielen gemäß dem vereinbarten Restbudgetansatz und ein umfassender Maßnahmenkatalog zum Erreichen der Klimaneutralität in den jetzt nur noch 8 verbleibenden Jahren entwickelt wurde. Stattdessen mussten sich die Stadtverwaltung, die Stadträte und die ESTW u. a. mit Anträgen zur Schaffung mobiler Solar-Ladestationen für Smartphones und Tablets beschäftigen. Ein Gesamtplan soll nun in 2022 mit einem „Stadtvertrag Klima“ u. a. unter Einsatz eines Klimabürgerrates erreicht werden.

Mangels konkreter größerer Projekte sieht so auch der Entwurf für den Haushalt 2022 wieder viel zu wenige neue Stellen für den Klimaschutz für offensichtliche Handlungsfelder vor. Zum Beispiel wären für ein umfassendes Gebäude-Sanierungsprogramm ein Energiesprung – Konzept für bezahlbares und klimaneutrales Wohnen – das als innovatives Konzept, in einigen Städten bereits erfolgreich getestet wurde – mehrere Mitarbeiter:innen in der Stadtverwaltung oder einer Energie- und Klimaschutzagentur erforderlich, um dieses zu planen und in die Wege zu leiten. Allenthalben ist bekannt, dass die Minimierung der Heizlast eines der größten Herausforderungen zum Erreichen der Klimaneutralität ist. Dies frühzeitig anzugehen, wäre also ein Gebot der Stunde – auch schon vor Abschluss eines Stadtvertrages Klima. So vergeht aber auch hier wieder wertvolle Zeit, bis solche offensichtlichen und unumstrittenen Maßnahmen – sog. No-Regret-Maßnahmen – dann vielleicht in großem Stile angegangen werden können. Mit dann nur noch 7 verbleibenden Jahren bis 2030. Aber selbst die wenigen beantragten Stellen wurden am Ende um rund 2/3 zusammengestrichen. Und auch eine alternativ vorgeschlagene eigenständige Energie- und Klimaschutz-Agentur ist aktuell nicht in Sicht!

Und auch bei den Neubauprojekten der Stadt ist bislang nur wenig von einer konsequenten Umsetzung bekannter Strategien für eine nachhaltige, das Stadtklima verbessernde städtebauliche Planung zu hören.

Auch viele andere Bereiche, wie die Unterstützung einer umfassenden Transformation der lokalen Wirtschaft, hin zu einer Kreislaufwirtschaft, z. B. durch den Aufbau eines entsprechenden Kompetenzzentrums sowie die u. a. vorgeschlagene Einrichtung eines modernen Re-Use-Kaufhauses werden mit dem aktuellen, zusammengestrichenen Stellenplan nicht adressiert.

Im Bereich Mobilität zeigt der Ziele- und Maßnahmenkatalog des Klimaentscheids ganz konkrete Schritte zur klimaneutralen Fortbewegung in Stadt und Umland unter Berücksichtigung vielfältiger Bedürfnisse der Bevölkerung. Außerhalb der Maßnahmen, die im Zuge des Radentscheids auf den Weg gebracht wurden, sind weitere zeitnahe Umsetzungen nicht in Sicht.

Der von der Initiative Klimaentscheid in 2020 vorgelegte Ziel- und Maßnahmenkatalog enthält vielfältige Vorschläge für alle wesentlichen Handlungsfelder eines Stadtgebiets samt Umgebung. Aber auch in 2021 wurden hiervon seitens der Stadtverwaltung und den kooperierenden Stadtratsfraktionen nicht wirklich Anleihen genommen. Der Geist eines Klimaaufbruchs ist weder in den Regierungsparteien noch in großen Teilen der Stadtverwaltung angekommen. Dabei sollen nicht nur klimaschützende Maßnahmen begonnen werden, sondern auch klimaschädliche Maßnahmen sofort beendet werden. Auch die Stellenschaffung kann so vereinfacht werden, indem Stellen mit klimaschädlicher Arbeit abgebaut bzw. umgewandelt werden.

Ob all dieser Verzögerungen und Unzulänglichkeiten besteht für die Aktiven der Initiative „Klimaentscheid Erlangen“ leider kein Zweifel daran, dass das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 so nicht erreicht werden kann. Und unter vorgehaltener Hand bestätigen dies auch solche Experten, die langjährige Erfahrung mit der Umsetzung kommunaler Klimaschutzprojekte haben.

Die Initiative Klimaentscheid Erlangen steht mit allen Aktiven für einen beherzten, raschen und substantiellen Klimaaufbruch bereit! Denn was wir heute tun, entscheidet darüber wie das Erlangen von morgen aussieht!