Bamberger Volt-Stadtrat nimmt Stellung zu den Fake Accounts bei Bamberg Facts und der Reaktion Herrn Stieringers
Anonym, Fake Account oder Klarnamen – Was sagt der Volt-Stadtrat Hans-Günter Brünker zur Fake Account Affäre in Bamberg?
Die Bamberger Fake Account Affäre ist meiner Meinung nach Teil einer viel grundsätzlicheren Frage: Wie kann man Netzanonymität gewährleisten ohne Falschinformation oder gar Hasskriminalität im Internet Vorschub zu leisten. In diesem Zusammenhang muss man auch klarstellen, dass „anonym“ und „fake“ nicht das gleiche sind, denn diesem Irrtum scheint auch Klaus Stieringer erlegen zu sein.
In einer freien Gesellschaft sind das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Anonymität fundamental. Das Internet hat allerdings nachhaltig verändert wie wir diese Rechte ausüben können. Denn durch das Internet können wir jederzeit eine große Anzahl an Menschen anonym erreichen. Das kann gut sein aber auch schlecht, denn häufig werden auf diesem Wege Falschinformationen verbreitet, Menschen verunglimpft, die öffentliche Meinung manipuliert oder es wird sogar zu Gewalt aufgerufen. Es ist deshalb eine der großen Herausforderungen der Gegenwart die Freiheit der (anonymen) Meinungsäußerung bei gleichzeitigem Schutz potentieller Opfer von Falschinformation oder Gewalt im Internet zu gewährleisten. Vor dieser Herausforderung stehen sowohl der Gesetzgeber als auch die Medienunternehmen.
Wie schwierig es ist neue Regeln zu finden zeigen die Vorgehensweisen großer Zeitungen und Medienunternehmen in Deutschland: Die Süddeutsche Zeitung ermöglicht z.B. Leserkommentare unter Pseudonym, der Klarname muss aber der Redaktion bekannt sein. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hingegen lässt Lesermeinungen nur unter Klarnamen zu. Facebook lässt eigentlich nur Konten unter Klarnamen zu, was allerdings einfach umgangen werden kann, wie wir gerade in Bamberg sehen.
Die Ampelkoalition in Berlin diskutiert derzeit verschiedene Lösungsansätze wie die freie und anonyme Meinungsäußerung ermöglicht werden kann bei gleichzeitigem Schutz potentieller Opfer. Zum Beispiel durch die „Login-Falle“ zur Strafverfolgung im Internet ohne Massenüberwachung.
Im Moment weiß wahrscheinlich niemand, wie man am besten ein gutes gesellschaftliches Miteinander in Zeiten des Internets sicherstellen kann. Für Bamberg würde ich mir allerdings wünschen, dass sich möglichst viele politisch Interessierte in den für uns relevanten Medien mit Klarnamen äußern würden. Das würde es der Kommunalpolitik erleichtern mit allenInteressensgruppen in Kontakt zu treten und immer den bestmöglichen Interessensausgleich zu finden.
Allerdings muss man eines festhalten: Anonymität und Fake Accounts sind zwei grundverschiedene Dinge. Jemand der sich anonym äußert macht klar, dass er oder sie ihre Identität nicht preisgeben will oder kann. Ein Fake Account hingegen ist die bewusste Vorspiegelung einer falschen Identität.
Mit einem Fake Account versucht man Meinungen zu manipulieren. Die Verwendung von Fake Accounts ist in der politischen Meinungsbildung inakzeptabel. Die Tatsache, dass Kaus Stieringer das nicht so sieht hat mich entsetzt. Insbesondere bin ich darüber erschrocken, dass sich selbst die Jusos nicht klar distanziert haben. Das zeigt welche Auswirkungen ein schlechtes Beispiel auf die kommende Politiker-Generation hat und wie wichtig es ist, dass die SPD jetzt nicht versucht das Problem auszusitzen, sondern aus den Vorgängen die richtigen Schlüsse zieht.
Hans-Günter Brünker
Über Volt
Volt wurde im März 2017 von einer Französin, einem Italiener und einem Deutschen als Reaktion auf den Brexit und den erstarkenden Rechtspopulismus in Europa gegründet. Ihr Ziel: Die erste echte europaweite Partei aufzubauen. Die Bewegung zielt darauf ab, ein Europa zu verwirklichen, das all seinen Bürger*innen eine Stimme verleiht. Volt glaubt daran, dass globale Herausforderungen gesamteuropäische Lösungen erfordern. Volt ist mittlerweile in 30 Staaten Europas vertreten, mit Teams in hunderten Städten. Seit Mai 2019 verfügt Volt mit Damian Boeselager über einen Abgeordneten im Europaparlament. Seitdem war die Partei bei zahlreichen Kommunalwahlen erfolgreich und ist inzwischen in Stadt- und Kreisräten in Deutschland, Italien und Bulgarien vertreten.
In Städten wie München Köln, Frankfurt, Bonn und Münster ist Volt inzwischen Teil der Stadtführung.
Der bislang größte Erfolg der noch jungen Partei war der Einzug dreier Volt-Abgeordneter in das nationale Parlament der Niederlande im März 2021. Im November 2021 ist Volt zudem im Rahmen einer Listenverbindung in das nationale Parlament Bulgariens eingezogen. Volt ist damit die erste gesamteuropäische Partei, die in verschiedenen Staaten von der kommunalen Ebene über die nationale Ebene, bis ins EU-Parlament vertreten ist.
Endlich eine Stellungnahme, welche den Gegenstand der Debatte von allen Seiten zu beträchten sucht!
Es gibt einen wichtigen Gesichtspunkt, der die Notwendigkeit der Möglichkeit, sich anonym zu äußern, unterstreicht: die zunehmende Gewaltbereitschaft. Wer sich kritisch äußert, insbesondere gegen extreme Ansichten, Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus, hat mit Vandalismus – zerstochene Reifen, beschädigte Fahrzeuge, verschmierte Hauswände, eingeschlagene Fenster, Brandanschläge – und Körperverletzung, gar mit Morddrohungen zu rechnen. Manchmal genügt sogar, vom Meinungsmainstream abzuweichen. Aber auch berufliche Nachteile sind möglich, sollte man Ansichten vertreten, die dem Arbeitgeber nicht gefallen.
Sich nicht anonym äußern zu können, bedeutete in all diesen Fällen, auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung verzichten zu müssen, um sich selbst oder die Familie zu schützen.
Nicht akzeptabel allerdings sind selbstverständlich strafbare und / oder ehrverletzende Äußerungen unter dem Schutz der Anonymität. Und über sogenannte „Fake-Accounts“ Falschmeldungen zu verbreiten bzw. die politische Meinungsbildung in irreführender Weise beeinflussen zu wollen, ist eines demokratisch gesinnten Menschen unwürdig. Offensichtlich (!) satirisch überzeichnete Darstellungen indes sind Bestandteil der öffentlichen Diskussion.