Gewerkschaft NGG warnt vor Behinderung der Betriebsratswahlen im Kreis Kulmbach
Mehr Mitbestimmung für 3.200 Beschäftigte im Lebensmittel- und Gastgewerbe gefordert
Mehr Demokratie hinterm Werkstor: Beschäftigte, die sich im Landkreis Kulmbach über schlechte Arbeitsbedingungen ärgern, sollen sich stärker um ihre Interessen kümmern – und die Vorbereitung der Betriebsratswahlen im kommenden Jahr unterstützen. Dazu ruft die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf. „Betriebsräte helfen nicht nur, Jobs zu sichern. Sie geben auch kreative Impulse aus der Belegschaft an die Chefetage weiter und tragen dazu bei, Firmen fit für die Zukunft zu machen“, sagt Michael Grundl, Geschäftsführer der NGG-Region Oberfranken. Doch ein Großteil der Menschen, die im Landkreis Kulmbach in der Lebensmittelbranche (2.100 Beschäftigte) und im Gastgewerbe (1.100 Beschäftigte) arbeiten, könne nicht auf eine Arbeitnehmervertretung bauen. Das liege auch daran, dass gerade in Kleinbetrieben viele Chefs die Gründung eines Betriebsrats blockierten, berichtet der Gewerkschafter. Wenn man wisse, wie es geht, sei eine Betriebsratswahl allerdings etwas, vor dem niemand zurückschrecken müsse. Beschäftigte im Gastgewerbe oder in der Ernährungsindustrie, die eine Betriebsratswahl in ihrer Firma organisieren wollen, können sich dabei an die NGG wenden. Die Gewerkschaft bietet Unterstützung beim Aufbau einer Arbeitnehmervertretung – vom rechtlichen Know-how bis zum Organisationsmanagement.
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die betriebliche Mitbestimmung sei. Dort, wo es Betriebsräte gebe, sei nicht nur häufiger das Kurzarbeitergeld aufgestockt worden. Auch beim Infektionsschutz am Arbeitsplatz komme es entscheidend auf die Mitsprache der Arbeitnehmervertreter an, so Grundl. Die NGG appelliert daher an die Beschäftigten aus ihren Branchen, sich im eigenen Betrieb schon jetzt über die Kandidatinnen und Kandidaten zu informieren – oder sich selbst zur Wahl aufstellen zu lassen. „Einen Betriebsrat zu wählen, ist ein demokratisches Grundrecht, das jeder nutzen und nicht verschenken sollte. Schon in Betrieben ab fünf Mitarbeitern ist die Wahl möglich“, betont Grundl. Die Betriebsratswahlen beginnen im März 2022. Getreu dem Motto „Haste keinen, wähl Dir einen!“ können Belegschaften, die keinen Betriebsrat haben, jederzeit die Wahl einleiten.
Dabei gelten neue Regeln: Das in diesem Jahr eingeführte Betriebsrätemodernisierungsgesetz stärkt die Position der Beschäftigten. „Wer eine Betriebsratswahl vorbereitet, ist nun noch besser geschützt. Außerdem erhalten Betriebsräte bei Themen wie dem mobilen Arbeiten, der betrieblichen Weiterbildung und Künstlicher Intelligenz mehr Mitsprache“, erklärt Grundl. Von der automatisierten Warenbestellung in der Backwarenfabrik bis hin zur Software-Schulung von Hotelangestellten – bei vielen Umstellungen am Arbeitsplatz könnten die Interessenvertreter jetzt mehr mitreden, so die NGG.
Dabei nutze die Mitbestimmung auch den Unternehmen: Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung sind Firmen mit Betriebsrat durchschnittlich 18 Prozent produktiver als Unternehmen, bei denen es diese Mitbestimmung am Arbeitsplatz nicht gibt. Der Grund: Arbeitnehmervertretungen erkennen Probleme im Arbeitsalltag schneller und sorgen für einen besseren Austausch zwischen Belegschaft und Management. „Sich für die Belegschaft zu engagieren, sich um Probleme zu kümmern und bei Konflikten im Kollegium oder beim Streit mit dem Chef zu vermitteln, das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Es ist ein Einsatz für mehr Zusammenhalt im Unternehmen, der nicht zuletzt auch noch Spaß macht“, so Gewerkschafter Grundl.
„In puncto Mitbestimmung muss mehr getan werden. Die Politik hat zwar einige Hürden für die Betriebsratswahl abgebaut. Aber es kommt auch auf die Beschäftigten an, ihr gutes Recht wahrzunehmen“, betont Grundl.
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