Bamberger „Zentralstelle Cybercrime“: Festnahme eines mutmaßlichen Computerbetrügers in Süditalien
Gemeinsame Pressemitteilung der Zentralstelle Cybercrime Bayern und des Polizeipräsidiums Niederbayern
Seit Anfang 2021 ermitteln Zentralstelle Cybercrime Bayern und Kriminalpolizeiinspektion Passau wegen Computerbetrugs mit einem Gesamtschaden von über 400.000 Euro. Im Oktober konnte mit Hilfe der italienischen Behörden ein Beschuldigter in Süditalien festgenommen werden.
Eine täuschend echte Phishing-Mail, eine gefälschte Webseite, die kaum vom Original zu unterscheiden war und eine übermittelte Transaktionsnummer: So erging es im Frühjahr 2021 einem Unternehmer aus dem Raum Passau. Der zunächst unbekannte Täter hinter der Betrugsmasche erhielt so Zugriff auf das Online-Banking seines Opfers, veranlasste eine Vielzahl von Transaktionen auf verschiedene Konten und konnte so einen sechsstelligen Betrag erbeuten. Die Kriminalpolizeiinspektion Passau hat daraufhin unter Sachleitung der Zentralstelle Cybercrime Bayern umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet.
Zusammenarbeit verschiedener Behörden führt zum Tatverdächtigen
Mit der Unterstützung des betroffenen Geldinstituts konnten einige Empfängerkonten der widerrechtlichen Transaktionen ermittelt werden. Daraus ergaben sich 15 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen deutsche Kontoinhaber. Außerdem wurden einige Transaktionen über Anbieter von Kryptowährungen im Ausland abgewickelt. Umfangreiche Ermittlungen bei diesen Dienstleistern ließen Rückschlüsse auf den Kontoersteller zu – einen in Deutschland geborenen 26-jährigen Mann mit italienischen Wurzeln. In enger Zusammenarbeit mit den italienischen Sicherheitsbehörden konnte letztlich auch der Wohnort des Verdächtigen ermittelt werden.
Die Zentralstelle Cybercrime Bayern hat daraufhin im August die zuständigen Behörden in Süditalien über eine Europäische Ermittlungsanordnung und einen Europäischen Haftbefehl gebeten, den Beschuldigten festzunehmen und seine Wohnung zu durchsuchen. Darin flossen auch Taten aus Coburg und Erding ein, wegen derer auch die dortigen Kriminalpolizeiinspektionen ermitteln. Anfang Oktober ging es dann schnell: Die Kriminalpolizei in Brindisi hat sich in Passau gemeldet und mitgeteilt, dass möglichst zeitnah eine Durchsuchungs- und Festnahmeaktion durchgeführt werden solle. Am 11. Oktober flog der Sachbearbeiter der Passauer Kripo gemeinsam mit einem italienischsprachigen Kollegen der Polizeiinspektion Eggenfelden und einem weiteren Beamten der KPI Passau nach Bari in Süditalien.
Das Ergebnis der Durchsuchung: Festnahme und eine Vielzahl an Sicherstellungen
Am 12. Oktober erfolgte die Durchsuchung: Der 26-Jährige konnte in dem zu durchsuchenden Haus angetroffen und vorläufig festgenommen werden. Im Rahmen der Maßnahme konnten zunächst „nur“ 24 Smartphones sichergestellt werden. Gefälschte Dokumente habe der Verdächtige angeblich bereits verbrannt. Ein italienischer Beamter entdeckte dann jedoch eine lockere Bodenfliese im Schlafzimmer. Unter dieser Fliese verbarg sich ein ausgegrabenes Bodenloch mit umfangreichem Beweismaterial:
- Geräte zum Drucken und Einschweißen von Scheckkarten-Ausweisen
- Mehrere Klebehologramme
- Mehr als 50 gefälschte und vollständig gefertigte Ausweisdokumente
- Mehr als 100 einseitig gefälschte Ausweisdokumente
- Rund 30 gefälschte Führerscheine
- Fast 300 Blanko-Ausweis-Scheckkarten
- Zahlreiche Prepaid-Karten, Bitcoin-Wallets und Smartphones.
Bislang konnten ca. 50.000 Euro auf Bitcoin-Wallets sichergestellt und auf polizeiliche Hardware-Wallets transferiert werden. Eine Auswertung der sichergestellten IT-Geräte und der 24 Smartphones könnte weitere Wallets zu Tage bringen. Die Auswertung dauert gegenwärtig noch an.
Der 26-Jährige befindet sich jetzt für die italienischen Behörden in Haft. Nach Abschluss des dortigen Strafverfahrens wird über die von der Zentralstelle Cybercrime Bayern beantragte Auslieferung nach Deutschland entschieden werden. Hier wird sich der dringend verdächtige Beschuldigte u. a. wegen dreier Fälle des gewerbsmäßigen Computerbetrugs strafrechtlich verantworten müssen.
Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Diese Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der Landes- und Bundespolizei, des Bundeskriminalamts, des Zollfahndungsdienstes und mit internationalen Partnern, z.B. bei Angriffen auf bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der organisierten Cyberkriminalität.
Auch dann, wenn bei Verfahren der Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig. Sie reichen von Hackerangriffen über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog. Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und Falschgeld im Darknet. Zudem ist die Zentralstelle Cybercrime Bayern für herausgehobene Fälle der Wirtschaftscyberkriminalität zuständig.
Seit dem 1. Oktober 2020 besteht bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern zudem das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet. Diese Spezialeinheit konzentriert sich insbesondere auf Betreiber und Nutzer von Darknet-Foren, die kinderpornografisches Material herstellen, posten oder damit handeln.
Derzeit sind 18 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und vier IT-Forensikerinnen und IT-Forensiker bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätig.
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