Sonntagsgedanken: Weniger ist manchmal mehr!

Symbolbild Religion

Liebe Freunde,
das kennen wir doch: Wie schnell ist eine Suppe versalzen oder überwürzt, weil man zu viel von dem Guten verwendet hat.

– Weniger wäre da eben mehr. –

Wir kennen es aber auch von unseren Buffets in Kantinen oder Restaurants her: So viel wird da auf den Teller geladen, und wie oft wird es nicht aufgegessen. Dann aber ist das Zuviel unbrauchbar geworden – „weniger ist eben manchmal mehr“. Und es gäbe bestimmt noch viele Bereiche, wo man dieses Logo anwenden sollte und könnte.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum ich Ihnen das erzähle.

Nun, ich bin überzeugt, dass das auch für unseren Glauben gilt, dass auch hier manchmal weniger einfach mehr wäre.

Jesus selber sagt einmal, dass eine arme Witwe, die nur ein paar Pfennige in den Opferkasten geworfen hat, mehr gegeben hat als alle anderen, weil sie wirklich alles gab, andere nur einen Teil.

Und wie viel geben wir? Sind unsere Gottesdienste für viele nicht längst zu einer Pflichtveranstaltung geworden, die einfach absolviert werden muss? Verhält es sich mit unseren Gebeten nicht ähnlich, so nach dem Motto: Je mehr, desto besser? Aber genau da denke ich mir: weniger ist mehr. Wie viele beurteilen andere nur nach ihrem Gottesdienstbesuch?

Ich bin überzeugt, dass wir noch so viele Gottesdienste besuchen können, dass wir noch so viele Gebete verrichten können. Solange das für mich ein Pflichtprogramm ist, solange also mein Herz nicht dabei ist, ist es für mich sinnlos. Denn es gibt so viele, die unsere Gottesdienste besuchen, aber kaum sind sie draußen aus dem Gotteshaus, sehen sie auf einmal anders aus, weil sie dann nämlich nicht mehr beten, sondern ihre Nachbarn treten. Deswegen bin ich überzeugt, dass manchmal weniger einfach mehr ist.

Als ich letzte Woche beim Einkaufen gewesen bin, durfte ich echtes Christsein, angewandtes Christsein erleben: Ein junger Mann musste sich mal schnell eine Gesichtsmaske kaufen, und eine Frau hat ihn an der Kasse vorgelassen. Hier musste er aber feststellen, dass er seinen Geldbeutel vergessen hatte. Ohne lange zu überlegen, noch bevor ich reagieren konnte, zahlte die Frau die Maske des jungen Mannes.

Das ist für mich gelebtes Christentum.

Aber oft erfahren wir nur das Gegenteil: Menschen, auch wenn sie noch so viele Gottesdienste besuchen, lassen andere einfach im Stich. Das habe ich bei mir selber erfahren und das kennen Sie bestimmt auch.

Genau da denke ich mir: weniger, weniger – denn das ist mehr. Lieber besuche ich einen Gottesdienst, bin mit ganzem Herzen dabei, und versuche ihn im Leben umzusetzen als zwei oder drei ohne innere Beteiligung, weil es eben dazu gehört. Das mag vielleicht jetzt hart klingen, aber dann – wenn ich im Gottesdienst ganz dabei bin – dann ist mein Leben selbst ein Gottesdienst.

Ich wünsche mir so sehr eine Kirche und dazugehörige Gemeinden, in denen Menschen nicht nur die Gottesdienste besuchen, sondern versuchen, dass ihr Leben selber „ein Gottesdienst ist“, indem sie füreinander da sind.

Ja, manchmal ist weniger eben nicht weniger, sondern mehr.

Ob dieser Traum Wirklichkeit wird? Das liegt an den einzelnen Menschen.

Ihnen wünsche ich viele gute Begegnungen mit Menschen, die Sie nicht im Stich lassen, sondern die durch ihr eigens Leben Sie spüren lassen: Gott ist mitten unter uns. Ich wünsche Ihnen Begegnungen mit Menschen, deren Leben Dienst am Menschen und damit an Gott, Gottesdienst, ist.

Klaus Weigand


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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand

  • Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
  • Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
  • Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
  • Priesterweihe 1998
  • Tätigkeiten:
  • Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
  • Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
  • seit 2015 in Heroldsbach und Hausen