AELF Bamberg informiert: Totholz, Pilze und die Artenvielfalt im Wald
Herbst im Wald
Es ist Herbst geworden! Auch in unseren fränkischen Wäldern ist das deutlich zu spüren. Die Bäume fangen an sich zu verfärben und verlieren Tag für Tag mehr Laub. Für manch einen ist das jetzt die schönste Jahreszeit – noch gibt es warme, sonnige Tage und manche Wälder scheinen golden zu glühen.
Während Bäume und Bodenpflanzen langsam ihren Betrieb einstellen und sich auf den Winter vorbereiten, ist nun die Zeit für eine der faszinierendsten Organismengruppen angebrochen. Pilze sind zum Leben erwacht! Tausendfach recken sie ihre Hüte aus dem Waldboden und setzen bunte Farbtupfer in Moos und Gras. Allerdings nur, wenn ausreichend Regen gefallen ist und die oberen Bodenschichten gut durchfeuchtet sind: dort nämlich wächst der eigentliche Pilz, ein unterirdisches, für uns Menschen unsichtbares Geflecht aus Millionen von hauchdünnen Fäden, die der Fachmann Hyphen bzw. in seiner Gesamtheit Mycel nennt. Die sichtbaren Pilze sind tatsächlich nur Fruchtkörper, vergleichbar Äpfeln, die ein Apfelbaum in seiner Krone trägt.
Pilzsammler durchstreifen jetzt den Wald auf der Suche nach kulinarischen Köstlichkeiten wie Steinpilzen, Pfifferlingen oder Rotkappen. Schon Ende Juli lohnt die Suche. Die Hauptsaison ist jedoch v.a. im September und Oktober, auch wenn die heurige Ausbeute bisher eher mager war. Aber noch bis in den Dezember hinein reicht das Angebot, etwa in Form von Austernseitlingen, Samtfußrüblingen und Frostschnecklingen.
Vielen ist sicher schon einmal aufgefallen, dass Pilze oft unter bestimmten Bäumen wachsen: manche Arten gedeihen nur neben Buchen, andere neben Eichen, Birken oder Kiefern. Ein Goldröhrling beispielsweise wächst immer nur dort, wo eine Lärche in der Nachbarschaft steht. Andere Bäume meidet er.
Besteht ein Wald nur aus einer einzigen Baumart, dann ist auch die Vielfalt an Pilzen gering. Wälder, die aus fünf, zehn oder gar noch mehr Baumarten zusammengesetzt sind, beherbergen indes eine enorme Fülle unterschiedlichster Pilze. Dieses Prinzip gilt im Übrigen genauso für andere Artengruppen wie Moose, Blütenpflanzen, Käfer oder Schmetterlinge. Je mehr Baumarten, umso reicher die übrige Lebewelt. Jeder, der einen Wald bewirtschaftet, kann somit durch gezielte Förderung und Bewahrung verschiedener Mischbaumarten einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt – Biodiversität, wie man heutzutage sagt – leisten. Vor allem Eichen, Birken, Weiden, Zitterpappeln und Kirschen beflügeln die heimische Vielfalt.
Neben einem bunten Strauß an Baumarten spielt eine weitere Struktur im Wald eine herausragende Rolle: Totholz! Also einst lebende Bäume oder Teile davon, die abgestorben sind und im Wald verbleiben. Totholz ist, anders als der Name vermuten lässt, voller Leben und Grundlage für Tausende Organismen, darunter holzbewohnende Käfer, Holzwespen und Wildbienen. Allein von den heimischen 5.000 Pilzarten ist nicht weniger als die Hälfte an Totholz gebunden.
Gerade die holzbesiedelnden Pilze entfalten eine wahre Pracht an Formen und Farben. Mal knallbunt oder honiggelb mit Schuppen, mal riesige wellige Hüte ausbildend oder glasig-blutrote Tropfen absondernd – die Natur hat hier wahre Meisterwerke geschaffen. Wer mit offenen Augen durch die Wälder geht, wird nicht lange suchen müssen, diese Schätze zu entdecken.
Totholz ist für den Naturschutz und die Artenvielfalt eine unentbehrliche Struktur, dessen Wert mittlerweile viele Waldbesitzer erkannt haben. Doch Totholz ist nicht gleich Totholz! Erst ein buntes Nebeneinander von stehendem und liegendem, trockenem und feuchtem, frischem und stark vermodertem, dickem und dünnem Totholz treibt die Artenzahl nach oben! Und Totholz von verschiedenen Baumarten ist besonders förderlich.
Doch Vorsicht! Handelt es sich um totes oder absterbendes Fichtenholz, das vom Borkenkäfer befallen ist, dann muss dieses rasch aufgearbeitet und aus dem Wald gebracht werden. Andernfalls greift der aggressive Schädling auch gesunde, angrenzende Wälder an und bringt diesen rasch den Tod.
Um den Wert des Totholzes für die Artenvielfalt weiß man schon lange. Sein Erhalt sollte jedem, der im und mit dem Wald arbeitet, ein Anliegen sein. Und besonders erfreulich: der Staat lässt es sich etwas kosten, Totholz zu erhalten. Waldbesitzern wird auf Antrag eine Prämie für die Bewahrung dieser wertvollen Strukturen gewährt. Hierfür gibt es ein eigenes Förderprogramm (s. nachstehender Infoblock).
Wald ist eben nicht nur ein Ort, an dem Holz produziert wird. Wald ist auch Lebensstätte unzähliger wildlebender Tiere, Pflanzen und Pilze – letztere optimal zu erleben im Herbst, bevor die Natur sich in den Winterschlaf begibt.
Informationen zum Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald)
Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) honoriert mit Zuwendungen freiwillige Leistungen, welche private oder körperschaftliche Waldbesitzer (inkl. Rechtler) sowie Träger überbetrieblich durchgeführter Maßnahmen für den Natur- und Artenschutz in ihren Wäldern erbringen. Das VNP Wald ist im Privatwald und im Körperschaftswald ein wichtiger Baustein für die Umsetzung naturschutzfachlicher Ziele. Interessierte Waldbesitzer können sich an die Bayerische Forstverwaltung wenden. Zuständige Stelle im Raum Bamberg und Forchheim ist das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg mit seiner forstlichen Außenstelle in Scheßlitz (Neumarkt 20, 96110 Scheßlitz; Tel.: 0951 8687 2000). Die jeweils zuständigen Forstrevierbeamten können auch bequem mit dem Bayerischen Försterfinder ausfindig gemacht werden (https://www.stmelf.bayern.de/wald/waldbesitzer_portal/025776/index.php).
Neben dem Erhalt von Totholz (bis zu 175 € je Baum als Einmalzahlung, wenn der Baum 12 Jahre stehen bleibt) können u.a. auch Biotopbäume und Altholzinseln sowie ein Nutzungsverzicht oder die Schaffung lichter Waldstrukturen gefördert werden. Die Beratung ist kostenlos.
Klaus Stangl
AELF Bamberg, Bayerische Forstverwaltung
Fachstelle für Waldnaturschutz Oberfranken
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