Erneuter Dissertationspreis für Bayreuther Sozialanthropologin: Studie zur Schulpflicht in Äthiopien
Die Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA) hat der Bayreuther Sozialanthropologin Sabrina Maurus ihren Dissertationspreis verliehen. Der Preis wird alle zwei Jahre für die beste an einer deutschsprachigen Universität eingereichte Dissertation in soziokultureller Anthropologie vergeben. Es ist bereits die dritte Auszeichnung für die Forschungsarbeiten von Sabrina Maurus, die sich mit der Schulpflicht in Äthiopien und deren sozialen Folgen auseinandersetzen.
Die Preisverleihung fand als virtuelle Veranstaltung im Rahmen der Mitgliederversammlung der DGSKA statt. „Obwohl es natürlich schön gewesen wäre, bei der Preisverleihung persönlich anwesend zu sein, hat es mir gerade die digitale Form der Veranstaltung ermöglicht, von Benin aus teilzunehmen, wo ich derzeit zu Forschungszwecken bin“, sagt Sabrina Maurus, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Africa Multiple Cluster of Excellence an der Universität Bayreuth. Ihre Doktorarbeit war eine von insgesamt 49 eingereichten Dissertationen und wurde von Prof. Dr. Erdmute Alber nominiert, die Maurus‘ Arbeit an der BIGSAS (Bayreuth International Graduate School of African Studies der Universität Bayreuth) betreut hatte.
Die Bayreuther Sozialanthropologin wurde jetzt bereits zum dritten Mal für ihre Dissertation ausgezeichnet: 2021 erhielt sie von der KfW Entwicklungsbank den Förderpreis für herausragende und praxisrelevante Entwicklungsforschung, 2020 den Preis der Stadt Bayreuth für exzellente Dissertationen. Prof. Dr. Erdmute Alber, Vize-Dekanin des Exzellenzclusters für den Bereich Forschung, erklärt: „Diese drei Preise zeigen eindeutig die Exzellenz von Maurus‘ Doktorarbeit. Der Dissertationspreis der DGSKA freut uns besonders, da es sich dabei um die höchste Auszeichnung einer Doktorarbeit in der deutschsprachigen Welt zur sozialkulturellen Anthropologie handelt.“
Maurus‘ Doktorarbeit mit dem Titel „Battles over State Making on a Frontier. Dilemmas of Schooling, Young People and Agro-Pastoralism in Hamar, South West Ethiopia“ basiert auf langen Feldstudien in Äthiopien. 19 Monate lang forschte Sabrina Maurus in der südlichen Oma-Region, wo bis 2010 hauptsächlich Landwirtschaft und Viehzucht die Lebensgrundlage der verschiedenen ethnischen Gruppen darstellte. Das änderte sich schlagartig, als die äthiopische Zentralregierung begann, die Infrastruktur nach Süd-Omo auszudehnen und die Schulpflicht in der Region durchzusetzen. Ein gewaltsamer Konflikt zwischen Repräsentanten der äthiopischen Regierung und der Bevölkerung im Bezirk Hamar war die Folge. In ihrer Studie beleuchtet die Bayreuther Sozialanthropologin diesen Konflikt aus der Perspektive von Schüler*innen der ersten Generation, die Gewalt von beiden Seiten erfahren mussten. Die Arbeit zeigt, wie dieser Streit, in dem es ursprünglich um die junge Generation und ihre Schulbildung geht, eigentlich Teil eines größeren Konflikts ist. Im Kern geht es um die Frage, wer das Recht hat, über die Ausbildung der jungen Generation zu entscheiden: der Staat, die Eltern oder die Kinder selbst. Die oft gegensätzlichen Auswirkungen der Durchsetzung der Schulpflicht betreffen nicht allein die Kinder, sondern die Gesellschaft insgesamt.
„Regierungen und internationale Organisationen, die sich mit Entwicklungsfragen beschäftigen, gehen davon aus, dass die Schulpflicht ein wichtiger Impuls für das wirtschaftliche Wachstum eines Landes ist. Allerdings zeigen Beispiele von agropastoralen Gesellschaften, wie komplex die Frage nach einer guten und nachhaltigen Bildung ist, wenn sie gleichzeitig die wirtschaftlichen Praktiken der ansässigen Menschen berücksichtigt. Darüber hinaus sehen wir eine wachsende Anzahl von Jugendlichen, die trotz Schulbildung arbeitslos sind. Das macht es umso wichtiger, den realen und manchmal widersprüchlichen Ist-Zustand einer Region zum Gegenstand der Planung von Bildungsprogrammen zu machen“, erklärt die Bayreuther Preisträgerin. Im Exzellenzcluster der Bayreuther Afrikastudien arbeitet sie derzeit an dem Projekt „Making a Living: Learning trajectories towards the ability to earn a livelihood“ in Benin. Hier forscht sie zum Thema Bildung, aber nicht isoliert, sondern immer in Verbindung zu Politik, Verwandtschaftsverhältnissen und wirtschaftlichen Lebensgrundlagen.
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