Sonntagsgedanken: Kinder

Symbolbild Religion

Da brachte man Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Die Jünger aber wiesen die Leute zurecht. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie. (Mk, 13-16)

Herr Öffentlich wollte Bürgermeister werden. Er verhieß seinen Zuhörern das Blaue vom Himmel. Allen sei alles erreichbar: ein Auto, eine eigene Wohnung, ein Ferienhaus in den Bergen oder am See, einfach alles, was man gerade wolle.

Da trat Bruder Tau vor das Mikrophon. Sein Blick ließ den Applaus ersterben, den Herr Öffentlich mit seiner Rede hinterlassen hatte. Er fesselte vom ersten Augenblick an die Menge. Er sprach wie einer, in dem alle Erfahrungen der Menschen lebendig waren: Andere Maßstäbe müssten her, wenn der Mensch glücklich werden wolle. Nicht mehr, sondern weniger brauche der. Nicht die Dinge gehörten in die Mitte, sondern die Person, nicht der Besitz, sondern das Leben, nicht das Raffen, sondern das Geben, nicht Herr Öffentlich, sondern das Kind: das Kind, das sich im Sein entfalte, nicht im Haben, das Kind, das geliebt werden und lieben wolle. Das Kind in jedem Menschen müsse zum Zuge kommen und Bürgermeister werden.

So kam es. Je mehr die Stadt sich am Kinde orientierte, umso mehr dienten alle dem Leben und dem Glück.

Liebe Freunde!

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel …

Das mag vielleicht eine ungewöhnliche Geschichte sein, so ungewöhnlich wie die Tatsache, dass Jesus seine Zuhörer aufforderte, wie die Kinder zu werden, denn Menschen wie ihnen gehöre das Reich Gottes.

„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …“

Liebe Freunde, können Sie sich, könnt ihr euch vorstellen, was er damit meint? Ob wir uns vielleicht wieder in den Sandkasten setzen wie in unserer Kinderzeit und zusammen spielen sollen? Nein, darum geht es ihm ganz bestimmt nicht.

Schauen Sie doch einmal in die strahlenden Augen eines Kindes, und Sie verstehen, was er meint.

Es gibt in unserem Leben doch so viele Dinge, die wir als Erwachsene einfach übersehen, aber Kinder nehmen sie wahr. Genau diesen Blick brauchen wir – den Blick, der nicht auf Macht, Ansehen, Karriere und Geld aus ist, sondern der wieder die kleinen und unscheinbaren Dinge auf unserem Weg wahrnimmt, die zwar klein, aber doch so wichtig sind.

Es geht Jesus darum, dass ich auch meine Schwächen zugeben und um Hilfe bitten kann wie ein Kind, weil ich im Leben nicht alles allein machen kann und muss.

Es geht Jesus um das Vertrauen, das Kinder noch haben und das wir längst verloren haben. Freilich sind wir schon oft von Menschen enttäuscht worden – auch ich, und das tut mir immer noch so weh. Aber Jesus möchte, dass wir Gott vertrauen wie ein Kind seinen Eltern.

Liebe Freunde, jetzt frage ich Sie: „Wenn wir wieder einen Blick für die wichtigen Dinge haben, für die kleinen, oft unscheinbaren Dinge, können wir nicht genau dadurch wieder ein wenig Hoffnung bekommen, etwa in einem wunderschönen Sonnenaufgang oder -untergang, in den Blumen und den bunten Blättern im Herbst? All das ist doch schöner und wichtiger, als Geld, Macht und Karriere, und genau das will uns Gott mit auf den Weg geben.

Wenn ich ihm vertrauen und so zu meinen Schwächen stehen kann, weil er genau diese an mir liebt, kann ich dadurch nicht neuen Lebensmut bekommen? Und wenn ich meinen Blick wieder auf die kleinen, wichtigen Dinge lenke, dann kann ich doch auch wieder entdecken, was andere mir Gutes tun. Könnte ich mich vielleicht sogar trauen, es ihnen zu sagen: ein offenes und ehrliches Dankeschön? Denn dann fangen bestimmt auch deren Augen an zu strahlen. Das wäre schon der Anfang des Reiches Gottes.

Darum geht es Ihm, und darum geht es in der Kurzgeschichte.

Deshalb wünsche ich Ihnen das Vertrauen unserer Kinder und ihre Augen, damit wir wieder das sehen, was wichtig ist. Ja, es sind oftmals die kleinen Dinge.
Ich wünsche Ihnen die strahlenden Augen unserer Kinder. Oder anders ausgedrückt: Ich wünsche uns allen, dass wir wieder Mensch werden.

Klaus Weigand


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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand

  • Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
  • Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
  • Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
  • Priesterweihe 1998
  • Tätigkeiten:
  • Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
  • Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
  • seit 2015 in Heroldbach und Hausen