Kulmbach: Festgottesdienst in der Mangersreuther Kirche am 26.09.2021 – Predigt der Regionalbischöfin Dr. Greiner

Symbolbild Religion

Liebe Festgottesdienstgemeinde!

Seit 300 Jahren steht hier in Mangersreuth diese Kirche. Ich freue mich, heute diese große runde Kirchweih mit Ihnen zu feiern.

Die Bibelworte des heutigen Sonntags passen. Sie zielen auf das, wozu Gotteshäuser da sind: Glauben pflegen und stärken. Schon im Evangelium, das wir gerade gehört haben, ruft Jesus bestärkend: „Frau, Dein Glaube ist groß!“

Auch im für den heutigen Sonntag vorgesehenen Predigttext, geht es um unseren Glauben. Ich lese aus dem Römerbrief, Kapitel 10, die Verse 9ff:

… wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig. Denn die Schrift spricht: „Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“. Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn „wer den Namen des Herrn anruft, wird selig werden“.

Zu diesem Bibelwort will ich mit Ihnen drei Schritte gehen.

Der erste führt uns zunächst in eine andere Kirche – aber nur um dann die Besonderheit dieser Kirche hervorzuheben.

Unser erstes Urlaubsziel war dieses Jahr Hrastovlje in Slowenien. Dort steht in einem idyllischen Tal eine alte Wehrkirche. Sie ist über und über ausgestaltet mit alten Fresken. Besonders der gemalte Totentanz zieht in den Bann. Er ist auf der ganzen rechten Kirchenseite auf Augenhöhe zu sehen:

Da führt der Tod eine Polonaise an. Alle Figuren fassen sich an den Händen, aber jede zweite Gestalt ist ein Skelett. Das eine Skelett hat einen Bauern an der Hand, das andere eine feine Dame. Alle werden zum Tanz geführt, auch der König, auch der Papst auch ein Greis, auch ein Kind. Die Botschaft ist klar: Keiner kommt dem Tod aus – früher oder später.

Jahre zuvor war ich schon einmal in Hrastovlje und hatte mir diesen Totentanz angeschaut. Damals ging ich versunken in Gedanken zum Auto. Kurz vor dem Einsteigen rief ich meinem Mann zu: Ich muss nochmals in die Kirche. Und lief zurück. Und tatsächlich: In der Freskenreihe direkt oberhalb des Totentanzes war in Gegenrichtung der rettende Reigen dargestellt. Christus zieht die Menschen, die sich alle an den Händen fassten aus dem Grab. Er führte eine andere, eine zutiefst fröhliche Polonaise an. Er führt alle ins Leben. Freude strahlt aus allen Gesichtern.

Dieser erste Besuch in Hrastovlje ist mir darum so eindrücklich, weil ich diesen Rettungsreigen durch Christus völlig übersehen hatte. Der Totentanz auf Augenhöhe war so faszinierend, dass alles andere zurücktrat. Und in den touristischen Fremdenführern wird auch nur von diesem berühmten Totentanz berichtet – nicht vom Lebenstanz.

So ist es auch sonst in unserem Leben und in den Nachrichten: Der Totentanz, der sich um uns herum in dieser Welt ereignet, nimmt in den Bann. Wer erzählt bei all dem Totentanz vom Tanz ins Leben durch den Auferstandenen?

Ihre Kirche tut es. Dafür sind die Markgrafenkirchen bekannt, dass sie den auferstandenen Heiland mit dem Siegesfähnchen in den Blick rücken und Ihre Kirche tut dies besonders kraftvoll. Wenn man hereinkommt, schaut man unwillkürlich auf ihn. Und das ist so aufbauend, denn den Totentanz haben wir ja um uns herum:

Die Pandemie hat uns seit März letzten Jahres in den Blick gerückt, wie schnell wir dran sein können.

Vom 14-jährigen Jugendlichen in Würzburg bis zur 100-jährigen im Seniorenstift wanderten allzu viele ins Grab.

Dann die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, der Wirbelsturm in Haiti oder auch die Eroberung Afghanistans durch die Taliban, die noch vielen Christen dort das Leben kosten wird – oder auch ein Tod von Verwandten, Freunden oder Nachbarn. Der Totentanz ist auf Augenhöhe und hat manchmal solch eine schreckliche Bindekraft, dass wir gar nicht auf die Idee kommen an den zu denken, der Leben schenkt. Wie gut, Ihr Mangersreuther, dass er in Eurer Kirche unübersehbar ist.

Diese Darstellung von Elias Ränz ist die künstlerisch wertvollste Ausstattung der Kirche und es ist die zentralste. Euer auferstandener Heiland sagt Euch: Das Grab ist nicht die letzte Station. Christus wird Euch im Tod an der Hand nehmen und ins Leben führen zu sich in sein Licht.

Darum, liebe Dorfjugend, finde ich es so gut, dass Ihr den Kirchweihtanz pflegt. Weiter so! Eure Kirche verkündigt die Auferstehung, die Grund zur Freude, zum Tanzen ist, mitten im Leben. Wir Christen werden ins Leben gehen an der Hand Christi.

Ich danke dem Kirchenvorstand und den Pfarrersleuten, Frau Weber und Herrn Rix, sehr herzlich, dass diese Kirche auch werktags offen steht. So kann diese Kirche auch bei einem kurzen Besuch wochentags sprechen und die stärkende, tröstende andere Wirklichkeit in den Blick rücken, die uns Paulus in unserem Bibelwort zuruft:

Wenn du glaubst in deinem Herzen, dass (Jesus) Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.

 

Zweiter Gedanke zu unserem Bibelwort: „wer den Namen des Herrn anruft, wird selig werden“.

 

Den Namen des Herrn finden Sie alle über sich in dieser Kirche. Über uns strahlt der Gottesname. Jahwe steht da in hebräischen Buchstaben. Hebräisch ist eine bedeutungsoffene Sprache. Übersetzt heißt Jahwe: Ich bin, der ich bin. Oder: ich werde sein, der ich sein werde. Oder: Ich bin da.

Ja, Gott ist da, in Gegenwart und Zukunft.

Gott ist auch jetzt hier. Welches Anliegen tragen Sie in sich? Sagen Sie es Gott. Er wird helfen. Welchen Weg er dabei geht, müssen wir ihm überlassen.

Dass Ihr Mangersreuther hier in der Kirche an dem schmiedeeisernen Gebetsbaum die Möglichkeit habt, zum Gebet eine Kerze anzuzünden als Bekräftigung des Gebets und der Hoffnung auf Gott, das ist nur gut. Gott wird auch in Zukunft da sein, wenn Ihr betet. Das sagt sein Name, der über Euch leuchtet.

Und drittens verheißt das Bibelwort: wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig – wir können auch sagen: glücklich – schon hier und im ewigen Leben.

Mancher mag sich vielleicht fragen: Reicht es, wie ich mich zu Jesus als dem Herr bekenne? Reicht das, was ich so an Glauben in mir habe um gerettet zu sein und selig zu werden?

Die Bibelworte des heutigen Sonntags wollen aber gerade nicht verunsichern, auf den Zahn fühlen und das Loch im Zahn finden, sondern die Brücke bauen zu uns unperfekten Menschen.

Die Syrophynizische Frau war eine von den Juden verachtete Heidin. Sie hatte den falschen Glauben. Aber in ihrer Not bittet sie Jesus um Hilfe. Das ist das Entscheidende: dass sie ihre Hoffnung auf Jesus setzt.

Und Paulus zählt in unserem Predigtwort keine frommen Leistungen auf.

Paulus will ja gerade vom Gedanken der frommen Leistung wegführen zur Mitte des Glaubens. Und die ist:

hörbar bekennen, dass Jesus der Herr ist und im Herzen an den Auferstandenen glauben.

Hörbar habt Ihr Euch gerade vorhin zu Jesus als Herrn bekannt. Gemeinsam haben wir im Wechsel gerufen: Kyrie eleison, Herr erbarme Dich, Christe eleison, Christe erbarme Dich. Und ihr habt Euch zur Auferstehung Jesu bekannt im Glaubensbekenntnis, das wir gesungen haben: Ich glaube an Gott den Vater und an Jesus Christus … auferstanden von den Toten“.

Doch: Waren wir da auch mit dem Herzen dabei? Paulus sagt ja: wer mit dem Herzen glaubt wird gerecht.

Nicht immer sind wir bei allem was wir singen, beten und bekennen mit dem Herzen dabei. Das ist aber normal, das gibt keinen Minuspunkt bei Gott. Wenn wir heute nicht mit dem Herzen dabei waren als wir gesungen haben: Herr erbarme Dich, so ist doch die Grundhaltung wichtig, dass wir ersehnen, dass Christus sich unser erbarmt, eben unser mit unserem unperfekten Glauben.

Unsere Jubilarin ist übrigens auch nicht perfekt. Drei Beispiele:

12 ist die Zahl der Vollkommenheit. Aber um den Gottesnamen Jahwe fliegen 13 Engel. Auch der 13. ist bei Gott willkommen.

Und: Den Einheimischen fällt vielleicht schon gar nicht mehr auf, dass die Kirche unsymmetrisch ist. Das lag einfach daran, dass es bei der Erweiterung im Jahr 1491 statisch viel einfacher war, hangaufwärts zu erweitern als hangabwärts. Trotzdem lenkt diese unsymmetrische – in gewisser Weise also unperfekte Kirche – den Blick auf die Mitte unseres Glaubens, den Auferstandenen.

Diese Eigenheiten machen die Kirche doch besonders liebenswert. So wie auch Sie als Mensch mit Ihren Eigenheiten von Gott geliebt sind.

Darum als drittes Beispiel: Magister Goldner war der Motor zum Kirchbau. Ohne ihn wäre die Ruine vollends verfallen. Doch: Er war solch ein so kantiger, schwieriger Mann, dass er nach seiner Einweihungspredigt Predigtverbot erhielt. Nun, ich hoffe, dass mir das nach meiner Kirchweihpredigt erspart bleibt. Doch auch ihn hat Gott gebraucht. Diesen Gedanken nimmt auch Bernd Winkler in seiner neuen Chronik auf, auf die Sie sich freuen können.

Diese drei Beispiele von Unvollkommenheit können uns sagen, dass unser Gott uns trotzdem brauchen kann und will, uns mit unserem unperfekten Glauben. Frau, Dein Glaube ist groß. Mann, Dein Glaube ist groß. Geh den Weg des Vertrauens auf Jesus weiter.

Amen.