Was junge Bamberger:innen von einer neuen Regierung erwarten
Junge Menschen suchen Gemeinschaft, wollen mitgestalten, einfach dabei sein. Jugendverbandsarbeit ist das Übungsfeld, auf dem Jugendliche Demokratie und Mitbestimmung trainieren können. Und vor allem sind die beteiligten jungen Menschen bereit, sich über ihr Ehrenamt für das Gemeinwohl einzusetzen.
Eben diesen Einsatz für das Gemeinwohl erwarten Jugendverbandsvertreter auch von den Politikern, die sich – wie jetzt für den Bundestag – zur Wahl stellen und die Interessen der Bevölkerung vertreten wollen. Um die wichtigsten Kandidaten und Kandidatinnen im Wahlkreis kennenzulernen und ihnen die Erwartungen der jungen Generation vor Augen zu führen, veranstaltete der Stadtjugendring Bamberg gemeinsam mit seinen Mitgliedsverbänden am 15. September 2021 in der Startup Factory Bamberg seinen PoliTalk.
Insgesamt fanden sich dort 27 Vertreter:innen aus 15 Jugendverbänden ein, um mit den sechs Politiker:innen der CSU (MdB Thomas Silberhorn), SPD (MdB Andreas Schwarz), Grünen (MdB Lisa Badum), FDP (Sven Bachmann), FW (Jens Herzog) und der Linken (Jan Jägers) über die Themen Mitbestimmung, Wahlalterabsenkung, (außerschulische) Jugendbildung, Digitalisierung, Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit zu diskutieren. Dass dabei nicht nur Ängste und Sorgen junger Menschen zur Sprache kamen, sondern vor allem die Erwartungen an die Politik, die Zukunft aus dem Blickwinkel der Jugend zu gestalten und zu meistern, verlangte den (angehenden) Mandatsträgern einiges ab.
Nachdem die Politiker:innen in ihren Abschluss-Statements ihren Einsatzwillen für die Themenbereiche der Jugend signalisierten, gaben die Jugendvertreter:innen eine kurze Einschätzung darüber ab, inwieweit sie den Zusagen aus der Politik vertrauen.
So resümierte Tatjana, eine ehrenamtliche Vertreterin aus der Offenen Jugendarbeit: „Häufig wird in der Gesellschaft das ehrenamtliche Engagement belächelt und in keiner Weise anerkannt! Hier sollte die Politik gegensteuern. Oberflächlich gesehen fühle ich mich hier ernst genommen, ob die Umsetzung in die Praxis das allerdings untermauert, wird sich zeigen. Ich jedenfalls werde meinen Einsatz für andere unabhängig von den politischen Entwicklungen und Wahlergebnissen beibehalten!“
Edna Lappen (u.a. im Bamberger Klimaschutzbündnis) hatte sich mit einigen Wortbeiträgen und Fragen an die Politiker:innen gewandt: „Ich fühlte mich ernstgenommen. Es war sehr interessant, die Kandidatinnen und Kandidaten mit neuen Themen zu konfrontieren. Nicht immer war ich mit den Antworten u.a. zum Klimaschutz und den Klimazielen zufrieden. Aber es war auch spannend, einen Einblick in die persönlichen direkten Erfahrungen der Politiker:innen im Rahmen ihrer Arbeit zu erhalten.“
Volker Wolf, selbst mit Leidenschaft ehrenamtlicher Leiter bei den Pfadfindern (BdP), ergänzt: „Es muss viel mehr für die Jugend und für das Ehrenamt getan werden! Die Leistungen der Jugendverbandsarbeit werden nur in Teilen erkannt und geschätzt! Mit weitreichenden Floskeln ohne Maßnahmen kommen wir hier nicht weiter. Deshalb fand ich die direkten Beiträge von betroffenen jungen Menschen hier toll. Ich hoffe, die Politiker:innen nehmen diese ernst und erkennen die Notlagen!“
Stefan Lang, der stellvertretende Vorsitzende des Stadtjugendrings traut dies der Politik zu: „Ich war mit diesem PoliTalk vollkommen zufrieden, die Diskussionen und Beiträge waren herausragend, total klasse! Wir brauchen eine wesentlich bessere Förderung fürs Ehrenamt. Schließlich reißen wir uns Tag für Tag den Arsch auf, leisten mehr als genug Stunden ehrenamtlich und bekommen (fast) nichts dafür! Hier muss sich etwas ändern und ich glaube, die Politiker:innen haben das erkannt.“
Jugendsozialarbeiter Bernd Schmitt (AK Jugendarbeitslosigkeit) hatte mit seinen Forderungen einen Teilerfolg erzielt: „Die verantwortlichen Politiker haben mir versprochen, den Zeitraum der Projektförderung beim zuständigen Ministerium prüfen zu lassen und gegebenenfalls auszuweiten. Das würde Schüler:innen und den JaS´lern weiterhelfen!“
Max Mende von der Jugend des Bamberger Festivals e.V.: „Ich fand toll, dass hier junge Leute frisch von der Leber weg fleißig mit den Politiker:innen diskutiert haben. Diesen Austausch brauchen wir vermehrt, damit die Partei- und Regierungsvertreter:innen die Sorgen junger Menschen um ihre Zukunft verstehen.“
Moritz Meusel (Landesschülersprecher für Gymnasien) war nicht ganz so zufrieden: „Das Tempo der Digitalisierung an den Schulen muss zunehmen. Bildung muss allen zugänglich sein. Es darf nicht abhängig sein von der Finanzkraft einzelner Kommunen.“
Moderator Stefan Hofknecht (BDKJ) resümierte: „Die vielen Jugendverbände, die hier vertreten waren, haben der Politik nicht nur eine Vielfalt von Jugendarbeit vermittelt, sondern auch die größten Sorgen der Jugendlichen nahegebracht. Dass Klima und Umwelt für eine lebenswerte Zukunft geschützt werden müssen und dafür umgehend geeignete Maßnahmen ergriffen werden sollen, ist nicht erst heute klar geworden. Die Wahlalterabsenkung auf zumindest 16 Jahren wurde von allen hier befürwortet, obwohl es nicht immer der Linie ihrer Partei entsprach. Das macht Hoffnung und ich bin auch zuversichtlich, dass ehrenamtliche Jugendarbeit eine größere Wertschätzung erfahren wird! Auf neue Beschlüsse zu diesen Themen bin nicht nur ich gespannt.“
Guido Reuter von der Startup Factory lobte die Veranstaltung: „Kontrovers, informativ! So muss das sein. Wir unterstützen die (Kultur schaffende) Jugend gerne und stellten hier während der Coronazeit unser Equipment für viele Künstler kostenlos zur Verfügung.“
Jürgen Reinisch reagierte unsicher auf die Frage, wann wir denn mit PoliTalks wieder – wie in den vergangenen Jahren – im Jugendkultur Immerhin sein können: „Das hängt wohl in erster Linie von der Pandemie ab. Aber ich bin wie immer Optimist und behaupte einfach: Der nächste PoliTalk findet wieder im Jugendkulturtreff statt!“
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