Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg: Gerold Domhardt geht in den Ruhestand

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48 Jahre Leistung für Menschen in Not

Gerold Domhardt (65), Fachkraft für Alg Plus in der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, geht Ende September in den Ruhestand. Fast ein halbes Jahrhundert (48 Jahre), sein gesamtes Arbeitsleben war er für Menschen da, die in Not geraten waren. Für die Kollegen im Hause ist er eine feste Institution, die nicht wegzudenken ist.

Schulmüder Start – Sympathieentscheidung für die BA

Treuer Begleiter für ein ganzes Berufsleben - Gerold Domhardt mit seinem ersten AFG

Treuer Begleiter für ein ganzes Berufsleben – Gerold Domhardt mit seinem ersten AFG

Als Domhardt die 10. Klasse auf dem Gymnasium in Neustadt besuchte, wollte er lieber sein erstes Geld verdienen, als bis zum Abitur noch drei Jahre die Schulbank zu drücken. Zu jener Zeit machten nicht viele Abitur. Etliche Freunde standen bereits im Berufsleben.
Mittwoch war Berufsberatertag in der Nebenstelle Neustadt. Da er an Verwaltungsberufen interessiert war, fragte ihn der Berater, ob er sich eine berufliche Zukunft beim Arbeitsamt vorstellen könne. Beim Beamtentest für Bayern hatte er bereits teilgenommen und belegte prompt Platz 181 bei 6000 Teilnehmern. Es war der letzte Tag der Bewerbungsfrist, welcher der erste Tag für seine Zukunft sein sollte. 12 Abiturienten kickte der passionierte Fußballer aus dem Spiel. Der Test im Landesarbeitsamt Nürnberg umfasste 120 Fragen zu Politik, Sport, Kunst und Literatur – kurz gesagt, damals wie heute legte die BA Wert auf Allgemeinbildung, seine Stärke war also gefragt. Er hatte auch eine Zusage vom Finanzamt. Aber die in die Jahre gekommene Regierungsrätin beim Einstellungstest war ihm bei weitem nicht so sympathisch wie die BA.

Zu Jung – am ersten Arbeitstag bereits wieder nach Hause geschickt

Am 3. September 1973, seinem 17. Geburtstag begann er seinen Dienst und musste bereits nach einem halben Arbeitstag wieder gehen. Seine Eltern waren voller Sorge, dabei trug sein Dienstherr nur dafür Sorge, dass er seinen halben Urlaubstag gleich in Anspruch nahm, der jedem an seinem Ehrentag zustand. Er absolvierte noch ein Jahr als Verwaltungspraktikant, da man erst volljährig den gehobenen Dienst als Verwaltungsinspektorenanwärter (VIA) antreten durfte. In jener Zeit wurden die Gleise gelegt, die ihn später zur Leistungsabteilung führen sollten. Früh einen Aktenberg links am Platz, abends war er rechts. Man hat gesehen was man geleistet hat, ganz anders als in den rein beratenden Tätigkeiten.

Bis Ostern, weit in den Frühling hinein, gab es viel zu tun. Die Arbeitslosengeldzahlungen erfolgten im Zweiwochen Rhythmus. Es gab keine EDV, alles analog. Domhardt erinnert sich:“ Überzahlungen waren an der Tagesordnung. Meterhohe Aktenstapel waren in einem Büro. Mein Abteilungsleiter gab mir den Auftrag – machen Sie die Berge eben. Zwei Monate hat es gedauert. Als Belohnung bekam ich eine Flasche Bier und eine Hackfleischsemmel.“

Im September 1974 begann sein VIA Vorbereitungsdienst, den er in der Verwaltungsschule in Daun erfolgreich abschloss. Die Einberufung zum 15 monatigen Wehrdienst erfolgte prompt direkt im Anschluss. Wo? auch in Daun in der Eifel.

Am 2. Januar 1978 trat er zum Erstansatz in der Leistungsabteilung in Coburg an. Der Willkommensgruß lautete – Wir machen Überstunden. Es war ja Winter, besonders im Frankenwald. Es folgten verschiedene Ansätze im Kindergeld und der Berufsausbildungsbeihilfe bis 1983. Aber stets blieb er der Leistungsabteilung treu. Seitdem war er bis heute ohne Unterbrechung als Sachbearbeiter in der Leistungsstelle für Arbeitslosengeld und –hilfe.

Alles zu seiner Zeit ein Fortschritt

Gerold Domhardt: „Publikumsverkehr und Leuten in schwierigen Lebenslagen zu helfen hat mir stets Spaß gemacht, auch wenn man abends nie mit der Arbeit fertig ist. 1973 hatte allein der Arbeitsamtsbezirk Coburg mit Kronach und Lichtenfels 32 Kräfte in der Leistungsabteilung (8 Leistungsstellen mit jeweils 4 Mitarbeitern). Heute sind es in Ober- u. Unterfranken insgesamt gerade mal 90. Zu viert teilten wir uns ein beschauliches Büro von 16 Quadratmetern. Ich als begeisterter Fußballer hatte leider Pech, denn meine drei Zimmergenossinnen waren leidenschaftliche Raucherinnen und benötigten am Vormittag lediglich ein Streichholz. So hielt ich unser Fenster auch bei minus 10 Grad weit geöffnet.

Sechs Tagewochen mit über 50 Stunden waren für uns in den 70ern eine Selbstverständlichkeit, da im Frankenwald zur Winterzeit viele Wald- und Bauarbeiter freigesetzt wurden. Freitags war um 17.00 Uhr Dienstschluss und samstags waren wir von 7.30 Uhr bis Mittag für unsere Kunden da. Urlaub nahmen wir in der kalten Jahreszeit nur halbe Tage. Es gab extra einen – Wintereinsatzplan – für das ganze Arbeitsamt. Arbeitsvermittler, Berufsberater sowie Nachwuchskräfte haben als Winterzusatzkräfte Alg Anträge mit bearbeitet.

Besonders der technische Fortschritt trug viel zur Effizienzsteigerung bei. Erst nach 1975 kamen erste Taschenrechner zum Einsatz. Der PC wurde 1984 in Dienst gestellt, wobei wir ihn das erste halbe Jahr kaum nutzten, da keiner mit dem Umgang vertraut war. Davor wurden Lochkarten mit Stiften markiert und nach Nürnberg geschickt, wo das Arbeitslosengeld alle zwei Wochen ausgezahlt wurde.

Das starke Telefonaufkommen kam erst in den letzten Jahrzehnten auf. Bis in die 80er Jahre gab es im ersten Stock eine Telefonzentrale. Jedes Gespräch mussten wir dort anmelden und wurden teilweise erst nach einem halben Arbeitstag von der Telefonistin Frau Stettner, der Dame mit der dunklen Stimme, hinausverbunden.

Das Arbeitspensum war seit der Wiedervereinigung 1990 bis zur Einführung der Servicecenter (SC) in 2005 am höchsten. Die SC brachten spürbare Entlastung. Die Arbeitslosenhilfe, der Vorgänger von Hartz IV, machte bis 2005 den überwiegenden Teil unserer Arbeit aus. In den letzten Jahren nahmen spürbar Nahtlosigkeitsfälle zu, sprich Schicksale von Menschen, die zwischen den Stühlen sitzen, eigentlich nicht mehr arbeitsfähig sind, aber es noch nicht in die Rente schaffen.

Rückblickend bin ich lieber heute in der BA als damals. Zu jener Zeit gab es strenge Hierarchien, Vorgesetzte waren unnahbar. Heute ist das Miteinander im Team wesentlich angenehmer. Wir sind als Dienstleister, nicht als Behörde für den Bürger da. PC Programme haben sich benutzfreundlich fortentwickelt. Die letzten 20 Jahre waren für mich die schönsten.

Und heute? In der Corona Krise unterstützen uns wieder die Kollegen aus dem ganzen Haus – beim Kurzarbeitergeld. Die Krise hat uns nicht überrascht bzw. überfordert. Mit dem Alter kommt die Erfahrung. Vorher hatten wir viel Publikumsverkehr, der sich auf das Telefon verlagert hat. Eine fallabschließende Bearbeitung ist da nicht so einfach, wie wenn Dir jemand gegenübersitzt. Kunden lesen heute anders als früher. Sie greifen eher gleich zum Telefon.

Gesundheitsmanagement damals wie heute

Betriebssport genießt bei uns traditionell ein hohes Ansehen. Als Fußballspieler in der Landesliga und Trainer war ich fester Bestandteil unserer Mannschaft. Ab 1974 gab es im Bereich des Landesarbeitsamts Nordbayern jährlich ein Turnier. Der Sieger richtete es im kommenden aus. Gleich im ersten Jahr in Nürnberg waren wir vom Arbeitsamt Coburg im Finale, mussten uns jedoch 0 : 3 gegen Regensburg geschlagen geben. Bei der Siegesfeier gab es aber nur Gewinner. So manche personelle Entscheidung wurde in jenen Tagen durch fußballerisches Talent begünstigt, so hatte man den Eindruck. Bis in die 90er Jahre wurde wöchentlich trainiert. Auch heute haben wir noch ein eigenes Team, das an den jährlichen bayerischen Agenturmeisterschaften mitspielt.

1977 in Regensburg, DIE Mannschaft des Arbeitsamtes Coburg - Jährlich stattfindende Meisterschaft der nordbayerischen Arbeitsämter. Wir waren in der Mitte des Feldes platziert. Die Mannschaft hinten von links: Theo Gößl, Werner Matussek, Peter Wohlleben, Klaus Pfadenhauer, Harald Spörl, Gerold Domhardt, Klaus Lemnitzer Vorne von links: Bernd Spörlein, Alfred Scherbel, Gerhard Ruppert, Wolfgang Ros, Helfried Schreiner

1977 in Regensburg, DIE Mannschaft des Arbeitsamtes Coburg – Jährlich stattfindende Meisterschaft der nordbayerischen Arbeitsämter. Wir waren in der Mitte des Feldes platziert.
Die Mannschaft hinten von links:
Theo Gößl, Werner Matussek, Peter Wohlleben, Klaus Pfadenhauer, Harald Spörl, Gerold Domhardt, Klaus Lemnitzer
Vorne von links:
Bernd Spörlein, Alfred Scherbel, Gerhard Ruppert, Wolfgang Ros, Helfried Schreiner

Entscheidung nie bereut

In den letzten 48 Jahren habe ich Gelassenheit gelernt. Es lohnt sich nicht über Dinge aufzuregen, die man nicht ändern kann. Wir sitzen direkt an der Quelle zur Wirtschaft. Wenn man sieht, wie kundenorientiert wir heute mit unseren Kunden umgehen und die BA mit uns, ihren Mitarbeitern, können wir sehr stolz und zufrieden sein. Ich habe keinen Tag meine Entscheidung für die BA bereut und hatte ein erfülltes Berufsleben.“