„Bewegung Ökologische Region“ traf sich in Gößweinstein
Anregungen für die Bundestagskandidaten
„Wir haben nur noch zehn Jahre, in denen wir in den Klimawandel stoppen können“, warnte Dieter Hoch, der mit Klaus-Dieter Preis die „Bewegung Ökologische Region“ (BÖR) leitet, bei einem Treffen in Gößweinstein. Die BÖR will kurz vor der Wahl den Bundestagskandidaten der Region Anregungen an die Hand geben, was für die Fränkische Schweiz zu tun ist, um das Klima und die Lebensqualität zu erhalten.
Dazu zählt auch, mehr Mobilität aufs Land zu bringen. Was in den „feisten Gürteln“ um Nürnberg und München an Bus-, S- und U-Bahnverkehr läuft, so der Pottensteiner, ist kein Vergleich zum flachen Land. Und das i-Tüpfelchen: Jetzt spart Berlin noch an der Elektrifizierung der Strecke Nürnberg-Hof. Der BN-Mann will hier einen Protest des Bund Naturschutz starten. Der Arzt Klaus-Dieter Preis aus Gößweinstein möchte vor allem die Landkreise der Fränkischen Schweiz miteinander vernetzen.
Das nächste Thema gab Josef Schrüfer, Bio-Nebenerwerbs-Landwirt aus Kühlenfels, der BÖR mit auf den Weg: Er will faire Preise, die den Aufwand eines Bauern mit seiner 70-Stunden-Woche spiegeln. Dann bräuchte es keine Subventionen mehr. „Und die Lage der Böden wäre entspannter, wenn man mit dem halben Ertrag das gleiche Geld erwirtschaften kann.“ Thorsten Hofmann, Bio- Landwirt aus Unterailsfeld, hatte Hoch ein ähnliches Anliegen geschildert. Er hat an die 100 Hektar Fläche, aber auf über 130 Parzellen verteilt, das sind im Schnitt nur 0,8 Hektar pro Acker. Die vielen Hecken bremsen zwar den Wind und begünstigen die Humusbildung, aber er hat einen enormen Zeitaufwand. Das müsste bei den Subventionen anerkannt werden. „Solche Bauern sollten eigentlich den doppelten Erlös haben.“ Er wünscht sich auch eine längerfristige Planungssicherheit, beim Getreideabsatz und der Tierhaltung.
Biobauer Gabriel Deinhardt aus Wohlmuthshüll konnte davon ein Lied singen: In den Höfen sinkt die Zahl der Schweine und Rinder, weil die kleinen Bauern beim Erlös nicht mehr mithalten können. Er berichtete von einem als Hilfe gedachten Angebot des Krankenhauses Ebermannstadt, jeden Morgen um 6 Uhr 300 Kilo geschälte Kartoffeln zu liefern. „Aber wer schafft das Schälen?“ Deinhardt forderte auch eine Halbierung der Dünge- und Pestizidmengen „und ab 2030 nichts mehr“. Dafür müssten die Ämter jedoch den Bauern auch Alternativen zeigen. Und jedem klarmachen, wie viele Hundert Euro das Düngen von einem einzigen Hektar Mais kostet.
Renate van de Gabel-Rüppel aus Creußen regte fürs Umstellen der Landwirtschaft auf Nachhaltigkeit mehr Fördergelder an, regional verteilt, nicht von Berlin. Urban Winkler, Braumeister aus Weißenohe, schloss den Wunsch an, fränkische und brandenburgische Bauern nicht über den gleichen Förderkamm zu scheren, da sie ja ganz andere Flächen haben. „Und andere Bodenqualitäten“, ergänzte Gabriel Deinhardt. Für ihn ist eine Förderung erst gerecht, wenn sie die Bodenwertzahl berücksichtigt. Der gesamten BÖR liegt es am Herzen, die Kleinteiligkeit der Fränkischen Schweiz zu erhalten. Deinhardt würde Felder teilen, so dass alle fünf Hektar kleine Hecken abgrenzen, wie es der Bioland-Verband fordert.
Unisono beklagte das BÖR-Team die unerträgliche Bürokratieflut. Eine radikale Eindämmung sei nötig. Die BÖR wünscht zudem wieder Kleinteiligkeit, sprich mehr Metzger- und Bäcker-Dichte, kleine Käsereien und Getreidemühlen, ortsnahe Schlachthöfe. Sollte der Kulmbacher Schlachthof nicht so umgebaut werden, dass er weiterhin Biotiere annehmen kann, so Dieter Hoch, dann sollte fürs Land eine mobile, schonende Weideschlachtung kommen.
Winkler berichtete als Brauer von seinen Problemen, kleine Chargen von Gerste zu bekommen. Er wünscht sich deshalb kleine Getreidelager vor Ort (wie in Bühl bei Creußen) und einen Verbund der kleinen Brauer. „Ich brauche eine Struktur, und auf die muss Verlass sein.“ Solch ein Netz forderte auch Renate van de Gabel-Rüppel, die im „Ernährungsrat“ von Oberfranken sitzt, der Anfang Oktober gegründet wird. Er will regionale und biologische Lebensmittel in die Küchen von Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser bringen. „Beim Modell „Zukunft Berlin“ klappt das schon lange, warum nicht bei uns? Warum sind die Städte immer weiter?“, fragte sie. Dieter Hoch forderte ein Umdenken hin zu einer „Gemeinwohl-Ökonomie“, die nicht mehr ausgebeutet wird sondern zurückgibt.
Dazu gehört auch, dass jede Gemeinde einen Teil ihres Waldes ungenutzt als „Mini-Urwald“ stehen lässt, wie es schon in den Voralpen geschieht. Klaus-Dieter Preis sprach noch das Problem der neuen Kernwege an, die breit geteert werden sollen: Zu teuer, zu klimabelastend und eine Einladung für Touristen, mitten ins Land zu fahren.
Am Schluss meldete sich noch Hanne Römming aus Gößweinstein. Sie will schon im Kindergarten auf die Bedeutung von „Bio“ und „Öko“ hinweisen lassen – und vor allem selbst anpacken. Auch die Bürgermeister müssten dabei sein. Veronika Müller aus Hardt bei Wichsenstein berichtete von so einem Anpacken: In ihrem Ort haben sich 30 Familien zu einer Food-Coop zusammengetan. Sie bestellen bei Landwirten Zentner von Kartoffeln und Gemüse und teilen sie. „Die Bauern sind dankbar dafür.“
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