Bayreuther MdB Dr. Silke Launert veranstaltete Podiumsdiskussion „Aktuelle Herausforderungen in der Ökumene“
Ökumene als nichtverzichtbarer Bestandteil der Kirchen und des Glaubens
Welche Bedeutung kommt dem christlichen Glauben im Jahr 2021 vor dem Hintergrund des erheblichen Mitgliederschwundes noch zu? Wie kann die Ökumene dazu beitragen, dass der Glaube Bestandteil der Gesellschaft bleibt? Und welche Wünsche haben die Kirchen an die Politik?
Über diese und weitere Fragen diskutierte Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert im evangelischen Gemeindehaus in Bayreuth auf dem Podium vor vielen interessierten Gästen mit Dr. Günther Beckstein, Ministerpräsident a. D., dem katholischem Stadtpfarrer Dr. Christian Karl Steger und dem evangelischen Pfarrer Dr. Carsten Brall, Beauftragter für die Ökumene. Die Moderation übernahm die Ärztin und Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes Weidenberg Dr. Cornelia Angerer-Daum.
Die Zahl der Mitglieder in den Kirchen geht zurück. Dennoch waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion einig: Der Glaube gibt Halt und Zuversicht. Nicht nur, aber gerade in schwierigen Zeiten, bräuchten die Menschen etwas, das sie trage, sagte Launert. Steger beobachtet diesen Schwund nicht nur bei den Mitgliedern der Kirche, sondern allgemein – auch bei den Parteien und Vereinen. Das Gemeinsame und Verbindende ginge verloren. Brall ergänzte: „Der Gedanke, dass da noch jemand ist, die Religiosität, ist ungebrochen. Aber ihre Ausdrucksform hat sich verändert.“ Die Menschen hinterfragten das Glaubensbekenntnis, und auch die Kirche müsse sich hinterfragen.
Doch wie kann die Kirche die „frohe Botschaft“ in der heutigen Zeit wieder erfolgreich vermitteln? Launert sah einen großen Teil der Lösung im Religionsunterricht, der unbedingt beibehalten werden müsse. „Das Wichtigste sind die Kinder. Vorleben ist der leichteste Zugang zum Glauben.“ Es sei zu einfach zu sagen, die Kirche müsse digitaler werden, mehr in den sozialen Netzwerken aktiv sein. Glaube habe viel mit Gefühl, mit Emotionen zu tun, die vorgelebt werden sollten.
Beckstein wies darauf hin, dass es wichtig sei, Rituale zu erhalten. Die Kirche müsse bei wichtigen Ereignissen präsent sein, wie etwa bei öffentlichen Einweihungsfeiern. „Es gibt noch immer viele Gelegenheiten!“ Doch Beckstein nahm nicht allein die Pfarrer in die Pflicht. „Jeder einzelne Christ hat die Aufgabe, die frohe Botschaft weiterzutragen.“ Wie Steger hervorhob, sei es für viele eine Herausforderung zu sagen, sie glaubten an Gott. Es sei die Verbindlichkeit, die es vielen schwer mache. Und die Angst, etwas von sich zu verlieren. Dabei könne man in der Gemeinschaft nur glücklich sein und die frohe Botschaft erfolgreich weiterverbreiten, wenn man mit sich selbst im Reinen sei und das eigene Leben mit Leib und Seele akzeptiere.
Die Ökumene spielt eine große Rolle, geht es darum, dass der Glaube Bestandteil unserer Gesellschaft bleibt und Menschen sich wieder für die Institution Kirche begeistern. Der Begriff Ökumene wirke angestaubt, doch der Inhalt selbst sei so wichtig, sagte Brall. „Ökumene heißt: Vergewisserung des Eigenen und Begegnung mit dem anderen.“ Als neue Übersetzung des Begriffs „Ökumene“ schlug der evangelische Pfarrer daher „Christliches Diversity Management“ vor. Steger hob hervor, dass es im Rahmen der Zusammenarbeit wichtig sei, zu lernen und zu respektieren, was dem anderen heilig sei. Launert betonte: „Ich glaube, ohne Ökumene hätten die Kirchen noch viel mehr Mitglieder verloren.“ Sie sei ein unverzichtbarer Bestandteil.
Beckstein erinnerte an früher, als Ehen zwischen evangelischen und katholischen Christen noch ein großes Problem waren. Er sei froh, dass sich alles so positiv entwickelt habe. Brall wisse aus vielen Gesprächen, dass Verletzungen, Ausschluss und Streit deswegen in vielen Familien stattgefunden habe. Daher sei er umso dankbarer um den Stand der Ökumene heute. „Man kann anderer Meinung sein und auch mal streiten, aber wenn es hart auf hart kommt, muss man zusammenstehen. Das ist Ökumene.“
Auch in der Politik der CSU spiele der christliche Gedanke damals wie heute eine entscheidende Rolle, sagte Beckstein. Er appellierte daran, dass sich Christen weiter im Staat engagieren. Der Glaube habe Beckstein selbst in seiner politischen Laufbahn oft „davor bewahrt überzuschnappen, weil man weiß, dass es da noch etwas Höheres gibt.“ Gleichzeitigt habe es beruhigt zu wissen, dass man nicht tiefer falle, als die Hand, die einen auffängt.
Launert verwies darauf, dass unsere christlichen Wurzeln sich nach wie vor in vielen Gesetzen wiederfänden, etwa in den Sozialgesetzen oder auch in den Vorschriften zur Kirchensteuer. Auch im Kontext mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen, wie etwa der Diskussion rund um das Thema Sterbehilfe, spielte die christliche Prägung eine Rolle.
Zuletzt wünschte sich Brall diesbezüglich von der Politik, dass sie weiter bei Entscheidungen auch christlich Stellung beziehe und mit der Kirche und den Menschen einen gemeinsamen Weg gestalte und beschreite. In der Öffentlichkeit deutlich werden und auch zeigen, dass Politik für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stehe, lautete Stegers abschließender Appell. Dies sei genau das, was gerade von den jungen Erwachsenen oft vermisst werde und weswegen sie sich schwer damit tun, sich einer Institution – ob Kirche, Partei oder Verein – anzuschließen.
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