Marktgemeinderat Heiligenstadt: Kahlschlag auf dem Seigelstein
6 Hektar Gemeindewald fielen dem Borkenkäfer und dem Klimawandel zum Opfer
Schock für die Rätinnen und Räte des Marktgemeinderates Heiligenstadt auf dem Seigelstein oberhalb der Ortschaft Tiefenpölz. Bis vor kurzem standen hier noch sechs Hektar Gemeindewald. Jetzt ist alles weg bis auf ein paar Kiefern und Laubbäume. Der gesamte Gemeindewald, der hauptsächlich aus Fichten bestanden hatte, viel dem „Buchdrucker“ zum Opfer und musste abgeholzt und abtransportiert werden.
Den Mitgliedern des Marktgemeinderats bietet sich beim Ortstermin mit Forstdirektor Gregor Schießl, Revierförster Roman Diezel und Borkenkäferexperte Lukas Baden ein trauriges Bild wie nach einem Wirbelsturm. Die teilweise bis zu 100 Jahre alten Fichten wurden bereits größtenteils auf den Fichtenlagerplatz bei Strullendorf abtransportiert. Alles muss noch so schnell wie möglich raus aus dem Wald, der kein Wald mehr ist. Damit der Borkenkäfer nicht weiter um sich greifen kann und weitere Bäume in Nachbarwäldern befällt. „Vor sechs Wochen standen hier noch überall Fichten, bis der totale Kahlschlag durchgeführt werden musste“, erklärt Schießl. Denn ein befallener Baum habe das Potential 20 weitere Bäume mit dem gefräßigen Borkenkäfer namens Buchdrucker in Windeseile zu infizieren. „Nach der Abholzung lagen hier bis vor kurzem noch 1200 Festmeter Holz“, zeigt Förster Diezel auf einen riesigen Holzstoß. Zweidrittel davon sind schon abtransportiert.
Es ist aber keine reine Borkenkäferkatastrophe sondern liegt auch am Klimawandel. Man hatte drei extreme Trockenjahre mit Temperaturen die unsere Baumarten, vor allem die Fichte, nicht gewohnt waren. Dies schwächte die Bäume dermaßen das sie kein Harz mehr bilden konnten um von selbst der Borkenkäferplage Herr zu werden. Das es aber so schnell geht, damit hatten selbst die Forstexperten nicht gerechnet.
2018 mussten im Heiligenstädter Gemeindewald, der insgesamt 190 Hektar umfasst, 600 Festmeter Käferholz entnommen werden. Ein Jahr später waren es dann schon 800 Festmeter, 2020 dann sogar schon 2000 Festmeter und in diesem Jahr sind es bis jetzt schon 2000 Festmeter. Pro Woche sind es im gesamten Amtsbereich von Schießl, der Stadt und Landkreis Bamberg umfasst, 5000 Festmeter die aus den Wäldern entnommen werden müssen. „Wir müssen dieses Jahr ganze Flächen abholzen denn jeder Baum ist angebohrt“, dazu der Revierleiter. Durch den vielen Regen habe man zwar ein paar Wochen gewonnen, wenn der Käfer aber erst seine Brut angelegt hat, ist es zu spät. „Wenn sich der Käfer eingebohrt hat, haben wir noch vier bis sechs Wochen Zeit. In dieser Zeit muss alles geschehen sein und weg sein“, erklärt Diezel. Das ist dann nur noch mit einem Harvester und riesigen Rückewägen zu schaffen. Koordiniert wird das alles durch die Waldbesitzervereinigung Bamberg. Aber nicht nur die Fichte ist betroffen. Der „Blaue Kiefernprachtkäfer“ bedroht die Kiefern, die Esche ein Pilz und die Buche leidet unter mächtigen Trockenschäden. „Die Buche können Sie dann nicht mehr mit der Hand ernten weil die Gefahr besteht das dürre Äste den Waldarbeiter erschlagen“, so Schießl. Nicht nur sehr schwere Unfälle sondern die doppelte Anzahl von Toten sind bereits zu beklagen.
Inzwischen sei die Situation schon so dramatisch, das man dieser kaum mehr Herr werde. 290 000 Festmeter Borkenkäfer-Schäden, 40.000 Festmeter Trockenschäden an Nadelholz und 20 000 Festmeter Trockenschäden an Laubholz waren in Schießls Amtsbereich letztes Jahr zu verzeichnen was zu einem zusätzlichem Wiederaufforstungsbedarf von mehr als 200 Hektar Waldfläche führte. Heuer ist die Lage noch wesentlich dramatischer. Schießl prognostiziert alleine für Stadt und Landkreis Bamberg 275.000 Festmeter Borkenkäfer-Schäden, 20 000 Festmeter abiotische Schäden vor allem in Folge von Trockenheit und einen zusätzlichen Wiederaufforstungsbedarf von mehr als 500 Hektar. Schadensschwerpunkte für den Borkenkäferbefall sind die Reviere von Buttenheim bis Hollfeld und zunehmend auch im gesamten Jura-Bereich.
Eine Katastrophe für den Wald als Ganzes sieht Schießl aber nicht, für den einzelnen betroffenen Waldbesitzer jedoch schon. Denn im Landreis Bamberg liegt der Fichtenanteil bei zirka 20 Prozent und im Landkreis Forchheim bei weniger als zehn Prozent. „Die Förderbedingungen sind heute so gut wie wir sie noch nie in Bayern hatten“, macht Schießl weiter Hoffnung. Der Markt Heiligenstadt kann etwa mit 30 000 Euro Zuschuss für sein Käferholz rechnen. Außerdem steigen die Verkaufspreise für Holz gerade enorm. Und Geld vom Staat gibt es dann auch für die Wiederaufforstung. Allerdings wird sich der Wald, so wie wir ihn kennen, verändern. Da andere Baumarten gepflanzt werden müssen die sich besser an den Klimawandel anpassen. Und zwar Edellaubhölzer von denen Diezel den Ahorn, die Kirsche, die Elsbeere oder den Speierling nennt.
Die Förster setzten aber vor allem auf die natürliche Waldverjüngung. Jede Pflanze die von selbst kommt, braucht man schon nicht kaufen. Ziel muss der Aufbau gesunder, gemischter klima-stabiler Wälder sein. Dazu sind gemeinsame Anstrengungen von Waldbesitzern, Förstern und Jägern notwendig“, betont er Forstdirektor. Einen Hektar Wald wieder aufzuforsten kostet etwa 20 000 Euro, wenn man dies komplett als Dienstleistung vergibt. Dafür gibt es aber auch eine Förderung von bis zu 13 000 Euro erklärt Diezel. Den größten Kostenanteil entfallen auf den Zaun der die Jungpflanzen vor Verbiss von Wildtieren schützt.
Die ersten Jahre muss die Neuanpflanzung aber auch jährlich ausgemäht werden. Dies könnte aber auch der Bauhof übernehmen, wie andere Arbeiten auch. „Wir machen ja mit unserem Wald nicht unbedingt Gewinn. Wenn wir ihn verkaufen, dann hätten wir unsere Ruhe“, sagte Bürgermeister Stefan Reichold (SPD), der aber die Gemeinde auch in der Verantwortung für nachfolgende Generationen sieht. „Ein Gemeindewald ist anders als ein Privatwald vorbildlich zu bewirtschaften, weil es eine Gemeinwohlaufgabe ist“, dazu Schießl der an die Räte appellierte das man gerade die Gemeindewälder für zukünftige Generationen brauche. „Wichtig ist das wir in vielen Dingen gut zusammenarbeiten, jetzt wo der Wald bedroht ist“, so Schießls Appell.
Ein weiter Punkt waren die Waldwege. Dazu muss der Bürgermeister immer wieder Kritik einstecken, weil diese gerade nicht befahren werden können. Wie jüngst in Oberngrub. „Wir können nicht alle Wege zu jeder Stunde freihalten und so lange eine Maßnahme läuft, machen wir nur das Nötigste“, dazu Förster Diezel. Für Forstwege gibt es außerdem Sonderfördermittel, aber dann müssen alle Eigentümer mit ins Boot. Einen Hoffnungsschimmer auf dem Seigelstein gibt es aber schon. Vor fünf Jahren hatte Diezels Vorgänger ein kleines Waldstück mit unterschiedlichsten Baumarten neu aufgeforstet. Daraus ist bereits ein junger Wald entstanden der prächtig gedeiht.
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