Offener Brief – Wegebaumaßnahmen bei Gasseldorf, Gefahrenabschätzung Starkregenereignisse und Hangrutschgefahr
Offener Brief der Bund Naturschutz Ortsgruppe Ebermannstadt-Wiesenttal:
An
Stadt Ebermannstadt
Stadtwerke Ebermannstadt
Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Bamberg
Landkreis Forchheim – Untere Naturschutzbehörde
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit übersenden wir Ihnen einen Offenen Brief. Da aus unserer Sicht ein öffentliches Interesse besteht, informieren wir auch die Lokalpresse. Der Sachverhalt wird im Anhang bzw. weiteren E-Mails ebenfalls mit Bildmaterial und einem Video dokumentiert.
Sachverhalt
Wir haben feststellen müssen, dass oberhalb von Gasseldorf (bewaldetes Hanggebiet oberhalb der Straßenzüge Druidenweg, Erzleite, Erlenschlag) umfangreiche Wegebaumaßnahmen erfolgt sind. Dabei wurde ein sehr steiler bestehender Hohlweg mit feinem Schotter versehen. Im Randbereich wurden Gehölze und Bäume entfernt. Der Hohlweg geht im bebauten Gebiet unmittelbar in eine geteerte und ebenfalls steile Straße über.
Im weiteren Verlauf des Weges im Wald wurde parallel zum Hang eine Trasse in den Wald hinein planiert. Dabei wurde der Geländeverlauf so modelliert, dass Hangkuppen, Bäume und Quellaustritte überbaut und planiert worden sind. Zusätzlich wurde in einem Bereich weiter umfassend in den Hang hinein gegraben. Das Erdreich wurde einplaniert und wie im steilen Bereich mit feinem Schotter überdeckt. Die Trasse führt zu einem eingezäunten gefassten Quellbereich (vgl. KartenmaterialAnhang, rote Linie). Betrachtet man das im Zuge der Baumaßnahmen angeschnittene Erdreich, erkennt man tonführende Schichten. Die Baumaßnahmen befinden sich mit Blick auf das Informationsportal Bayernatlas im Ökoflächenkataster, Flora Fauna Habitat und Vogelschutzgebiet.
Problemstellungen und Fragen
- Offensichtlich sollen die Wegebaumaßnahmen eine Quellfassung erschließen. Mit Blick auf die umfangreichen Erdarbeiten stellt sich aber die Frage, ob es eine Alternativroute gegeben hätte, insbesondere für den Abschnitt des steil ansteigenden Hohlweges.
- Im Bereich des Hohlweges könnte es bei Extremwettereignissen durch die Entfernung der Bäume an der Oberkante und die Ausbringung von Feinschotter zu starken Erosionen kommen. Das beigefügte Bildmaterial zeigt eindrucksvoll, wie der nun angeschnittene und bearbeitete trichterförmige steile Hohlweg zu einer gefährlichen Wasser- und Schlammrinne werden könnte. Schon bei geringeren Niederschlagsereignissen im Gemeindegebiet (Video vom 03.08.2021, vgl. Anhang) entstehen schon jetzt Rinnen und Bodenabtragungen, die dieses Bodenmaterial in den Bereich der Wohnbebauung schwemmen. Gerade die extremen Überschwemmungen der vergangenen Wochen in Rheinland Pfalz und Nordrhein Westfalen haben die Bevölkerung deutschlandweit aber auch in unserer Gemeinde für diese Gefahrenpotentiale sensibilisiert und verunsichert. Mit Blick auf das beigefügte Videomaterial möchte man sich nicht vorstellen, wie sich die Situation darstellen könnte, wenn dort in kurzer Zeit mehr als 200 Liter auf den Quadratmeter fallen. Kann gewährleistet werden, dass die neu durchgeführten Maßnahmen keine Gefahr (z.B. Erosion, Hangabrutschungen) für die darunter liegende Wohnbebauung darstellen?
- Historisch betrachtet sollte den Verantwortlichen für diese Baumaßnahmen bekannt sein, dass dieser Bereich auch der „Gebrochene Berg“ genannt wird. Im Wald erinnern Hinweistafeln an diese Bergrutsche der Vergangenheit. Hier wird berichtet, dass die über dem sogenannten „Opalinuston“ liegenden Schichten nach extremer Durchnässung des Bodens wie auf einer Rutsche den Hang ins Teil hinunterglitten. Der parallel zum Hang führende Weg befindet sich augenscheinlich genau in dieser Tonschicht und überbaut wasserführendeSchichten und Quellhorizonte, die einfach mit Erdreich und Feinschotter einplaniert worden sind. Wurden im Vorfeld geologische Untersuchungen vorgenommen, um die Baumaßnahmen hinsichtlich ihrer Gefahrenpotentiale einzustufen bzw. aus diesen Ergebnissen und Erkenntnissen schließlich Sicherungsmaßnahmen durchzuführen? Warum wurden die Quellhorizonte mit Erdreich überdeckt? Als Alternative hätte es sich angeboten, zunächst mit großen Steinen diese Quellhorizonte „einzufassen“ oder wenn nötig mit großen Steinen behutsam abzudecken, damit aus den Zwischenräumen weiterhin Hangwasser austreten kann und sich keine neuen Wege suchen muss. Dort vorkommende Kleinstlebewesen oder Feuersalamander hätten in den breiten Hohlräumen weiterhin einen Rückzugsort vorfinden können. Über diesen Steinen hätte man dann die Wegführung schonender verlaufen lassen können. Es stellt sich auch die Frage, ob die Wasserversorgung des Gasseldorfer Brunnens durch die Baumaßnahmen gefährdet wird?
- Warum wurden die Baumaßnahmen im sensiblen Flora Fauna Habitat (FFHGebiet) und Vogelschutzgebiet während der Vegetationsperiode und nicht im Herbst bzw. Winter durchgeführt? Die Dokumentation zeigt massive Eingriffe in die Bodenstruktur und die Vegetation (z.B. Gehölzentfernungen und Baumfällungen). Wer hat diese Maßnahmen genehmigt oder eine Ausnahmegenehmigung erteilt? Liegt hier ein Verstoß gegen die bestehende Naturschutzgesetze vor?
Uns ist bewusst, dass sich die Maßnahmen womöglich im Spannungsverhältnis zwischen der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung aber auch den naturschutzrechtlichen und geologischen Belangen und Besonderheiten bewegen.
Bei vergangenen Baumaßnahmen, die zu (erheblichen) Eingriffen in Natur- und Landschaft führen sollten, wurde der Bund Naturschutz im Vorfeld informiert und sogar einbezogen.
Gerade der beschriebene alternative Umgang mit Blick auf die Quellhorizonte hätte zu einem insgesamt schonenderen Eingriff führen können. In Zukunft würden wir es sehr begrüßen, wenn bei vergleichbaren Maßnahmen, die Belange des Naturschutzes durch das Teilen von Informationen stärker berücksichtigt werden könnten.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Christian Kiehr
Danke für das aufgreifen dieses Themas und das aufzeigen der verschiedensten Fragestellungen und Risiken. Lassen Sie mich noch ergänzen dass keiner der Anwohner im Vorfeld irgendeine Information erhalten hat oder Gelegenheit hatte, Fragen zu stellen. Das ist schade.
Das Abholzen hat sich ja sogar bis in den Ort gezogen. Ich wandere oft den Weg über den Druidenstein, aber dass die Stadt selbst so weit abseits der Baumaßnahmen noch komplette Hecken in der Schutzzeit rodet hat mich entsetzt. Naturschutz interessiert wohl die Bürgermeisterin nicht.