Klinikum Bayreuth GmbH: Kann ein Bluttest bei Krebspatienten den Verlauf einer COVID-Erkrankung voraussagen?
Kiani: Möglicher Wegweiser für Schutzmaßnahmen und Behandlung
Tumorpatienten gelten für den Fall einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 als besonders gefährdet. Der Verlauf der Infektion ist bei diesen Patienten allerdings sehr unterschiedlich: Während etwa die Hälfte der Patienten trotz ihrer Krebserkrankung keine oder nur milde COVID-19-Symptome aufweisen, nimmt die Erkrankung bei annähernd jedem vierten der im Krankenhaus behandelten Patienten einen tödlichen Verlauf. Ein einfacher Bluttest kann dieses Risiko vielleicht schon bald vorhersagen – und damit die Richtung für Schutzmaßnahmen und frühzeitige Behandlung weisen.
Das zeigen Ergebnisse einer deutschlandweiten Untersuchung, die von Wissenschaftlern der Klinikum Bayreuth GmbH initiiert und geleitet wurden. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Cancer Medicine veröffentlicht und auf dem Amerikanischen Krebskongress dem Fachpublikum präsentiert. „An den fast 200 an COVID-19 erkrankten Krebspatienten unseres Registers bestätigte sich, dass ein hohes Alter, ein reduzierter Allgemeinzustand sowie bestimmte Erkrankungen wie Leukämie mit einem besonderen Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf verbunden sind“, berichten Prof. Alexander Kiani, Chefarzt am Bayreuther Klinikum und Leiter der Studie, und Romina Roesch, Doktorandin an der Technischen Universität Dresden, die die Daten ausgewertet hat. „Überraschend war für uns jedoch, dass ein einfacher Bluttest den Verlauf der Infektion vorhersagen konnte.“ Dieser Bluttest wurde bei den Patienten bereits einige Zeit vor Auftreten der Infektion im Rahmen einer Routineuntersuchung durchgeführt. „Eine besondere Rolle scheint hierbei einer Unterform der weißen Blutkörperchen, den sogenannten neutrophilen Granulozyten, zuzukommen“, so Kiani. „Patienten mit einer hohen Zahl neutrophiler Granulozyten im Blut hatten in unserem Register ein etwa zehnfach höheres Risiko an COVID-19 zu versterben als solche mit einer niedrigen Zahl.“
Für eine breite Anwendung in der Praxis sei es jedoch noch zu früh. „Wir müssen zunächst noch mehr Informationen sammeln, und unsere Daten müssen auch von anderen Registern überprüft und bestätigt werden.“ Ist das der Fall, könnte zukünftig ein einfacher Bluttest Ärzten helfen, das Risiko eines Krebspatienten für den Fall einer Coronavirus-Infektion besser einschätzen zu können – mit Konsequenzen für Schutzmaßnahmen und frühzeitige Behandlungen. Patienten mit hohem Erkrankungsrisiko könnten auch von einer Impfung gegen das Virus besonders profitieren. Diesen und anderen Fragen soll mit Hilfe des Register nachgegangen werden.
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