Universität Bayreuth: Bakterien unter Strom – VolkswagenStiftung fördert langjährige Forschungsagenda
Neue Verfahren der Elektrochemie mit der Herstellung hochwertiger Substanzen durch Enzyme und Mikroorganismen zu verknüpfen, ist das Ziel eines noch jungen Forschungsansatzes, der Bioelektrosynthese. Prof. Dr. Frank Hahn, Leiter einer Arbeitsgruppe für Organische Chemie an der Universität Bayreuth, will diesen Ansatz künftig auf dem Gebiet der Polyketide vorantreiben, einer Substanzklasse mit enormer Bedeutung in der Pharmazie und der Biomedizin. Von der VolkswagenStiftung erhält er dafür in den nächsten sieben Jahren eine Förderung von etwa einer Million Euro im Rahmen der Initiative „Momentum“.
Bei bioaktiven Polyketiden handelt es sich um Naturstoffe, die zum Beispiel als leistungsstarke Antibiotika, Krebsmedikamente und Wirkstoffe zur Parasitenbekämpfung angewendet werden. Obwohl sie sehr unterschiedlich strukturiert sind, haben sie eines gemeinsam: Sie werden durch spezielle Enzyme, die Polyketidsynthasen, hergestellt. Prof. Dr. Frank Hahn erforscht diese Enzyme bereits seit vielen Jahren, um ihre Funktionsweisen genauer zu verstehen und für biotechnologische Anwendungen nutzen zu können.
Aber nicht nur im Hinblick auf die Herstellung pharmakologisch relevanter Naturstoffe sind Polyketidsynthasen von wachsendem Interesse für die Forschung. Sie rücken derzeit immer mehr in den Fokus, wenn es um die Herstellung einer Vielzahl anderer chemischer Wertprodukte, beispielsweise Feinchemikalien, geht. Polyketidsynthasen können möglicherweise einen wichtigen Beitrag dazu leisten, gegenwärtig noch auf Öl und Gas basierende Verfahren in der chemischen und pharmazeutischen Industrie durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen.
Die von der VolkswagenStiftung geförderte Forschungsagenda zielt jetzt auf eine ganz neue Form der biotechnologischen Anwendung von Polyketidsynthasen ab: Ausgangspunkt sind Bakterien, die zur Elektrosynthese fähig sind. Sie sollen in die Lage versetzt werden, nachhaltig erzeugten Strom und CO2 aus ihrer Umgebung aufzunehmen und genau dadurch bestimmte kleine Moleküle zu bilden. Diese können anschließend von Polyketidsynthasen als Bausteine für Arzneimittel und Chemikalien verwendet werden.
Hochwertige chemische und pharmazeutische Produkte mithilfe von Polyketidsynthasen in Bakterien herzustellen, die zur Elektrosynthese fähig sind, ist ein völlig neues Anwendungsfeld der Bioelektrosynthese, kurz BES. „Die Bioelektrosynthese wird in der internationalen Fachwelt zunehmend als wichtiges Element einer künftigen Bioökonomie angesehen. Tatsächlich vereint unser neues, von der VolkswagenStiftung gefördertes Forschungsprogramm eine Vielzahl bioökonomischer Aspekte: die effiziente Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom, die Fixierung von CO2 und eine nachhaltige Produktion wichtiger chemischer Verbindungen. Die Ergebnisse werden voraussichtlich auch für Industrieunternehmen von Interesse sein, die Produkte und Dienstleistungen auf Gebieten der Chemie, der Pharmazie oder der Biotechnologie anbieten“, sagt Hahn.
Mit ihrer Förderinitiative „Momentum“ wendet sich die VolkswagenStiftung an Wissenschaftler*innen, die seit drei bis fünf Jahren ihre erste Lebenszeitprofessur innehaben. Eine längerfristig angelegte Förderung soll ihnen die Möglichkeit bieten, zur inhaltlichen und strategischen Weiterentwicklung ihrer Professur eine kreative, vielversprechende Forschungsagenda zu entwickeln und langfristig umzusetzen.
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