Handwerk schult Wissenschaft: Arbeiten an Hochvolt-Systemen
Handwerkskammer qualifiziert wissenschaftliche Mitarbeiter für Arbeiten an Hochvolt-Systemen
Die Lehrstühle Umweltgerechte Produktionstechnik und Elektrische Energiesysteme der Uni Bayreuth forschen gemeinsam zur „Grünen Batterie“
Entwicklung bis zum Ende gedacht: Die Uni Bayreuth forscht mit ihren Lehrstühlen Umweltgerechte Produktionstechnik sowie Elektrische Energiesysteme daran, wie man zukünftig Batteriesysteme so gestalten und konstruieren kann, dass sie in hohem Maße nicht nur stofflich recycelt werden können, sondern insbesondere auch in mobilen als auch stationären Anwendungen wieder- und weiterverwendet werden können. Die Handwerkskammer für Oberfranken sorgt dabei für die passende Weiterbildung der Lehrstuhl-Mitarbeitenden. Denn um an den sogenannten Hochvolt-Energiespeichern und an nicht eigengesicherten Fahrzeugen auch unter Spannung arbeiten zu dürfen, müssen sie entsprechende Qualifikationen nachweisen. Diese erwarben sie jetzt an der Handwerkskammer.
Wolfgang Wich, Fachbereichsleiter Kfz-Technik Oberfranken an der Handwerkskammer für Oberfranken, zeigt sich stolz über die Kooperation zwischen Wissenschaft und Handwerk: „Es ist toll, dass die Uni Bayreuth diesen Forschungsauftrag erhalten hat. Umso mehr freut es uns, dass wir mit der Qualifikation der beteiligten Mitarbeiter einen Beitrag zum Gelingen dieses Projektes leisten können.“ Denn für die Forschungsaktivitäten an der Uni gelten beim Umgang mit HochvoltSystemen die gleichen Sicherheitsvorkehrungen, Unfallverhütungsvorschriften und Arbeitsplatzvorgaben wie in Kfz-Betrieben. Ein Qualifikationsnachweis sei, laut Wolfgang Wich, hier für alle Beteiligten gesetzlich vorgeschrieben und diene als Berechtigung, unter Spannung an Hochvoltbatteriesystemen arbeiten zu dürfen.
Neben den theoretischen Grundlagen ging es in der dreitägigen Weiterbildung insbesondere um die Praxis. „Die Kfz-Branche ist eine der wichtigsten, was die Elektrifizierung betrifft. Deshalb ist es auch für die Forschung wichtig, genau hier tiefer in die Materie einzusteigen“, ist Dr.-Ing. Bernd Rosemann, Projektleiter am Lehrstuhl Umweltgerechte Produktionstechnik, überzeugt. Dies taten die Uni-Mitarbeiter unter Anleitung der beiden Kfz-Ausbildungsmeister Gerhard Schmökel und Stefan Löffler, die den Teilnehmern detaillierte Einblicke in das „Herz“ der unterschiedlichen Varianten von Batteriesystemen gewährten – bis hinein in die einzelne Batteriezelle.
„Refabrikation“ spart Kosten und schont Ressourcen
Was motiviert die Forschenden der beiden Lehrstühle? Aus wissenschaftlicher Sicht sind LithiumIonen-Batteriesysteme ein Schlüssel für nachhaltige Elektromobilität, die zur Reduzierung der Treibhausgase des Verkehrssektors beitragen sollen. Die daraus zu erwartende starke Zunahme solcher Batteriesysteme begründet in der Folge auch den Bedarf an einem effizienten Recycling, das Lösungen anbietet, wenn in ein paar Jahren Batteriesysteme ausgetauscht oder entsorgt werden müssen.
Hier setzt die Forschungsarbeit der Uni Bayreuth an. Es wird untersucht, inwieweit Lithium-IonenBatterien sich für eine „Refabrikation“, also eine industrielle Aufarbeitung eignen. „Die Refabrikation ist eine vielversprechende Möglichkeit, um sowohl Kosten als auch die Ressourcen zu schonen“, sagt Dr. Rosemann. So ließen sich bis zu 90 Prozent der Rohstoffe und bis zu 85 Prozent der Energie im Vergleich zu einer Neuproduktion einsparen, wenn es gelänge einen Teil ausgedienter Energiespeicher weiter zu verwenden. „Dieses Produktrecycling ist aber nur das eine“, so Dr. Rosemann weiter, „wir steigen mit unserer Forschung schon eine Stufe vorher ein.“ Dazu gehöre es, Batteriesysteme bei der Konstruktion und dem Bau so zu gestalten, dass eine spätere Aufarbeitung in großem Umfang und mit möglichst geringem Aufwand möglich sei.
Ziel des Forschungsprojektes, das bis zum 30. November 2023 läuft, ist es daher, Lösungsansätze für ein zukünftiges Batteriesystemdesign zu entwickeln.
Schulungen zu Hochvoltsystemen führt die Handwerkskammer für Oberfranken bereits seit 2013 durch. Ohne diese Weiterbildung dürfen Kfz-Werkstätten nicht an E- oder Hybridfahrzeugen arbeiten. Die Qualifikation gliedert sich in drei Stufen auf. Während die beiden Einstiegsstufen mittlerweile schon fester Bestandteil der Berufsausbildung im Kfz-Bereich sind, erwirbt man sich in der Weiterbildung der Stufe 3, die jetzt auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Uni absolviert haben, die Kompetenz an nicht eigengesicherten Fahrzeugen sowie unter Spannung und in Hochvolt-Energiespeichern arbeiten zu dürfen.
Neueste Kommentare