Von Bayreuth aus wissenschaftlich begleitet: Neuer Kodex zur Digitalverantwortung von Unternehmen

Prof. Dr. Dr. Alexander Brink / Foto: Privat

Prof. Dr. Dr. Alexander Brink / Foto: Privat

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat gemeinsam mit führenden Unternehmen einen Kodex zur umfassenden Verantwortung von Unternehmen auf dem Gebiet der Digitalisierung, zur Corporate Digital Responsibility, veröffentlicht. Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Bayreuth, hat die Erarbeitung dieser Leitlinien gemeinsam mit Dr. Frank Esselmann von der concern GmbH, einer Ausgründung der Universität Bayreuth, im Auftrag des BMJV wissenschaftlich begleitet. Zentrales Thema des Kodex ist unter anderem der transparente Umgang mit Kundendaten.

„Corporate Digital Responsibility – kurz CDR – gewinnt als Teil einer umfassenden Unternehmensverantwortung immer stärker an Bedeutung. Viele Geschäftsmodelle, angefangen von innovativen Start-ups bis hin zu global agierenden Konzernen, gründen heute auf der Gewinnung, Auswertung und Übermittlung von Daten – sei es von individuellen Personen, von zivilgesellschaftlichen Organisationen oder von Unternehmen. Diese unternehmerische Nutzung von Daten wirkt mittlerweile in nahezu alle Bereiche unseres Zusammenlebens hinein. Trotzdem sind die daraus resultierenden ethischen Herausforderungen längst nicht allen bewusst. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Initiative ergriffen hat, um Leitlinien zur unternehmerischen Digitalverantwortung auf den Weg zu bringen“, sagt Brink.

Im Programm „Philosophy and Economics“ an der Universität Bayreuth setzt sich der Unternehmensethiker seit vielen Jahren dafür ein, die Verbindung von Ethik, sozialer Verantwortung und unternehmerischem Handeln als eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu begreifen. In diesem Zusammenhang sieht Brink auch die neuen Leitlinien zur CDR: „Der CDR-Kodex ist nicht auf eine Beschränkung unternehmerischer Freiheit ausgerichtet. Vielmehr liegt diesen Leitlinien die Erkenntnis zugrunde, dass soziale und ökologische Verantwortung gerade auch im Bereich der Digitalisierung im ureigenen unternehmerischen Interesse liegt. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien in jüngster Zeit klar bestätigt. Umso dringlicher ist es jetzt, diese Erkenntnis für die Ausgestaltung von Geschäftsmodellen in der Digitalwirtschaft zu nutzen.“

Zu den Erst-Unterzeichnern des heute veröffentlichten CDR-Kodex gehören die Unternehmen Deutsche Telekom, ING Deutschland, Otto Group, Telefónica Deutschland und Zalando. Weitere Unternehmen sind nun eingeladen, den CDR-Kodex ihrerseits zu unterzeichnen und so einen Beitrag zur Digitalverantwortung zu leisten. Von zentraler Bedeutung sind die Anforderungen des Verbraucherschutzes: Unternehmen sind zur Erreichung ihrer strategischen Ziele darauf angewiesen, Daten „von außen“ gewinnen, speichern und verarbeiten. Dies muss auf eine so transparente Weise geschehen, dass die verschiedenen Anspruchsgruppen dem Unternehmen dauerhaft vertrauen können. Rasante Entwicklungen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz steigern den Regelungsbedarf auf dem Gebiet der CDR: Schon heute werden wichtige Dienstleistungen in der Medizin, im Handel und im Verkehr von Menschen auf Computer und Roboter übertragen. Auch ökologische Fragen rücken in den Vordergrund – beispielsweise wenn es um die Nachhaltigkeit der Quellen und die Höhe des Verbrauchs von Energie geht, die Unternehmen für digitale Prozesse einsetzen müssen.

Leitlinien zur sozialen und ökologischen Verantwortung sind in zahlreichen Branchen ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur. Doch sie betreffen hauptsächlich die herkömmlichen analogen Geschäftsbereiche. Der heute veröffentlichte Kodex soll nun ein ethisches Gerüst bilden, um die unternehmerische Verantwortung im Bereich der Digitalisierung zu stärken. „Zudem definiert der Kodex allgemeine Prinzipien, die alle Mitglieder der CDR-Initiative in ihrer Arbeit leiten sollen. Dazu gehören unter anderem: Transparenz, Menschenzentrierung und die Achtung gesellschaftlicher Grundwerte wie Demokratie, Freiheit und die Gleichbehandlung aller Menschen“, erklärt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in seiner heutigen Presseerklärung. Bereits im Mai 2018 hatte das BMJV gemeinsam mit Unternehmen eine CDR-Initiative als Lernplattform gestartet, um ethische Grundlagen und Eckpunkte der Digitalverantwortung von Unternehmen gemeinsam zu erarbeiten.