Zu Gast in Oberfranken: Grüne Landtagsfraktion mit der Reihe „Landwirtschaft und Umwelt im Dialog“
Wie unser Essen den Kiebitz rettet
Unser Essen hängt untrennbar mit der Landwirtschaft zusammen. Und doch haben viele den Bezug dazu, wie ihre Lebensmittel entstehen und wo sie herkommen, verloren. Die beiden Landtagsabgeordneten Gisela Sengl und Rosi Steinberger, in der Grünen Fraktion zuständig für Landwirtschaft und Umwelt, haben im Rahmen einer Tour durch alle sieben bayerischen Bezirke mit dem Namen „Landwirtschaft und Umwelt im Dialog“ in Oberfranken mit Menschen gesprochen, die das ändern wollen. Referent*innen der Online-Veranstaltung waren zwei Eltern-Kinder-Paare: Silvia und Katharina Popp, Mutter und Tochter, die eine Kita-Küche für 80 Kinder komplett auf Bio umgestellt haben, sowie Vater Hans Jürgen und Sohn Mario Mohl, die gemeinsam einen Biolandhof in Frensdorf betreiben.
In der Kita, in der Silvia Popp die Küche umgestellt hat, gibt es ausschließlich frisch gekochtes Essen – sogar das Brot fürs Frühstück wird selbst gebacken. Alles, was im Garten wächst, dürfen die Kinder selbst ernten. „Außerdem legen wir viel Wert auf die Tischkultur, auf gemeinsames Essen in Ruhe – wo haben Kinder heute schon noch eine Dreiviertelstunde Zeit zum Essen“, so Silvia Popp. Eine offene Küche gibt den Kindern die Gelegenheit, nah am Geschehen der Essenzubereitung dran zu sein. „‘Was gibt’s denn heute zum Essen?‘ fragen die Kinder schon, wenn sie in der Früh hereinkommen“, berichtete Katharina Popp.
Durch geschickten Einkauf, zum Beispiel bei Landwirten und einer Molkerei in der Umgebung, dem Fokus auf saisonalen und vegetarischen Zutaten und einer ausgeklügelten Speiseplanung gelang es, dass pro Kind und Tag ein Essenpreis von lediglich 4,50 Euro anfällt – für Frühstück, Mittagessen und Zwischenmahlzeit komplett in Bio-Qualität. „Die Eltern schätzen sehr, dass sie wissen, dass ihre Kinder bei uns gutes und gesundes Essen bekommen“, erzählte Silvia Popp. Während des Lockdowns habe man sogar Rezeptanfragen der Eltern erhalten, weil die Kinder nach dem Kita-Essen verlangten.
Gisela Sengl, Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen Landtagsfraktion, forderte von der verantwortlichen Politik, den Fokus mehr auf die Verpflegung von Kindern in der Außer-Haus-Verpflegung zu legen: „Alle Kinder brauchen gutes und gesundes Essen. Der bayerische Staat muss hier die Träger viel mehr unterstützen, sowohl finanziell als auch mit verbindlichen Vorgaben.“ Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Grünen hatte die CSU-Staatsregierung 2018 abgelehnt.
Ihre Erfahrungen mit der Umstellung der Küche hat Silvia Popp in ein Buch gepackt – ein Leitfaden voller Informationen über Finanzen, Personal, Umgang mit den Ämtern, Lieferzyklen und vielem mehr. „Damit Menschen, die das auch machen wollen, wissen, wie sie loslegen können.“
„Dieses Beispiel sollte Schule machen“, betonte Rosi Steinberger, Sprecherin für Verbraucherschutz der Grünen Landtagsfraktion. „Als Gemeinderätin in einer kleinen Kommune weiß ich genau, wie hoch die Hürden für eine hochwertige Verpflegung in Schule und Kita sind.“
Hans Jürgen Mohl hat den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb 1988 übernommen und sofort auf Bio umgestellt. „Damals musste man praktisch Direktvermarktung machen, es gab ja kaum Bioläden“, erklärte er. Das Konzept hat sich bis heute bewährt: der Biolandhof vermarktet alle Produkte – unter anderem 16 verschiedene Sorten Kartoffeln, wie das Bamberger Hörnla – selbst direkt in der Region, hat dazu Partnerschaften mit dem örtlichen Lebensmitteleinzelhandel aufgebaut. „Ja, davon können dann wirklich zwei Generationen leben“, bestätigte Mohl auf Anfrage aus dem Publikum, „wir haben durch die Direktvermarktung und den direkten Verkauf an den Lebensmitteleinzelhandel einfach eine ganz andere Wertschöpfung.“ Sorgen mache er sich dennoch um die Zukunft der Landwirtschaft: „Mein Sohn ist einer von zwei Landwirten hier in der Gegend, die noch mit der Landwirtschaft weitermachen wollen.“ Mit ein Grund für ihn sei die gute Ausbildung in der Öko-Meisterschule in Landshut gewesen, so Mario Mohl.
Wie wichtig eine gute Ausbildung ist, unterstrichen auch die beiden Landtagsabgeordneten – für junge Landwirte, aber auch für alle Kinder. „Unsere Gesellschaft muss wieder eine Verbindung zur Landwirtschaft und zum Essen aufbauen“, forderte Gisela Sengl. Deshalb seien engagierte und motivierte Menschen wie die Mohls und die Popps so wichtig: „Ihre Konzepte schaffen eine Verbindung zwischen Landwirtschaft und Verbraucher*innen, die es dringend wieder braucht!“
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