HC Erlangen feiert erstmals in seiner Vereinsgeschichte einen Auswärtssieg bei einem Top-Team der Liga
Einen optimalen Start in das Hammer-Programm der nächsten Woche erwischte der HC Erlangen am Samstagabend in der Handball-Bundesliga. Noch nie zuvor war es dem HC Erlangen gelungen, Auswärts bei einem Top-Team der Liga zu gewinnen. Doch am 30. Spieltag der Saison 20/21 war es soweit: Weil der HCE über 60 Minuten lang kämpfte bis zum Umfallen, mussten die Rhein-Neckar Löwen dran glauben. Mit 26:30 (16:17) fegten die Franken den Favoriten vom Feld und sorgten mit dem Auswärtssieg für einen historischen Moment in ihrer Vereinsgeschichte. Bester Werfer der Erlanger war Sebastian Firnhaber, der sich sieben Mal in die Torschützenliste eintrug.
In glückliche Gesichter blickte man am Samstagabend beim HC Erlangen. Vorausgegangen waren 60 Minuten Tempohandball, bei dem sich der HC Erlangen mit einem völlig anderen Gesicht präsentierte als zuletzt gegen die Eulen aus Ludwigshafen. Dass der HC Erlangen in der Lage ist vor heimischer Kulisse gegen Top-Mannschaften der Liga zu punkten, bewiesen die Franken in dieser Saison schon gegen Magdeburg und Berlin – Auf einen Auswärtserfolg bei einer Spitzenmannschaft warteten die HCE-Fans jedoch bis dato vergebens. Dabei waren die Voraussetzungen für einen Sieg bei den Rhein-Neckar Löwen alles andere als optimal. Bei den Erlangern fehlten wie in den vergangenen Wochen mit Ivic, Metzner Link, Overby und Ferlin fünf tragende Säulen. Nichtsdestotrotz startete das Spiel mit viel Tempo auf beiden Seiten. Die Löwen gingen zunächst in Führung, aber Sebastian Firnhaber konnte direkt über den Kreis zum 1:1 ausgleichen. Auch wenn Büdel früh die Zeitstrafe sah, konnte der HCE in Unterzahl durch Olsson und Fäth auf 1:3 erhöhen (5.). Die Franken spielten wie ausgewechselt und erwischten einen hervorragenden Start ins Spiel. Weil der HCE in der Abwehr von Beginn an auch sehr gut verteidigte, konnte Daniel Mosindi den Vorsprung auf 1:4 ausbauen. Nach einer starken Parade von Martin Ziemer setzte Olsson per Tempogegenstoß noch einen Treffer drauf und erzielte das 1:5. Ausgebremst wurde der HC Erlangen in der Anfangsphase nur von den beiden Unparteiischen. In den ersten achten Minuten sah der HCE insgesamt vier Mal die Zeitstrafe, sodass die Hausherren in doppelter Überzahl auf 5:6 verkürzen konnten. Erlangen ließ sich aber nicht abschütteln und kämpfte weiter, sodass Olsson und Firnhaber das 6:8 markieren konnten. Die Zuschauer vor den Fernsehern sahen ein schnelles Spiel, in dem der HCE trotz permanenten Zeitstrafen die Nase vorn behielt. Büdel netzte zum 10:12 (19.) ein, doch Groetzki verkürzte aus der rechten Ecke sicher auf 11:12. Der HC Erlangen spielte weiterhin stark in der Abwehr und kam mit viel Tempo in seine Angriffe. Olsson ließ einen hochkarätigen Wurf aus, sodass die Hausherren postwendend auf 12:12 ausgleichen konnten. Michael Haaß legte die Auszeit und spielte ab der 22. Minute immer mal wieder mit dem siebten Feldspieler. Die Maßnahme trug Früchte, denn der Ex-Löwe Steffen Fäth, der einen Sahnetag gegen seinen alten Verein erwischte, schweißte den Ball zum 12:13 in die Maschen von Andreas Palicka. Erst in der 25. Minute konnte der Tabellendritte das erste Mal mit 14:13 die Führung übernehmen, die aber nicht lange Bestand hatte, denn Daniel Mosindi tankte sich sehenswert zum 14:14 durch. Nach einer Parade von Ziemer war es Steffen Fäth, der die Führung der Erlanger wieder herstellte. Beim Spielstand von 16:16 (28.) verteidigten die Franken abermals clever, sodass es ihnen möglich war, in den letzten drei Sekunden vor dem Pausenpfiff durch einen echten Rückraum-Hammer von Nico Büdel mit einer 16:17-Führung in die Pause zu gehen.
Nach dem Seitenwechsel nutzte Erlangen die erste Chance, um sich durch den Treffer von Firnhaber wieder mit zwei Toren abzusetzen. Es dauerte aber nicht lange, bis sich Andy Schmid ebenfalls treffsicher zeigte. Die erste Zeitstrafe des gesamten Spiels für die Löwen gab es in der 33. Spielminute. Die darauffolgende Überzahlsituation konnten die Franken jedoch nicht nutzen. Im Gegenteil: Nach Ballverlust glich Tollbring zum 19:19 aus. Steffen Fäth, der ein bärenstarkes Spiel machte, war aber auch im zweiten Durchgang unaufhaltbar und netzte aus dem Rückraum zum 19:20 ein. Kurz darauf eroberte sich der Mittelblock der Franken den Ball, sodass Firnhaber den Konter zum 19:21 laufen konnte. Nach Anspiel von Büdel machte Olsson direkt danach den Treffer zum 19:22 (40.). Auch in der zweiten Halbzeit stimmte die Körpersprache und die Laufbereitschaft in der Abwehr, sodass sich der HCE abermals den Ball erobern konnte und Simon Jeppsson über die zweite Welle das 19:23 erzielte. Den Vier-Tore-Rückstand nahm das Trainer-Duo der Löwen zum Anlass, um die Auszeit zu legen. Die Löwen erspielten sich zwar einen Siebenmeter heraus, aber hatten die Rechnung ohne Martin Ziemer gemacht. Die Nummer 1 der Erlanger parierte problemlos den Wurf von Andy Schmid und setzte nach einem erfolglosen Angriff seiner Vordermänner direkt noch eine Tempogegenstoß-Parade drauf. Das Angriffsspiel der Erlanger geriet etwas ins Stocken, sodass die Löwen in Überzahl auf 22:23 (50.) verkürzen konnten. Nach neun torlosen Minuten erlöste Jan Schäffer seine Mannschaft mit dem Tor zum 22:24. Auch der Favorit aus Mannheim ließ zwei Chancen aus, sodass Firnhaber mit seinem siebten Treffer das 23:26 (55.) markieren konnte. Martin Ziemer war am Samstagabend eine echte Bank im Erlanger Tor und ebnete mit einer starken Aktion den Treffer von Jeppsson zum 23:27. Fünf Minuten waren noch zu spielen, als die Löwen ihre letzte Auszeit legten und danach den siebten Feldspieler auf die Platte schickten. Max Jäger sah unmittelbar danach die Zeitstrafe, sodass der HCE bis kurz vor Schluss wieder in Unterzahl agieren musste. Da es die Erlanger am 30. Spieltag gewohnt waren in Unterzahl zu spielen, schafften sie es wieder, sich einen Siebenmeter zu erspielen, welchen Sellin sicher zum 24:28 verwandelte. Die Mannschaft von Michael Haaß ließ bis zum Schluss nichts mehr anbrennen, spielte mit viel Ruhe und Übersicht seine Angriffe aus und sicherte sich somit erstmals in seiner Vereinsgeschichte einen Auswärtssieg bei einer Spitzenmannschaft.
„Wir haben heute vor allem kämpferisch eine sehr gute Leistung gezeigt. Wir haben den Sieg am Ende mehr gewollt und einfach alles gegeben was wir hatten und haben immer an uns geglaubt. Wir wussten, dass es heute sehr schwer werden würde und wir nicht der Favorit sind. Dennoch wissen wir, dass wir eine sehr hohe spielerische Klasse haben, wenn wir sie denn aufs Parkett bringen. Wir sind heute sehr zufrieden mit uns“, freute sich Steffen Fäth nach dem Auswärtserfolg.
Zeit zum Durchatmen bleibt dem HC Erlangen nach der Auswärtspartie gegen die Rhein-Neckar Löwen nicht. Nach der Rückkehr nach Erlangen absolviert das Team von Michael Haaß am Montag noch ein letztes Training in seiner heimischen Halle, ehe der HCE-Tross seine Auswärts-Tour fortsetzt und in Richtung Minden (18.05.) und Leipzig (20.05.) aufbricht.
STATISTIK
RHEIN-NECKAR LÖWEN
Tor: Palicka, Katsigiannis
Schmid (5/1), Veigel, Kirkelokke (4), Patrail (1), Tollbring (8/1), Ahounsou (1), Abutovic, Trost, Lagergren, Groetzki (5), Gislason (2), Nielsen, Nilsson
HC ERLANGEN
Tor: Ziemer, Boieck
Sellin (2/2), Jaeger (1), Meschke, Marschall, Fäth (6), Kellner, Firnhaber (7), Büdel (2), Bissel, Mosindi (2), Schäffer (1), Bauer, von Gruchalla, Jeppsson (5), Olsson (4)
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