Erlangen: „Modellförderung in der Sackgasse“ – Clubs kämpfen mit Ungleichbehandlung beim bayerischen Spielstättenförderprogramm

Was im Sommer 2020 so gut begann, nimmt nun in 2021 für bis zu 30 der größten bayerischen

Spielstättenbetreiber voraussichtlich ein böses Ende. Es stehen Rückforderungen von Coronahilfen für

Spielstätten der bayerischen Finanzverwaltung von bis zu 300.000 Euro pro Spielstätte im Raum, was für

Einige das finanzielle Aus bedeuten würde.

Im Sommer legte der Freistaat das deutschlandweit beste Coronahilfs-Programm für Spielstättenbetreiber

auf – Veranstaltern großer Liveclubs sollte schnell und unbürokratisch geholfen werden.

Spielstättenbetreiber konnten für die Monate Juli bis Dezember 2020 mit Hilfe Ihrer Steuerberater eine

Liquiditätslücke errechnen, welche vom Freistaat schnell und unbürokratisch geprüft – und erstattet

wurde. Dieses Procedere und die professionelle Abwicklung waren Deutschlandweit einzigartig.

Fast alle Spielstättenbetreiber reichten also im Sommer/Frühherbst 2020 die Anträge für den Zeitraum Juni

bis Dezember 2020 ein, die Anträge wurden geprüft, die Förderbescheide erstellt und die Hilfen flossen.

Doch dann kam der zweite Lockdown und der Bund bot außerordentliche Wirtschaftshilfen, die

sogenannten November- und Dezemberhilfen für ganz Deutschland an.

Die Spielstättenbetreiber reichten hierfür Anträge ein, gaben ordnungsgemäß an, für November und

Dezember bereits anteilig Hilfen vom Freistaat erhalten zu haben, und diese wurden vom Bund abgezogen.

Kein Antragsteller versuchte, doppelt Hilfen zu beantragen.

 

Und hier beginnt das Problem:

Laut bayerischer Finanzverwaltung wurde für die bayerischen Hilfen ein Förderbescheid für den Zeitraum

Juni bis Dezember ausgestellt. Dieser Bescheid hätte innerhalb eines Monates nach Zustellung geändert

werden können, der jeweilige Spielstättenbetreiber hätte die Monate November und Dezember aus dem

Zeitraum herausnehmen können und alles wäre gut gewesen.

Die Bescheide von 90% der Antragsteller kamen aber in der Regel im September 2020 – hätten also nur bis

Oktober 2020 geändert werden können. Zu diesem Zeitpunkt wusste jedoch das ganze Land nichts von

einem zweiten Lockdown und damit verbundenen November- und Dezemberhilfen.

Die Finanzverwaltung spricht nun von einer sogenannten Überkompensation und verlangt bei

voraussichtlich 30 Spielstätten die bayerischen Hilfen, teilweise zu 100% zurück.

Somit haben wir 2 unterschiedliche Antragsteller für die gleiche bayerische Spielstättenförderung:

  1. Die „Glückspilze“

Wenige Spielstättenbetreiber haben Ihren Hilfsantrag beim Freistaat erst verhältnismäßig spät eingereicht

(als die November- und Dezemberhilfen bereits bekannt waren). Diese konnten den bayerischen

Antragszeitraum noch auf Juli bis Oktober ändern und haben, ohne Angst vor einer bayerischen

Rückforderung haben zu müssen, die bayerischen Hilfen für Juli bis Oktober und November- und

Dezemberhilfen (vom Bund) erhalten – zwei Häkchen in einem Antrag zum zufällig richtigen Zeitpunkt

entscheiden über bis zu 300.000 Euro Rückforderung der bayerischen Behörden – oder nicht?

  1. Die „Pechvögel“

Der Großteil der Spielstättenbetreiber hat eigentlich die Anträge korrekt und fristgerecht eingereicht,

bayerische Spielstättenförderung und November- und Dezemberhilfen erhalten und für November und

Dezember die erhaltene Spielstättenförderung abgezogen, also in Summe keine doppelten Förderungen

beantragt oder erhalten.

Diese Spielstättenbetreiber waren auf Grund der verstrichenen Einspruchsfrist im Herbst jedoch nicht in

der Lage zu erahnen, dass ein zweiter Lockdown naht und staatliche Hilfen aufgelegt werden, die es nötig

machen, die Förderfrist beim bayerischen Spielstättenprogramm auf Juli bis Oktober zu ändern. Diese

Betreiber (und dabei sprechen wir von fast allen relevanten Spielstätten in Bayern) erwarten

Rückforderungen aus Bayern bis zu 300.000 Euro pro Spielstätte.

Doch damit nicht genug: Da dieses bayerische Vorgehen relativ spät im Jahr 2021 kommuniziert wurde,

verpassten die meisten Spielstättenbetreiber, die mit einer Rückforderung konfrontiert sind,

Überbrückungshilfe II für die Monaten September und Oktober 2020 zu beantragen, um den Schaden

wenigstens zu verringern – die Frist zur Einreichung von Überbrückungshilfe II Anträgen ist leider

abgelaufen.

Wie ist das Problem zu lösen?

  • Erste Veranstalter, die sich bereits verwaltungsrechtlich beraten haben lassen, würden mit einer

Musterklage gegen diese Ungleichheit vorgehen.

  • Politisch wäre es wesentlich einfacher, die bayerische Verwaltung über das Verwaltungsrecht dazu zu

bewegen, dass die ursprünglichen Bescheide im Rahmen einer Aufhebung des Verwaltungsaktes

wieder „geöffnet“ werden, um den betroffenen Spielstättenbetreibern die Möglichkeit zu geben, den

Förderzeitraum einheitlich auf Juli bis Oktober 2020 zu ändern. Diese Möglichkeit ist im

Verwaltungsrecht vorgesehen: Bei Eintreten neuer Umstände kann ein rechtskräftiger Bescheid im

Nachhinein geändert/geöffnet werden – wenn ein zweiter Lockdown mit außerordentlichen

Wirtschaftshilfen für die Monate November und Dezember in einer Form, die im weltweiten

Wirtschaftssystem noch nie zuvor existierte, nicht einen neuen Umstand darstellt – was dann ?

Mit dieser Lösung wären alle Spielstättenbetreiber in Bayern gleichermaßen in 2020 gefördert und eine

ungeahnte kulturelle Pleitewelle wäre abgewehrt.

Dies ist unsere Bitte an die bayerische Regierung:

  • bayerische Spielstättenhilfe für alle im Zeitraum Juli bis Oktober 2020
  • Bundeshilfen für November und Dezember

Aus diesem Grund benötigen die bayerischen Spielstättenbetreiber die Hilfe von Politik und Verwaltung,

um durch einen einfachen Verwaltungsakt (das Öffnen der Bescheide) massiven Schaden von den

Spielstätten abzuwenden.

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:

  • Jan-Peter Dinger, Kulturzentrum E-Werk Erlangen, 0170 4839737, jan.dinger@e-werk.de
  • Michael Klein, Spectrum Club Augsburg, 0175 2914260, klein@spectrum-club.de
  • Claus Berninger, Colos-Saal Aschaffenburg 0151 25392374, claus@colos-saal.de
  • Peter Fleming, Harry Klein Club München: 0171 8888137, peter.fleming@harrykleinclub.de
  • Axel Ballreich, Hirsch Nürnberg: 0177 4242961, axel.ballreich@concertbuero-franken.de
  • Bernd Schweinar, Verband für Popkultur in Bayern e.V.: 0171 7858934, bschweinar@popkultur.bayern

Absender:

E-Werk Kulturzentrum GmbH, Fuchsenwiese 1, 91054 Erlangen

Colos-Saal, Roßmarkt 19, 63739 Aschaffenburg

Der Hirsch, Vogelweiherstraße 66, 90441 Nürnberg

Harry Klein Club, Sonnenstraße 8, 80331 München

Spectrum-Club, Ulmer Straße 234a, 86156 Augsburg