Verfassungsgerichtsurteil zum Klimaschutz verpflichtet auch Bamberg
Grüne sehen die Verantwortung des Stadtrats für konsequente Maßnahmen – und zwar jetzt!
In einem Aufsehen erregenden und bahnbrechenden Urteil hat das Bundesverfassungsgericht vor kurzem das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung für teilweise unzulässig und nachbesserungsbedürftig erklärt. Hat das Auswirkungen auch auf Bamberg und die kommunale Ebene?
Die Bamberger Grünen meinen: JA! „Aus dem Urteil geht klar hervor, dass Klimaschutzmaßnahmen langfristig und zuverlässig geplant werden müssen und dass junge Generationen nicht über Gebühr belastet werden dürfen“, stellt Leonie Pfadenhauer fest, klimaschutzpolitische Sprecherin von Grünes Bamberg und jüngstes Mitglied im Bamberger Stadtrat. „Außerdem lässt sich das Ziel, die Erderwärmung auf höchsten 1,5 Grad zu begrenzen, ohne die Kommunen nicht realisieren. Bamberg ist hier der notwendige verlängerte Arm des Bundes.“ Das Urteil verstärke deshalb auch den Druck auf den Stadtrat, so die Grünen-Politikerin: „Unsere Verantwortung auch in Bamberg für das Klima und für das Leben der künftigen Generationen hat das höchste Gericht noch einmal deutlich vor Augen geführt – und ich hoffe, dass das auch verstanden wird.“
Wo es in Bamberg aus grüner Sicht noch hapert, zeigt sich in mehreren Politikfeldern. Die Verkehrswende etwa wurde vom alten Stadtrat einfach ausgesessen. Der Radentscheid beispielsweise wurde 2018 zwar beschlossen, aber nicht umgesetzt. „Wir müssen hier endlich mit vielen weiteren konkreten Maßnahmen Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr stärken“, sagt Christian Hader als mobilitätspolitischer Sprecher. „Wirksamer Klimaschutz ist nur zu machen, wenn neben uns auch andere Parteien endlich mehr Mut in der Verkehrspolitik haben, statt nur gegen alles zu sein, was Veränderung auslöst. Der Status Quo ist keine Lösung!“, so Hader weiter.
Der Bausektor ist die größte Quelle von klimaschädlichem CO2-Ausstoß, weiß Grünen-Stadträtin und Landtagsabgeordnete Ursula Sowa. „Die Kommune kann viel tun, wenn sie den Mumm dazu hat.“ Als Beispiele nennt sie Holzbauweise, PV-Anlagen auf allen neuen Dächern, Niedrigenergiebauten, modulare Bauweisen, Aufstockung von Gebäuden und Sanierung vor Abriss. Gerade wird laut Sowa der Flächennutzungsplan fortgeschrieben. Hier sei darauf zu achten, dass nachverdichtet und kein Flächenfraß am Stadtrand zugelassen wird. „Und wir müssen flächeneffizient bauen. In einer Stadt wie Bamberg können wir uns alte flächenfressende Siedlungsstrukturen oder eingeschossige Gewerbebauten nicht mehr leisten. Großflächige ebenerdige Parkplätze können wir nicht mehr genehmigen, bei den vorhandenen sollten wir eine Aufstockung z.B. mit Wohn- oder Gewerbebauten überprüfen. Und Gärten mit Schottersteinen zuschütten – auch das sollte der Vergangenheit angehören.“
Die vorhandenen wertvollen Grünflächen nicht nur zu erhalten, sondern auch zu verbessern, dafür setzt sich Stefan Kurz als naturschutzpolitischer Sprecher seiner Fraktion ein. Neben Bannwaldschutz und Naturschutzgebiet-Erweiterung auf dem Muna-Gelände will er mehr Bäume in der Stadt und „ein Grünflächenmanagement, das als erste Priorität Lebensraum für Artenvielfalt bieten soll“. Flächenversiegelung will er eindämmen, denn „Bambergs grüne Lungen sind einzigartig für die Frischluftzufuhr und sorgen (noch) für Kühleffekte an heißen Tagen.“
Für den Ausbau Erneuerbarer Energien setzt sich Grünen-Stadtrat Andreas Eichenseher ein. Durch Stadtwerke und das Projekt Mitmachklima sollen insbesondere Photovoltaikpotentiale aktiviert werden, etwa auf den Dächern von Garagenanlagen. Aber auch die künftige Klärschlammverwertung muss nach CO2-Kriterien gewählt werden, „damit wir nicht Millionen in jahrzehntelange CO2–Schleudern investieren“, so Eichenseher. Intergenerationelle Gerechtigkeit heiße aber auch, Böden, Gewässer und Ressourcen zu schonen. Ökologische und regionale Landwirtschaft soll daher gefördert werden, „etwa durch Bio-Regio-Quoten in der Schulverpflegung oder einen Vorrang von ökologischen Betrieben bei der Verpachtung von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen.“ Gegen Einwegmüll aus dem to-go-Bereich setzt Eichenseher insbesondere auf die neue Kampagne „1wegfrei bis ´23“ sowie die geforderte Verpackungsabgabe.
An vielen Stellen seien der Stadt jedoch die Hände gebunden, erklärt Leonie Pfadenhauer, weil den Kommunen gesetzliche Grundlagen fehlen. Als Beispiele führt sie eine generelle PV-Pflicht und den Bau von Windkraftanlagen an. Auch ihr Kollege Eichenseher sieht der Kommune die Hände gebunden, wenn sie etwa Feuerwerke oder Papier-Werbesendungen beschränken will. „Finanziell sind die Möglichkeiten der Kommune leider ebenso begrenzt“, so Pfadenhauer, „aber das, was wir anpacken können, sollten, nein, müssen wir endlich tun.“ Sie hofft, dass das höchstrichterliche Urteil auch die 32 nichtgrünen Kolleg*innen im Stadtrat zum Umdenken bewegt.
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