Gemeinsam unter einem Dach mit Schwalben, Mauerseglern und Spatzen
Mehr Nistplätze für Vögel in der Stadt – Klimaeffizientes Bauen und Sanierung im Einklang mit dem Gebäudebrüterschutz
Es zwitschert und sirrt wieder in den bayerischen Städten und Dörfern: Gebäudebrüter wie Rauch- und Mehlschwalben sind aus ihren Überwinterungsgebieten in Afrika zurückgekehrt und beziehen ihre Nester an und in unseren Gebäuden. Mauersegler können ab sofort wieder am Himmel über dem Freistaat bei ihren rasanten Flügen beobachtet werden. Auch sie suchen in diesen Tagen ihre angestammten Nistplätze auf, um mit dem Brüten zu beginnen. Sie und andere gebäudebrütende Vogelarten wie Spatzen, Turmfalken und Dohlen sind auf die Lebensräume an unseren Häusern angewiesen. „Durch Sanierungen, Gebäudeabrisse und klimaeffiziente Bauweisen, stehen die sogenannten Gebäudebrüter vor immer größeren Herausforderungen bei der Wohnungssuche, da Nischen und Hohlräume an Fassaden oder unter dem Dach verschlossen werden“, sagt die LBV-Gebäudebrüterexpertin Corinna Lieberth. Doch mit vorausschauender Planung kann jede und jeder sowohl den Gebäudebrütern als auch den Interessen der Bauenden gerecht werden.
Die Turmfalken, Dohlen und Haussperlinge im Freistaat haben sich die lange Reise in den Süden in den meisten Fällen erspart und ihre Brut ist bereits in vollem Gange. Ob Fernreisende oder Daheimbleiber: Diese Vögel sind auf einen Brutplatz an oder in einem Gebäude angewiesen. „Damit kommen sie dem Menschen näher als viele andere Vogelarten, da sie sich quasi einen Wohnsitz mit uns teilen“, sagt die Gebäudebrüterexpertin Corinna Lieberth. Ohne Brutplätze an Gebäuden können sich diese Arten nicht fortpflanzen und ihre Bestände sinken. „Das ist der Grund, warum fast alle Gebäudebrüterarten auf der Vorwarnliste oder sogar der Roten Liste gefährdeter Vogelarten in Bayern stehen“, so Corinna Lieberth weiter.
Neben dem Verlust vieler bestehender Nistplätze entstehen beim Neubau von Gebäuden heutzutage selten neue Brutmöglichkeiten. „Grund hierfür ist eine geschlossene, klimaeffiziente Bauweise, ohne Nischen, Lücken und Hohlräume. Aus der Sicht des Klimaschutzes eine begrüßenswerte Entwicklung, die allerdings die Gebäudebrüter vor echte Herausforderungen bei der Wohnungssuche stellt“, so Corinna Lieberth.
Die Pflicht bei anstehenden Haussanierungen auf Gebäudebrüter und gebäudebewohnende Fledermausarten zu achten, liegt beim Bauenden. Denn das Bundesnaturschutzgesetz gewährt nicht nur den Vögeln selbst Schutz, sondern auch ihren Brutplätzen. Auch außerhalb der Brutzeit dürfen diese nicht zerstört oder verschlossen werden. „Um Verstöße gegen geltendes Recht zu vermeiden, empfiehlt es sich frühzeitig vor Baubeginn zu prüfen, ob das Gebäude von Gebäudebrütern oder Fledermäusen bewohnt wird. Gutachterbüros oder Naturschutzverbände können Hausbesitzer dabei unterstützen“, empfiehlt Corinna Lieberth. So können im schlimmsten Fall auch Mehrkosten durch Bauverzögerungen verhindert werden.
Der strenge Schutz dieser Arten soll aus Sicht des LBV jedoch nicht verhindern, dass Gebäude energieeffizient saniert werden. Mit vorausschauender Planung können Sanierung und Gebäudebrüter gleichermaßen berücksichtigt werden. Können Brutplätze bei einer Sanierung nicht erhalten werden, beantragt man eine Ausnahmegenehmigung bei der Höheren Naturschutzbehörde. Diese legt dann im Zuge der Genehmigung Maßnahmen zum Schutz der Vögel und zum Ersatz der Brutplätze fest. „Denn fallen die Brutplätze für eine Brutsaison oder sogar für immer weg, kann das für das lokale Vorkommen der Vögel schwerwiegende Auswirkungen haben, die bis hin zum Erlöschen der Population reichen“, so Corinna Lieberth. Aus Sicht des bayerischen Naturschutzverbands LBV kann auch bei einem Hausneubau eine klimafreundliche Bauweise und der Gebäudebrüterschutz in Einklang gebracht werden und es können neue Brutplätze, beispielsweise durch integrierte Nisthilfen, geschaffen werden.
Bei Fragen rund um den Gebäudebrüterschutz im Zusammenhang mit Bauvorhaben beraten die LBV-Gebäudebrüterexpertinnen Corinna Lieberth und Sylvia Weber im Projekt „Der Spatz als Botschafter der Stadtnatur“, das vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert wird.
Weitere Informationen finden sich auf der Projektwebseite www.botschafter-spatz.de.
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