Bayerns bekanntester Brachvogel doch noch am Leben

Großer Brachvogel
Großer Brachvogel

Verschollener, besenderter Brachvogel im Freistaat wieder entdeckt – „Schnepfingerin“ braucht jetzt Rücksicht und Ruhe

Vor einem Jahr verschwand ein vom LBV besenderter Großer Brachvogel auf seinem Rückflug aus Südspanien. Laut den Senderdaten vermuteten die Artenschützer*innen, dass der Vogel vermutlich gewildert worden sei. Nun gibt es ein unerwartetes Wiedersehen mit dem Brachvogel-Weibchen namens „Schnepfingerin“. „Der totgeglaubte Vogel wurde am 8. März ohne Sender unversehrt in seinem Brutgebiet bei Dingolfing-Landau fotografiert und konnte eindeutig identifiziert werden“, sagt Verena Auernhammer, LBV-Projektleiterin Brachvogel-Telemetrie.

Joachim Aschenbrenner, Vorstand der LBV-Kreisgruppe Dingolfing-Landau, meldete den markierten Brachvogel im Königsauer Moos. „Dank der Fotos des Brachvogels mit den auffälligen Farbringen an den Beinen und einer gut erkennbaren Ringnummer konnten wir die Identität der ‚Schnepfingerin‘ zu 100 Prozent bestätigen“, sagt Auernhammer weiter. Für die Artenschützer*innen des LBV ist die Rückkehr des Brachvogelweibchens in ihrem angestammten Revier eine große Überraschung.

 Im Frühjahr vergangenen Jahres gab es eindeutige Indizien, dass der besenderte große Brachvogel namens „Schnepfingerin“ während seines Rückfluges von Spanien in das beheimatete Brutgebiet gewildert wurde. „Am 19. März 2020 hat der Vogel laut Senderdaten seine Flugroute abrupt verlassen. Die Bewegungen endeten am Rande eines kleinen spanischen Dorfes nahe der Pyrenäen. Von dort aus übermittelte der Sender weiter seine Daten, allerdings ohne sich zu bewegen“, berichtet Verena Auernhammer. Die Auswertung der Bewegungsmuster hat ein völlig unnatürliches Verhalten in den letzten Stunden gezeigt, bevor der Sender zum Stillstand kam. „Durch die plötzlich entgegengesetzte Richtung und dem Erliegen des Senders in einem bebauten Grundstück gingen wir von einem unnatürlichen Tod aus“, so die LBV-Projektleiterin.

Das LBV-Team hat viele Möglichkeiten unternommen, um eine Erklärung im Fall der „Schnepfingerin“ zu finden. „Wir sprachen mit Naturschutzorganisationen sowie spanischen Rangern und nutzten persönlichen Kontakte, um den Sender zu bergen und Antworten zu finden. Leider gelang dies trotz genauer Standortdaten des Senders nicht“, sagt Verena Auernhammer. Während der Corona-Pandemie war es schwierig jemanden zu finden, der sich vor Ort diesem Fall annehmen konnte. Auch lag der Sender in einem umzäunten, privaten Grundstück, das nicht ohne Weiteres betreten werden konnte. „Alle Indizien wiesen auf einen Abschuss der ‚Schnepfingerin‘ hin, da die Bewegungsmuster und der zeitliche Rahmen keine anderen Vermutungen zuließen“, so die LBV-Projektleiterin.

Doch wie können sich die Artenschützer*innen das Verschwinden und die Rückkehr des Wiesenbrüter jetzt erklären? „Solang der verlorene Sender nicht geborgen werden kann, können wir nur vermuten, wie der Sender abrupt in entgegengesetzter Richtung der Flugroute, in einem mehr als 17 km entfernten Dorf, landen könnte. Vielleicht hat der Vogel den Sender im Flug oder bei einer Zwischenlandung verloren, und ein Spaziergänger hat ihn gefunden und mit ins Auto genommen“, sagt Verena Auernhammer.

Weitere mögliche Erklärungen sind, dass der Sender bei einem Kampf mit einem Greifvogel erbeutet wurde oder dass der Brachvogel doch gezielt gefangen wurde und ohne den Sender entwischen konnte. Eindeutig lässt sich aber nicht mehr bestätigen, wie es dem Brachvogel auf seiner Rückreise ergangen ist.

Nun bereitet sich die „Schnepfingerin“ zusammen mit ihrem Partner, wie die anderen Brachvögel, auf die bevorstehende Brutsaison vor. „Unsere Brachvögel haben einen sehr aufreibenden Flug hinter und eine anstrengende Brutsaison vor sich. Das Wichtigste für diese vom Aussterben bedrohte Vogelart ist jetzt Ruhe und Rücksicht“, sagt die LBV-Projektleiterin. Jede*r kann seinen Teil zum Erhalt der Wiesenbrüter beitragen, indem man die Brutgebiete bis Juni nicht betritt, auf den öffentlichen Wegen bleibt, ausgewiesenen Beobachtungsmöglichkeiten nutzt und vor allem Hunde an die Leine nimmt. „Jegliche Störung in den Brutgebieten ist zu vermeiden, damit die Erfolgsgeschichte der bedrohten Brachvögel weitergehen kann“, so Auernhammer.