Impfstoffverlust in Oberfranken: Tim Pargent lässt selbstgemachten Zeitdruck nicht als Ausrede gelten

Tim Pargent. Foto: Hans-Jürgen Herrmann
Tim Pargent. Foto: Hans-Jürgen Herrmann

Im Fall der zum Jahreswechsel 2020/21 durch Transportfehler unbrauchbar gewordenen Corona-Impfdosen verteidigt das bayerische Gesundheitsministerium den Erwerb handelsüblicher Kühlboxen ohne Ausschreibung des Angebots weiterhin.

In der Antwort auf eine schriftliche Anfrage des stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen Landtagsfraktion, Tim Pargent, und weiteren Grünen Abgeordneten betont Gesundheitsminister Holetschek, dass die Boxen vom Typ „Dometic CoolFreeze CF 11“ vom Hersteller als „Medikamentenkühlboxen“ angeboten und für den „ordnungsgemäßen Transport des Impfstoffs“ geeignet seien.

Dies steht im Widerspruch zur Gebrauchsanweisung und zur Aussage einer Sprecherin der Herstellerfirma, die auf Nachfrage des Spiegel klarstellte, dass das Produkt nicht für den Transport von Arzneimitteln kreiert worden sei*. Die verwendeten Boxen sind zwar in der Lage, den Inhalt sicher unter der kritischen Temperaturschwelle von 8°C gekühlt zu halten, im Winter ist jedoch auch die zu tiefe Abkühlung auf unter 2°C ein Problem, das Boxen mit einem reinen Kühlmechanismus nicht lösen können.

„Insgesamt sind in Bayern bis Ende Februar fast 3.000 Impfdosen durch unsachgemäßen Transport bzw. Handhabung verlorengegangen. Es war unverantwortlich, im bayerischen Winter Transportboxen einzusetzen, die den Impfstoff lediglich kühlen und nicht vor dem Wiedereinfrieren schützen können.“, kritisiert Tim Pargent die Verantwortlichen. „Auch im Ministerium traut man sich mittlerweile nicht mehr, die angeschafften Boxen auf Nachfrage uneingeschränkt zu empfehlen. Intern scheint man den Fehler also erkannt zu haben.“

Neben der Nichteignung der Boxen, die den Freistaat netto rund 93.000€ gekostet haben, kritisiert Pargent außerdem die Tatsache, dass die Bestellung der Boxen nicht öffentlich ausgeschrieben wurde: „Im Ministerium beruft man sich hier auf den großen Zeitdruck. Das mag Ende November gestimmt haben, war aber auch selbstverschuldet. Dass eine funktionierende Infrastruktur aufgebaut werden muss, war zum fraglichen Zeitpunkt schon seit Monaten klar. Die eigene Untätigkeit kann aber keine Entschuldigung für Fehlentscheidungen sein, die aus selbstgemachtem Zeitdruck heraus getroffen wurden.“

* https://www.spiegel.de/wirtschaft/bayern-impfstofftransport-in-der-campingbox-a-25df82a1-8e9a-4c71-8efa-0b9ab9df9917