Nachsorgeprogramm Bunter Kreis Erlangen betreut frühgeborene und kranke Kinder
Bei schwer kranken Kindern kommt es nicht nur auf die medizinische Behandlung im Krankenhaus an – auch danach brauchen betroffene Familien oft noch Unterstützung. Diese bietet der „Bunte Kreis Erlangen“: Bis zu drei Monate nach der Krankenhausentlassung ist das Nachsorgeteam für die Kinder und ihre Eltern da. Der Bunte Kreis ist in der Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Joachim Wölfle) des Universitätsklinikums Erlangen untergebracht. Eine vorherige Behandlung am Uni-Klinikum ist aber keine Voraussetzung dafür, die sozialmedizinische Nachsorge in Anspruch nehmen zu können. Im Schnitt betreut der Bunte Kreis parallel 50 bis 60 Familien in Erlangen und in den Landkreisen Erlangen-Höchstadt und Forchheim. Nicole und Thomas Heid aus Gräfenberg sind bis heute dankbar für dieses Angebot und hätten es für sich und ihre Kinder am liebsten noch viel länger genutzt.
Nicole Heid brachte Emma und Lucas im Oktober 2019 in der Frauenklinik (Direktor: Prof. Dr. Matthias W. Beckmann) des Uni-Klinikums Erlangen zur Welt – viel zu früh, in der 27. Schwangerschaftswoche. Jeder der beiden Zwillinge wog nur etwas über 900 Gramm. Zehn Wochen lang mussten Bruder und Schwester in der Neonatologie des Uni-Klinikums Erlangen überwacht und aufgepäppelt werden, bis sie endlich nach Hause durften. „Wir wussten ja, dass es Frühchen werden“, sagt Nicole Heid. „Aber dass sie dann so früh kamen – das war schon ein Schock und sehr belastend.“ Zu Hause in Gräfenberg ging es für Nicole Heid und ihren Mann Thomas dann „so richtig los“, wie er sagt. „Wir waren erst mal ganz auf uns allein gestellt, hatten viele Fragen und waren einfach unsicher im Umgang mit den Kindern“, erklärt der Vater der Zwillinge.
Notfall oder falscher Alarm?
„Beim ersten Kind ist für Eltern sowieso alles neu“, weiß Ingrun Löwe, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im Bunten Kreis. „Und dann waren es bei der ersten Schwangerschaft von Nicole Heid gleich Zwillinge, die auch noch zu früh kamen.“ Drei Monate lang besuchte Ingrun Löwe Familie Heid zu Hause – jede Woche einmal. „Es geht uns immer darum, den Eltern bei der Versorgung ihrer Kinder Sicherheit zu vermitteln“, sagt sie. Denn der reine Mutter- oder Vaterinstinkt reiche bei Frühchen anfangs manchmal nicht aus. „Diese Kinder neigen wegen ihrer Unreife oft zu Unruhezuständen und es fällt ihnen schwerer, sich selbst zu regulieren“, erklärt Ingrun Löwe. „Man braucht viel Feingefühl, um ihre Signale richtig zu deuten und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.“ Bei Lucas sahen die Ärzte in den ersten Monaten immer wieder die Gefahr, dass er Krampfanfälle erleiden könnte. Er bekam deshalb einen Überwachungsmonitor mit nach Hause, der seine Vitalzeichen maß – Herzfrequenz, Atmung, Sauerstoffsättigung im Blut. „Es war wichtig, den Eltern zu erklären, wie sich Neugeborenenkrämpfe äußern, wie sie auf einen Alarm der Überwachungseinheit reagieren sollen und wann der Kleine welche Medikamente bekommt“, zählt Ingrun Löwe auf. Lucas’ Zwillingsschwester Emma erlitt parallel einen Nabelbruch und brauchte ebenfalls besondere Aufmerksamkeit.
Bezugspersonen für Kinder – und Eltern
Wie bei Nicole und Thomas Heid agiert der Bunte Kreis immer direkt vor Ort, bei den Familien zu Hause. So schafft er einen sanften Übergang von der Klinik in die gewohnte Umgebung. Das Team aus Pflegefachkräften, Ärzten, Psychologen, Sozialpädagogen und Therapeuten unterstützt bei der Pflege, der Medikamentengabe, der Ernährungsplanung und der Organisation des Alltags. Dabei beurteilen erfahrene Betreuerinnen wie Ingrun Löwe auch, ob sich die Kinder altersgerecht entwickeln. „Wir haben einen ganzheitlichen Blick auf das gesamte Familiensystem und arbeiten mit den Eltern vertrauensvoll zusammen“, sagt sie. Vater Thomas Heid bestätigt das: „Wir konnten Frau Löwe wirklich immer anrufen – selbst bei Kleinigkeiten. Wenn sich die Haut der Kinder kalt anfühlte und wir Angst hatten, dass ihre Körpertemperatur zu niedrig ist; wenn sie auf einmal unerklärlichen Ausschlag bekamen oder viel weinten. Frau Löwe kam immer, so schnell es ging, vorbei.“ Mutter Nicole Heid erinnert sich: „Einmal bin ich sehr erschrocken, als der Inhalt von Lucas’ Windel dunkelgrün war. Frau Löwe hat mich beruhigt und mir erklärt, dass das mit den Eisentabletten zusammenhängen kann, die er bekommt.“ Nicht nur dieses medizinische Wissen, auch der emotionale Beistand durch den Bunten Kreis bedeutete Nicole und Thomas Heid sehr viel. „Frau Löwe war für uns mehr als nur eine fachliche Ansprechpartnerin für die Kinder“, berichtet Thomas Heid. „Sie hat immer auch gefragt, wie es uns Eltern geht, hat sich viel Zeit genommen und uns alle dadurch entspannt.“ Ingrun Löwe ergänzt: „Bei Frühgeburten erleben wir es oft, dass in der Nachsorge die ganzen schwierigen Erfahrungen und Ängste aus der Schwangerschaft und aus dem Krankenhaus wieder hochkommen. Das ist ja alles bis dahin noch gar nicht verarbeitet worden. Hier hören wir zu und vernetzen die Mütter und Väter gegebenenfalls mit Therapeuten.“
Neben Frühchen begleitet der Bunte Kreis auch schwer und chronisch kranke Kinder bis 14 Jahre. Unter bestimmten Voraussetzungen haben sie nach einem längeren Krankenhausaufenthalt Anspruch auf eine Nachsorge. Diese wird entweder noch in der Klinik veranlasst oder später von einem niedergelassenen Kinderarzt verschrieben. Die Krankenkassen tragen weitestgehend die Kosten. „Es gibt aber auch Nachsorgemaßnahmen, die die Kassen nicht übernehmen – solche Dinge sind dann spendenfinanziert“, erklärt Dagmar Kußberger, Fallmanagerin und Koordinatorin im Bunten Kreis. „Dazu zählt unter anderem Material, um die Eltern besser anleiten zu können, zum Beispiel eine therapeutische Puppe oder ein Tragetuch.“ Der Bunte Kreis hilft, unterschiedliche Akteure miteinander zu vernetzen und weitere Hilfen anzubahnen – etwa bei sozialrechtlichen Fragen und weiterführenden Therapien. „Wohnt eine Familie weiter weg, kümmern wir uns darum, dass sie stattdessen an eine andere wohnortnahe Nachsorge angebunden wird“, so Dagmar Kußberger.
Lucas und Emma geht es heute sehr gut – sie sind inzwischen anderthalb Jahre alt. „Wir hätten die Nachsorge gern länger als drei Monate in Anspruch genommen“, gesteht Nicole Heid. „Als uns Frau Löwe nicht mehr regelmäßig besucht hat, war das eine ganz schöne Umstellung für uns und wir mussten erst mal allein klarkommen. Mittlerweile haben wir aber mehr Routine. Bei Fragen rufen wir unseren Kinderarzt an, der wirklich sehr gut ist – oder die Oma.“
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