Bayerische Forstverwaltung: Frühlingserwachen im Wald

Frühlingshafter Buchenwald nach Laubaustrieb an den Steilhängen zum Wiesenttal bei Gößweinstein (Foto: Klaus Stangl)
Frühlingshafter Buchenwald nach Laubaustrieb an den Steilhängen zum Wiesenttal bei Gößweinstein (Foto: Klaus Stangl)

Von liebestrunkenen Spechten, Biotopbäumen und der Artenvielfalt im Wald

Endlich wieder ins Freie! Nach den grauen Wintertagen zieht es die Corona-geplagten Menschen in Scharen in die Natur. Die stärker werdende Kraft der Sonne spüren, Frischluft atmen, das neuerliche Erwachen des Lebens fühlen – das spendet Trost in einer düsteren Zeit, die wir so noch nicht erleben mussten.

Einer der wohl magischsten Orte, der sich jetzt größter Beliebtheit erfreut, ist unser heimischer Wald. „Das ist noch Natur pur“, sagt sich so mancher Besucher, wenn er auf mächtige Bäume blickt und die Vögel zwitschern hört. Tatsächlich ist unser Wald in unserer stark beanspruchten Kulturlandschaft eine der naturnächsten Landnutzungsformen – auch wenn der Mensch den Wald über viele Jahrhunderte hinweg nach seinen Bedürfnissen geformt hat und ihn regelmäßig nutzt.

Erfreulicherweise zählt unser Wald noch immer zu den artenreichsten Lebensräumen, die es bei uns gibt. Er ist ein Hotspot der Biodiversität, wie man heutzutage sagt. Allein ein durchschnittlicher Buchenwald, wie es ihn z.B. an den steilen Bergflanken zum Wiesenttal hin gibt, kann bis zu 6.000 Arten beherbergen – alle Vögel, Blumen, Moose, Pilze, Käfer, Schmetterlinge usw. miteingerechnet.

Schauen wir uns eine Gruppe seiner faszinierendsten Bewohner etwas näher an: unsere Spechte. Kaum ein Waldbesucher kann sich dem Klang der schnellen Klopflaute im Frühling entziehen, wenn liebestrunkene Spechtmännchen die Damenwelt anzulocken versuchen. Ein wahrer Trommelreigen wird abgefeuert, denn schließlich gilt: wer am lautesten klopft, erregt die meiste Aufmerksamkeit. Hat der größte Marktschreier endlich die Dame seiner Wahl erobert, wird nicht lange gefackelt und Nachwuchs gezeugt.

Doch halt: zuvor muss ein passendes Eigenheim her! Da der Immobilienmarkt für Spechtwohnungen alles andere als üppig ist, müssen Papa und Mama Specht selbst für ein Zuhause sorgen. Also wird nochmals geklopft – diesmal so, dass die Späne nur so fliegen und solange bis eine bequeme und stabile Baumhöhle angelegt ist. Dort legt das Spechtweibchen seine Eier hinein und zieht die Spechtbrut groß. Meist dauert der Hausbau zwei bis drei Wochen und bedeutet einen enormen Kraftaufwand. Manchmal geht es auch schneller. Spechte sind nämlich nicht auf den Kopf gefallen! Sie suchen sich gerne Stammstücke für ihre Höhlen aus, die besonders weiches Holz haben, z.B. weil dort schon Pilze das Holz vorzersetzt haben. Wächst dann über der neuen Höhle auch noch ein Pilzkörper aus dem Baum, hat Familie Specht obendrein ein kostenloses Dach, das den Regen abhält.

Spechte sind einzigartige Architekten von Baumhöhlen und als solche für den Lebensraum Wald ökologisch unersetzlich. Andere höhlenbrütende Tiere wie Fledermäuse, Eulen, Siebenschläfer, Hohltauben oder Hornissen warten oft mit Ungeduld darauf, dass Höhlen frei werden, die sie dann selbst besiedeln können. Bisweilen entstehen regelrechte Kämpfe um den kostbaren Brutraum.

Bäume mit Höhlen stellen für den Naturschutz und die Artenvielfalt unentbehrliche Strukturen dar. Sie zählen zu den sogenannten Habitatbäumen – wobei Habitat am besten mit Lebensraum übersetzt werden kann. Zu diesen gehören beispielsweise auch Bäume mit Greifvogelhorsten, Pilzkonsolen, großen Faulstellen und Efeuüberzug.

Um den Wert dieser besonderen Bäume weiß man schon lange. Sie zu erkennen, zu fördern und zu erhalten sollte jedem, der im und mit dem Wald arbeitet, ein Anliegen sein. Wie bewusst sich dieser Aufgabe auch der Staat ist, lässt sich daran ermessen, dass dem Waldbesitzer für den Erhalt derartiger Bäume auf Antrag Prämien gezahlt werden. Hierfür wurde sogar ein eigenes Förderprogramm ins Leben gerufen (s. nachstehender Infoblock).

Wald ist eben nicht nur ein Ort, an dem Holz produziert wird. Wald ist auch Lebensstätte unzähliger wildlebender Tiere und Pflanzen – optimal zu erleben besonders jetzt im Frühling, wenn die Natur zu neuem Leben erwacht.

Informationen zum Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald)

Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) honoriert mit Zuwendungen freiwillige Leistungen, welche private oder körperschaftliche Waldbesitzer (inkl. Rechtler) sowie Träger überbetrieblich durchgeführter Maßnahmen für den Natur- und Artenschutz in ihren Wäldern erbringen. Das VNP Wald ist im Privatwald und im Körperschaftswald ein wichtiger Baustein für die Umsetzung naturschutzfachlicher Ziele. Interessierte Waldbesitzer können sich an die Bayerische Forstverwaltung wenden. Zuständige Stelle im Raum Bamberg und Forchheim ist das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg mit seiner forstlichen Außenstelle in Scheßlitz (Neumarkt 20, 96110 Scheßlitz; Tel.: 0951 8687 2000). Die jeweils zuständigen Forstrevierbeamten können auch bequem mit dem Bayerischen Försterfinder ausfindig gemacht werden (https://www.stmelf.bayern.de/wald/waldbesitzer_portal/025776/index.php).

Neben dem Erhalt von Biotopbäumen (bis zu 220 € je Baum als Einmalzahlung, wenn der Baum 12 Jahre stehen bleibt) können u.a. auch der Erhalt von Totholz und Altholzinseln sowie ein Nutzungsverzicht und die Schaffung lichter Waldstrukturen gefördert werden. Die Beratung ist kostenlos.

Klaus Stangl, Forstdirektor
Leiter der Fachstelle für Waldnaturschutz in Oberfranken