Hochschule Hof: Automatisierungs-Knowhow für Hochschulen in Tunesien
„Wissen zeigt Wirkung“
Mit rund 3.600 Studierenden gehört die Hochschule Hof eher zu den kleinen Hochschulen in Bayern. Da klein aber auch fein bedeuten kann, spielt die oberfränkische Hochschule jetzt bei einer Kooperation mit tunesischen Hochschulen ihre langjährige Expertise im Bereich Wissens- und Technologietransfer aus.
Um die Aussichten auf eine Anstellung junger Studierender in Tunesien zu verbessern und dank der Unterstützung der Bayerischen Staatskanzlei sowie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), ging im Herbst 2019 das Projekt „Unterstützung der Beschäftigungsfähigkeit junger Studierender“ (ALEJE) an den Start. Das Handlungsfeld Wissenstransfer zielt darauf ab, dass Hochschul-Dozenten in Tunesien dazu befähigt werden, dass sie selbst tunesische Studierende u.a. an verschiedenen elektronischen Geräten – hier vor allem an Siemens Modulen mit einem weltweiten Standard – schulen können. Nur 20-30% eines studentischen Abgangsjahres finden aktuell einen Platz im tunesischen Arbeitsmarkt. Gründe hierfür finden sich sowohl in der ungenügenden Ausbildungsqualität wie auch in den Marktbedingungen: Die jungen Leute finden einfach keine Stelle.
Werbefilm für die tunesischen Studierenden
Bayern unterstützt
Tunesien ist langjähriges Partnerland des Freistaats und ein Schwerpunktland des Afrikapakets der Staatsregierung, mit dem der Freistaat zu Stabilität und Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent beitragen möchte. Um zu unterstützen fördert die Bayerische Staatskanzlei hierzu verschiedene Projekte. Professor Valentin Plenk, digitalaffiner Ingenieur und selber Forscher an der Hochschule Hof bringt sein besonderes Wissen im Rahmen des ALEJE-Projektes zum Thema Automatisierungstechnologie ein: „Es ist ein Projekt der Entwicklungszusammenarbeit und passt zu einer Hochschule, die international wahrgenommen wird und vernetzt ist“, so Plenk, der selber Französisch spricht und so die Schulungen in Eigenregie übernehmen kann.
Physische Pakete, virtuelle Schulungen
Ursprünglich war geplant, die Trainings vor Ort in Tunesien durchzuführen. Doch Corona hat einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht. Stattdessen sind Online-Schulungen angesagt. Zur Vorbereitung wurden in Deutschland viele Pakete mit „Hardware“ aus Fischer Technik und Siemens-Modulen gepackt, die bereits an allen sechs Hochschulen von den rund dreißig Dozenten Anfang des Jahres ausgepackt wurden. „Die Direktoren und das Lehrpersonal, beispielsweise aus Kasserine in Zentraltunesien, sind glücklich über das technische Equipment mit einem Gesamtwert von rund 35.000 Euro sowie das praxisorientierte TIA-Training unter Leitung von Prof. Plenk“, berichtet Franka Strößenreuther von der GIZ. Die Schulung selber fand Ende Februar aufgrund der geltenden Coronabeschränkungen in einem Hotel in Tunis statt. Über große Leinwände wurde der Stream von Deutschland nach Tunesien gebracht und gleichzeitig auch aufgezeichnet, damit weitere Lehrkräfte auch später noch davon profitieren können.
Stärke bei Automatisierungstechnik
TIA steht für „Totally Integrated Automation“ und bedeutet, dass das tunesische Lehrpersonal im Zusammenspiel von Automatisierungskomponenten, der beteiligten Software sowie weiterer Systeme geschult wird. Gerade Tunesien ist ähnlich wie Oberfranken stark im Bereich Automatisierungstechnik. Das liegt u.a. auch daran, dass sich eine große Anzahl an Automobilzulieferern – darunter Firmen aus Deutschland und Bayern – inzwischen in dem Maghreb-Staat angesiedelt haben und dort auch produzieren. Dafür werden vermehrt spezialisierte Fachkräfte aus den Bereichen Mechatronik und Elektrotechnik benötigt.
Das Projekt begleitet die sechs tunesischen Hochschulen dabei, die Studienbereiche Mechatronik, Elektrotechnik und allgemeine Managementkompetenz praxisorientiert auszurichten. Für Valentin Plenk ist es ein wichtiges didaktisches Ziel, dass die Ausbilder die Studierenden lehren, wie sie selbstständig lernen und Zukunftsaufgaben lösen. „Ich lege vor allem Wert auf Interaktion und Teilnahmeformate, statt auf Frontalunterricht“, so Plenk.
Katalysatoren für ökonomische Entwicklung
Von bayerischer Seite gibt es insgesamt fünf Projekte, deren Förderbescheide Staatsminister Dr. Florian Herrmann in München Anfang September an die GIZ, die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft, die Hans-Seidel-Stiftung und die Fraunhofer-Gesellschaft e.V. übergeben hat.
Die Partnerhochschulen in Tunesien sind in ihrer Vorreiterrolle von maßgeblicher Bedeutung für eine langfristig verbesserte Beschäftigungsfähigkeit der Studierenden. Sie fungieren als Katalysatoren für eine nachhaltige sozioökonomische Entwicklung in den Projektregionen und ermöglichen Berufsperspektiven für junge tunesische Studierende. Professor Plenk: „Mit den Schulungsmaßnahmen schaffen wir praxisnahe Studienprogramme “ und ergänzt: „Zudem kann im Rahmen des Projektes die Grundlage für die Etablierung längerfristiger Partnerschaften zwischen Hof und Tunesien gelegt werden, das würde mich sehr freuen.“ Ganz im Sinne eines interkulturellen Wissens- und Technologietransfers.
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