Universität Bayreuth macht sehr gute Erfahrungen mit Online-Prüfungen
Als erste staatliche Universität Deutschlands hat die Universität Bayreuth im Sommersemester 2020 im Rahmen eines Pilotprojekts bereits Online-Fernklausuren mit der Software WISEflow durchgeführt. Dabei wurden 25 ausgewählte Klausuren online und als freiwillige Alternative zu zeitgleich stattfindenden Präsenzprüfungen angeboten. Rechtzeitig zur Prüfungsphase des Wintersemesters wurden nun die Ergebnisse der Evaluation dieser ersten Online-Klausurphase veröffentlicht. Die Auswertung zeigt, dass Studierende das Angebot sehr gut annahmen. Knapp drei Viertel der an der Befragung teilnehmenden Studierenden waren überzeugt, „mit der Wahl der Online-Klausur eine gute Entscheidung getroffen zu haben“. Die Ergebnisse der Evaluation fließen in die aktuelle Bewertung und Planung von Präsenz- und Online-Prüfungen an der Universität Bayreuth ein.
Schon im Sommersemester 2020, als das Ausmaß der Pandemie noch nicht abzusehen war und die Inzidenzzahlen vergleichsweise niedrig waren, startete an der Universität Bayreuth eine Untersuchung, wie Studierende Online-Klausuren annehmen. So wurden im Sommersemester 2020 in den Wirtschaftswissenschaften 25 Fernklausuren mit der Software WISEflow durchgeführt. Die Studierenden hatte dabei immer die Wahlmöglichkeit, ob sie an der Online-Klausur oder an der zeitgleich stattfindenden und inhaltlich identischen Präsenzprüfung teilnehmen möchten. Im Durchschnitt lag der Anteil der Studierenden, die sich für die digitale Prüfung entschieden haben, bei 26,4 %.
Die Gesamtzufriedenheit mit den Online-Klausuren in der Projektphase war groß: 73,6 % der Befragten waren der Auffassung, „mit der Wahl der Online-Klausur eine gute Entscheidung getroffen zu haben“ und würden sich (sehr) wahrscheinlich wieder dafür entscheiden. Des Weiteren stimmten 67,2 % der Teilnehmenden der Aussage „Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich anderen Studierenden Online-Klausuren (anstelle von Präsenzklausuren) empfehlen werde“ zu oder voll zu.
„Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens ist es erfreulich, dass unsere Studierenden das Angebot der Online-Klausuren so gut annehmen. Hervorheben möchten wir auch die Leistung der engagierten Lehrpersonen, die dieses Angebot überhaupt erst ermöglichen“, erklärt Prof. Dr. Friedrich Sommer, Studiendekan Wirtschaft. Im aktuellen Wintersemester hat sich die Zahl der angebotenen Online-Klausuren in den Wirtschaftswissenschaften bereits verdoppelt. Ebenso steigt der Anteil der Studierenden, die sich bei einer Wahlmöglichkeit für die Online-Klausur entscheiden: Gerade bei Klausuren mit größeren Teilnahmezahlen liegt der Anteil der Online-Klausur-Teilnehmenden momentan bei knapp 60 %.
Die Evaluation der Pilotphase hat gezeigt, dass oftmals gesundheitliche Gründe sowie standortbedingte Aspekte ausschlaggebend für die Wahl der Online-Klausur waren. Doch auch unabhängig von Corona sahen die Teilnehmenden Vorzüge in dieser Prüfungsform. Häufig wurden emotionale und kognitive Vorteile, wie eine verbesserte Konzentration sowie weniger Nervosität und Prüfungsangst genannt.
Die Online-Prüfungssoftware ermöglicht eine ortsunabhängige Durchführung von Klausuren. So können nicht nur Studierende in häuslicher Quarantäne teilnehmen und Studierende, die für die Prüfung eine weite Anfahrt nach Bayreuth auf sich nehmen müssten, sondern auch Studierende, die sich derzeit im Ausland aufhalten und teilweise keine Möglichkeit haben, die Prüfung vor Ort abzulegen. Durchgeführt wird die Online-Klausur in einer geschützten Lockdown-Browserumgebung, die Authentifizierung und Beaufsichtigung der Studierenden findet per Webcam statt. Eine rechtliche Grundlage hierfür bildet die Bayerische Fernprüfungserprobungsverordnung (BayFEV).
„Das Thema Datenschutz ist in dem Zusammenhang von größter Bedeutung“, erklärt Prof. Dr. Torsten Eymann, Vizepräsident für Digitalisierung und Innovation an der Universität Bayreuth. „Wir gewährleisten dies einerseits durch zertifizierte Technik und andererseits dadurch, dass wir die Freiwilligkeit der Teilnahme sicherstellen.“ Letzteres geschieht durch eine in jeder Hinsicht gleichwertige Prüfungsalternative, bei der keine Daten gesammelt werden, beispielsweise bei einer zeitgleichen Präsenzprüfung in Räumlichkeiten der Universität. „Die parallele Durchführung zweier Prüfungen bringt neue Herausforderungen mit sich“, gibt Prof. Dr. Martin Huber, Vizepräsident Lehre und Studierende an der Universität Bayreuth, zu bedenken und fügt an: „Auch müssen wir berücksichtigen, dass nicht jedes Fach und nicht jedes Prüfungsthema für Online-Prüfungen gleichermaßen geeignet ist.“
Auch an anderen Fakultäten der Universität Bayreuth kommt die Online-Klausur-Software mittlerweile zum Einsatz. Grundsätzlich ist es den Lehrenden überlassen, welche Form von Prüfung sie anberaumen. Die Hochschulleitung der Universität Bayreuth möchte aber allen Prüfenden, die dies in ihrem Fach für sinnvoll und umsetzbar halten, das Abhalten von Online-Prüfungen ermöglichen. Vizepräsident Eymann prognostiziert: „An der Universität Bayreuth werden Online-Prüfungen auch ‚nach Corona‘, also ohne Pandemie wichtig bleiben.“
Publikation:
Die vollständige Evaluation der Pilotphase, die auch die Gründe aufzeigt, die nach Ansicht der Studierenden gegen eine Wahl von Online-Klausuren sprechen, wurde kürzlich veröffentlicht:
Diel S., Eymann T., Kollenda M., Sommer F., Storz S. (2021) Online-Klausuren – Rahmenbedingungen, Implementierung und Evaluation. In: Dittler U., Kreidl C. (eds) Wie Corona die Hochschullehre verändert. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32609-8_20
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