IHK Oberfranken: Wirtschaft und Politik im virtuellen Gespräch

Planungssicherheit als oberstes Gebot

Die Folgen der Corona-Pandemie und der staatlichen Beschränkungen auf die oberfränkische Wirtschaft, aber auch Strategien für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Oberfranken standen im Mittelpunkt einer Videokonferenz des Präsidiums der IHK für Oberfranken Bayreuth mit den fünf oberfränkischen CSU-Bundestagsabgeordneten.

IHK-Präsidentin Sonja Weigand. Foto: Privat

IHK-Präsidentin Sonja Weigand. Foto: Privat

Die Vertreter der Wirtschaft machten zunächst deutlich, dass die Corona-Pandemie zwar vor allem den Einzelhandel, das Gastgewerbe und die personenbezogenen Dienstleister belastet, die negativen Auswirkungen der staatlichen Beschränkungen aber auch Unternehmen anderer Branchen beträfen. Nach einem schwierigen Jahr 2020 sei man mit viel Hoffnung auf Besserung in das neue Jahr gestartet. „Die Hoffnung weicht vielerorts aber zunehmend der Frustration“, so IHK-Präsidentin Sonja Weigand. Von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaft seien Planungssicherheit, Rechtssicherheit und Zukunftsperspektiven. Darüber hinaus stehe die Frage nach der Finanzierung der umfangreichen Hilfsmaßnahmen im Raum. Steuererhöhungen müssten hier ausgeschlossen, das Belastungsmoratorium strikt umgesetzt werden. Im Rahmen einer Umfrage beim IHK-Ehrenamt habe man 136 persönliche Botschaften an die Politik aufgenommen und den Abgeordneten zugeleitet.

Neben Bundestagsvizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich nahmen an der virtuellen Gesprächsrunde auch Staatssekretär Thomas Silberhorn sowie die Abgeordneten Hans Michelbach, Dr. Silke Launert und Emmi Zeulner teil. Sie zeigten viel Verständnis für die Sorgen der Wirtschaft und erläuterten auch einzelne Unterstützungsmaßnahmen im Detail. In keinem Land der Welt erfahre die Wirtschaft in der Corona-Krise eine derartige Unterstützung, betonte Michelbach. Für Dr. Hans-Peter Friedrich braucht die Politik in der jetzigen Phase gerade die Beispiele aus der Praxis, um die richtigen strategischen Entscheidungen für den Weg aus der Krise zu finden. Den Unternehmen müsse man nun realistische Öffnungsperspektiven und Planungssicherheit geben. Das gelte auch für den aktuellen Fall der Grenzschließungen zur Tschechischen Republik, die viele Grenzpendler betreffe und damit zahlreiche Unternehmen vor allem in Grenznähe erheblich belaste. Er fordert eine schnelle Öffnung des Einzelhandels, um Schaden auch für die oberfränkischen Innenstädte abzuwenden.

Unabhängig von der aktuellen Krise hat die IHK vier zentrale Zukunftsthemen identifiziert, in denen sich die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft entscheiden werde. So nannte IHK-Vizepräsident Dr. Heinrich Strunz (Rehau) den Ausbau von leistungsstarken Infrastrukturen in allen Bereichen als Grundvoraussetzung für den Anschluss an die Märkte. Dabei gehe es nicht nur um die Verkehrswege, sondern vor allem auch um die digitale Infrastruktur und den Ausbau der Forschungslandschaft. Ein Fördergefälle zur Tschechischen Republik im Rahmen der EU-Regionalförderung gelte es unbedingt zu vermeiden. Ein weiterer Punkt ist laut IHK-Vizepräsident Dr. Michael Waasner (Forchheim) die Bewältigung der anstehenden Transformationsprozesse in der Wirtschaft. Exemplarisch nannte er die Digitalisierung, die Zukunft der Automobilwirtschaft und die Bewältigung der Energiewende. Hier müsse der Staat Schlüsseltechnologien vorantreiben, Forschung und Entwicklung in Oberfranken fördern und das Umfeld für Unternehmen wettbewerbsfähig erhalten.

Zwar habe die Corona-Krise die Fachkräftesicherung in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund treten lassen, doch bleibe das Thema eine der größten Herausforderungen der Zukunft, wie IHK-Vizepräsident Michael Möschel (Kulmbach) betonte. Dank Kurzarbeit sei der Arbeitsmarkt im Jahr 2020 weitgehend stabil geblieben. Sorge mache allerdings die Entwicklung der Ausbildungszahlen. So habe die IHK 2020 einen Rückgang der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse von fast 20 Prozent verzeichnen müssen. Da die oberfränkischen Unternehmen ihre Fachkräfte fast ausschließlich über die eigene betriebliche Berufsausbildung rekrutierten, werde die Fachkräftelücke ab 2025 deutlich zunehmen. Die Förderung der Beruflichen Bildung nannte Möschel eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Nicht zuletzt muss aus Sicht von IHK-Präsidentin Sonja Weigand (Bamberg) das Unternehmertum mit seinen Werten und seiner Verantwortung für die gesamte Gesellschaft wieder stärker in den Fokus politischer Entscheidungen rücken. „Gerade die Wirtschaft in Oberfranken ist geprägt von mittelständischen, familiengeführten Unternehmen, die durch die aktuell bestehenden Einschränkungen oft an die Grenze der Belastbarkeit kommen. Weitere finanzielle Lasten und Beschränkungen würden sich langfristig negativ auf die Sicherung des Unternehmensbestandes und die Unternehmensnachfolge auswirken. Unternehmertum ist Leidenschaft und soll auch künftigen Generationen Perspektiven geben“, so Präsidentin Weigand.