Abfallentsorgung im Steinbruch bei Gräfenberg: Stellungnahme des BUND Naturschutz
BN und Bürgerinitiative fordern Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung
Seit 2018 liegt ein Antrag der Fa. Bärnreuther+Deuerlein beim Landratsamt Forchheim vor, mit dem im bisherigen Kalksteinbruch nördlich von Gräfenberg auch belastete Abfälle wie Gleisschotter oder Bauschutt in erheblichen Mengen zur Renaturierung verwendet werden können. Material, das in anderen Bundesländern recycelt oder deponiert werden muss. Bisher war dort nur die Verfüllung von Bodenaushub und Abraum zugelassen.
Weil Recherchen der „Interessengemeinschaft Steinbruch“ aus Gräfenberg (IGS), der örtlichen Bürgerinitiative, zeigten, dass der Steinbruch im Karstgebiet nach unten nicht natürlicherweise abgedichtet ist wie bei manchen Tongruben und eine „Störungszone“ in den Unterlagen nicht weiter untersucht wurde, fordern BN und IGS nun die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Das Landratsamt verneinte bisher die Pflicht zur Vorlage solch‘ einer Prüfung. Ab einer Fläche von 25 ha ist diese zwar gesetzlich vorgeschrieben, die Regierung von Oberfranken überließ die Entscheidung darüber jedoch dem Landratsamt.
Einig sind sich BN und IGS, dass auch künftig nur unbelasteter Bodenaushub und die geogen gleichartig belasteten Böden sowie Abraummaterial zur Renaturierung der abgebauten Bereiche des Steinbruchs verwendet werden sollen.
Bei einem mehrstündigen Strategiegespräch Ende Januar – coronakonform als Videokonferenz durchgeführt – kamen die Beteiligten aus dem BN und der IGS zum Ergebnis, hier künftig enger zusammenzuarbeiten. Auch Rechtsberatung einer in Immissionsschutzrecht, Abfall- und Naturschutzrecht kompetenten Kanzlei soll eingeholt werden. Der IGS gegenüber gab das Landratsamt Forchheim Unterlagen erst nach Monaten heraus und lässt Akteneinsicht – unter Verweis auf Corona – derzeit nicht mehr zu.
„Wir sind sehr besorgt über die möglichen Auswirkungen auf Grund- und Oberflächenwasserbereiche unterhalb des Steinbruchs, wie Brunnen, Quellen oder Oberflächengewässern wie z. B. die Kalkach, weil beantragt wurde, die Verfüllmenge deutlich zu erhöhen und künftig vor allem auch belasteten Abfall einzulagern. Die Steinbruchfirma hat – vor der Genehmigung – bereits den Einbau einer Sorptionsschicht erprobt, die für eine Aufstufung der Kategorie des Verfüllmaterials hilfreich wäre. Das lässt sich wohl nicht verhindern, aber es lässt vermuten, dass hier bereits vorab Zusagen gemacht wurden, dass es mit der Genehmigung schon klappen werde“, so Reinhard Fischer, Sprecher der IGS.
„Gerade die vermehrten Niederschlagsmengen der letzten Tage bringen wieder viele Quellen rund um das Gebiet zum Vorschein. Es handelt sich hier um ein sensibles Ökosystem. Eine voreilige Genehmigung des Antrags könnte einen langfristigen, irreversiblen Schaden dieses Systems verursachen,“ so Dr. Kathrin Meinhardt, Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Gräfenberger Oberland.
„Es ist nicht erstaunlich, dass die Bürgerinitiative IGS dieselben negativen Erfahrungen macht wie der BN, wenn es um Transparenz bei der Genehmigung von Steinbrüchen und Sandgruben geht. In Sachen Sandabbau Kleinsendelbach wird der BN seit Jahren immer wieder hingehalten. In Gräfenberg geht es aber zusätzlich um die Verfüllung grundwassergefährdender Stoffe. In einem Karstgebiet ist da größte Sorgfalt geboten,“ so Dr. Ulrich Buchholz, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Forchheim.
„Das Vertrauen in sachgerechte Entscheidungen der Behörden am Landratsamt hat auch durch die rechtswidrigen Zustände bei den Kanu-Genehmigungen an der Wiesent gelitten. Deshalb schauen wir auch hier genauer hin“, so Buchholz.
„Unsere Deponie-Fachleute haben sich die geplante Verfüllung angesehen und kamen zum Ergebnis, dass hier eine erhebliche Änderung mit Gefahren für die Umwelt vorläge. Dafür ist aus ihrer Sicht eine Umweltverträglichkeitsprüfung vonnöten. Da im Steinbruch ein Vorkommen des europäisch geschützten Uhus nachgewiesen ist, muss die Genehmigungsbehörde auch eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung verlangen. Beides liegt unseres Wissens derzeit nicht vor. Eine Genehmigung ist deshalb derzeit nicht möglich“, so Tom Konopka, Oberfranken-Referent des BN.
Grundsätzlich fordert der BN wie das Umweltbundesamt eine stärkere Wiederverwertung von mineralischen Bauabfällen, wie vom Kreislaufwirtschaftsgesetz her vorgesehen. Man kann problemlos Beton schreddern und wieder für den Bau einsetzen. Auch Gleisschotter muss nicht deponiert, sondern kann recycelt werden.
Genehmigungsantrag
Die Fa. Bärnreuther+Deuerlein Schotterwerke GmbH & Co. KG aus Postbauer-Heng (Lkr. Nürnberger Land) betreibt den Kalksteinbruch bei Gräfenberg mit derzeit ca. 30 Hektar Gesamtfläche nach Genehmigung des Landratsamtes Forchheim. Verschiedene Erweiterungsgenehmigungen liegen seit 1997 vor. 2006 wurde verfügt, dass der westliche Teil des ausgebeuteten Steinbruchs in Teilen mit Aushubmaterial der Kategorie A (Z0-Material) verfüllt werden darf. Dies hatte das damals zuständige Wasserwirtschaftsamt Bamberg gefordert. Etliche Auflagen für eine ökologische Nachfolgenutzung wurden damals erlassen.
Ende 2018 beantragte die Steinbruchfirma nach § 16 Abs. 1 BImSchG (Bundes-Immissions-Schutz-Gesetz) eine Ausweitung der Verfüllmenge auf 2,5 Mio. Kubikmeter gesamt (150.000 t/Jahr) und die Erlaubnis, auch belastetes Material der Kategorie C1 (bis Z1.2-Material) ablagern zu können. Offiziell begründet damit, dass der Bodenaushub von Baumaßnahmen aus Gräfenberg und Umgebung natürlicherweise (geogen) belastet ist und dort nur mit Sondergenehmigung abgelagert werden dürfe.
Das nun zuständige Wasserwirtschaftsamt Kronach sieht kein Problem in der Zulassung von Z1.2-Material und gab 2019 eine Stellungnahme ab, dass die Steinbruchsohle eine hohe Schutzfunktion gegenüber dem Grundwasser erfüllen würde, obwohl eine Stellungnahme des WWA Bamberg eine geringe Schutzwirkung attestiert. Das WWA Kronach beruft sich auf einen hydrogeologischen Bericht der Fa. hekatechnik GmbH, der im Auftrag der Fa. Bärnreuther+Deuerlein erstellt wurde. Ein unabhängiges Gutachten liegt nicht vor. Ob es überhaupt einen nachgewiesenen Bedarf für diese Abfallentsorgung gibt, ist unklar.
Kritik am Genehmigungsverfahren
Das Genehmigungsverfahren läuft am Landratsamt Forchheim nach Immissionsschutzrecht. Das ist üblich bei der Genehmigung von Steinbrüchen oder Sandgruben (außer Quarzsand). Auch die Verfüllung wird üblicherweise hier geregelt.
Der ehrenamtlich tätige BN wird bei solchen Verfahren üblicherweise leider nicht beteiligt. Er hat das als anerkannter Naturschutzverband immer wieder bemängelt, weil beim Gesteinsabbau zahlreiche Umweltbelange betroffen sind: Landschaft, Arten, Grundwasser, Staubimmissionen, Verkehr und Lärm. Es handelt sich um ein kompliziertes Regelungsgeflecht, oft hilft nur das EU-Recht, überhaupt Informationen über das Vorhaben zu bekommen.
Die IG Steinbruch wurde Mitte 2020 gegründet, nachdem das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht worden war. Ihr wurden erst zwei Monate nach Antrag vom Landratsamt die Akteneinsicht gewährt, eine weitere wird derzeit aufgrund des harten Lockdowns abgelehnt.
Der vom Landratsamt für den 11.11.2020 bereits angekündigte Erörterungstermin hat bislang nicht stattgefunden.
In zahlreichen Gesprächen mit dem Gräfenberger Bürgermeister, dem Landratsamt, dem Wasserwirtschaftsamt, Sachverständigen und Juristen und auch mit dem Steinbruchbetreiber hat die IGS Informationen eingeholt. Mit zwei Faltblättern wurde die örtliche Bevölkerung informiert.
Durch die Aufklärung der Gräfenberger Bevölkerung sind 151 kritische Einwendungen im Verfahren abgegeben worden. Auch die BN-Kreisgruppe Forchheim gab eine kritische Stellungnahme ab und forderte die Umweltverträglichkeitsprüfung. Die IGS sieht in dem Antrag auch eine Missachtung des bayerischen „Verfüll-Leitfadens“, einer weiteren bayerischen Besonderheit gegenüber Bundesrecht.
Neueste Kommentare