GEW Oberfranken: „Wechselunterricht statt Distanzunterricht – Nix Halbes und Nix Ganzes, dafür aber gefährlich!“
Das Kultusministerium hat entschieden: Unabhängig von Inzidenzwerten geht es für zukünftige Abiturient*innen, für Abschlussklassen der FOS/BOS und der Schulen zur sonderpädagogischen Förderung sowie der Berufsschulen und Fachakademien ab nächster Woche in den Wechselunterricht. Also: Abstand, Mund-Nasen-Bedeckung und ganz viel Lüften. Verstehen können diese Entscheidung viele Beteiligte nicht. Unzählige Nachfragen und Meldungen erreichten die GEW Bayern.
Sowohl Eltern als auch Lehrkräfte berichten, dass gerade bei älteren Schüler*innen der digitale Unterricht gut funktioniert hat und nun angesichts der Mutationen Sorgen um die Gesundheit vorherrschen. Hinzu kommt, dass viele Lehrkräfte auf digitales Lernen umgestellt haben, nicht selten Hunderte Euro für Laptop, Dokumentenkamera usw. investiert haben und froh sind, das nutzen und anwenden zu können, was in den letzten Monaten erarbeitet wurde. Jetzt heißt es wieder umstellen.
„Aus unserer Sicht ist die Öffnung zu diesem Zeitpunkt ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und den Arbeitsschutz, vor allem angesichts der neuen hochansteckenden Mutationen. Nachvollziehen kann das von den Lehrkräften kaum jemand, vor allem weil es ja auch Konsequenzen für die restlichen Klassen hat: Lehrerinnen und Lehrer, die in den Präsenzunterricht zurückmüssen und bislang aus dem Homeoffice ihren Unterricht gehalten haben, können die niedrigeren Klassen meist nur aus dem Schulgebäude heraus unterrichten “, so die GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale. Sie weist darauf hin, dass die Leitungskapazitäten vieler Schulen dafür nicht ausreichen und fügt an: „Zu befürchten ist: Die Abschlussklassen haben geteilten Präsenzunterricht, also nur die Hälfte, die anderen Klassen aber eher sporadischen Distanzunterricht, weil Netz und Technik in den Schulen regelmäßig versagen.“
Gerade für die Schulform FOS/BOS hat die Ankündigung massive Folgen. Denn hier sind sehr viele Schüler*innen nun wieder im Präsenzunterricht. Dort sind es nicht wenige Abschlussklassen, sondern wie beispielsweise in einer Nürnberger FOS siebzehn Klassen. Grundsätzlich stellt sich die Bildungsgewerkschaft die Frage, ob hier die richtige Priorität gewählt wird. Es ist den Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern schwer vermittelbar, warum in Bayern in Supermärkten und im ÖPNV eine FFP2-Maskenpflicht herrscht, dies in Schulen aber anscheinend nicht notwendig ist.
Florian Kohl, stellv. Vorsitzender der GEW, sagt: „Eigentlich hatte die KMK vorgesehen, gemäß Stufenplan vor allem die Jüngsten als erstes wieder in den Präsenzunterricht zu bringen – was ja Sinn machen würde: Digitale Lernangebote sind gerade für die Jüngsten viel schwerer umzusetzen. Jetzt schickt man trotz sehr unsicherer Infektionslage diejenigen in den Wechselunterricht, die wohl die besten Voraussetzungen haben, um auf Distanz lernen zu können und die sich nachweislich leider genauso schnell infizieren wie Erwachsene. Es geht scheinbar um Prüfungen und Noten, die man unbedingt einholen muss, weil man vom normalen Plan nicht abweichen will. Man spielt Russisch Roulette, mal wieder.“
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