Schlüsselfeld statt Uganda: Henry Terbrüggen engagiert sich als Bundesfreiwilliger im Rettungsdienst
Eigentlich sollte es Uganda sein. Dort wollte Henry Terbrüggen in einem Regionalkrankenhaus seinen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst absolvieren und so die Zeit nach dem Abitur nutzen, um Erfahrungen zu sammeln und zu helfen. Doch dann kam Corona, eine Ausreise nach Afrika war damit nicht mehr möglich. Eine kurzfristige Alternative in Deutschland musste her. Der 20-jährige Kölner fand sie in der Rettungswache Schlüsselfeld: Rettungsdienstleiter Thomas Roschmann war zur selben Zeit kurzfristig auf der Suche nach jemanden, der seinen Bundesfreiwilligendienst in der Wache ableisten wollte. „Ich habe mich umgeschaut, was ich in Deutschland im medizinischen Bereich ohne großen Vorlauf machen kann. Der Platz in Schlüsselfeld war frei, das hat gepasst“, erzählt Henry Terbrüggen.
Statt Ostafrika nun also Oberfranken, ländliche Gegend statt weite Welt: Doch Henry Terbrüggen macht nicht den Eindruck, als ob er sich im Drei-Franken-Eck nicht wohl fühlt. Bereits vor dem Start in sein Jahr als Bundesfreiwilliger (Bufdi) ist der 20-Jährige von Köln nach Oberfranken umgezogen, um mit der Ausbildung zum Rettungssanitäter zu beginnen. Im Bildungszentrum der Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin Fürth hat er den Fachlehrgang zum Rettungssanitäter absolviert, außerdem jeweils 160 Stunden Praktikum in der Rettungswache sowie im Klinikbereich in der Steigerwaldklinik Burgebrach und in der Juraklinik Scheßlitz. Und auch die Abschlussprüfung liegt inzwischen erfolgreich hinter ihm: „Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, wenn man ohne medizinische Kenntnisse von Null startet, die Lernkurve ist da ganz schön steil“, so Terbrüggen. Seine Abiturprüfungen liegen noch nicht lange zurück, so war er zumindest das Lernen noch gewohnt.
Rettungsdienstleiter Thomas Roschmann freut sich, dass sein junger Kollege ebenso wie drei weitere ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter der oberfränkischen Johanniter die Prüfung erfolgreich bestanden hat: „Eine höhere Qualifizierung bedeutet ja auch, dass wir unsere Patienten noch besser versorgen können, deswegen ist Weiterbildung für uns ein wichtiges Thema.“
Nach Lehrgang und Praktika ist Henry Terbrüggen inzwischen im Alltag angekommen: „Es ist spannend, das Gelernte nun auch in der Praxis anwenden zu können. Auf dem Krankentransportwagen hat man viel Patientenkontakt und ist von morgens bis abends unterwegs und gefordert“, erzählt der frischgebackene Rettungssanitäter. Als Bufdi ist er zunächst als Fahrer auf dem Krankentransportwagen unterwegs, er unterstützt die Kollegen beim Transport und der Fahrt von Patienten zum Beispiel zur Dialyse oder ins Krankenhaus, er betreut die Patienten, hört zu und redet mit ihnen. Dabei fällt es den Patienten zwar noch auf, dass er aus Köln und nicht aus Franken kommt, doch auch ans Fränkische hat er sich inzwischen gewöhnt.
Auch wenn ihm die Pandemie die Entscheidung abgenommen hat: Der 20-Jährige bereut es nicht, dass sein Weg nach Schlüsselfeld statt nach Uganda geführt hat. „Statt gleich zu studieren, wollte ich erstmal Erfahrung sammeln und etwas für die Gesellschaft tun, statt nur aufs Geld zu schauen“, so Henry Terbrüggen. Genau dies ermöglicht der Bundesfreiwilligendienst, den man nicht nur im sozialen, sondern auch im ökologischen, kulturellen oder sportlichen Bereich leisten kann – und dies anders als beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) unabhängig vom Alter. Zusätzlich zur Ausbildung zum Rettungsdiensthelfer oder je nach Eignung auch zum Rettungssanitäter erhalten Bufdis wie Henry Terbrüggen ein monatliches Taschengeld, am Ende ein qualifiziertes Zeugnis sowie direkte Einblicke in einen spannenden Beruf: Und der eine oder andere findet so sogar ein Betätigungsfeld, dem er treu bleiben will , so wie Henry Terbrüggen: „Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden und könnte mir inzwischen auch gut vorstellen, noch eine Ausbildung zum Notfallsanitäter zu machen.“
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