Geschlossene Bibliotheken stellen Bayerns Wissenschaftler*innen und Studierende vor große Probleme
Noch Anfang Dezember hatte Wissenschaftsminister Sibler stolz verkündet, dass der Leihverkehr „to go“ in Bayerns Bibliotheken weiterhin möglich sein wird. Umso überraschender ist es, dass die bayerischen Universitätsbibliotheken mit Beginn des verschärften Lockdowns Mitte Dezember nicht nur die Präsenznutzung, sondern auch den kontaktfreien Leihverkehr komplett einstellen mussten.
Während seit vergangener Woche bestellte Waren im Einzelhandel vor Ort wieder abgeholt werden können („click & collect“), bleiben die Bibliotheken in Bayern weiterhin geschlossen. Angesichts dessen, dass viele Hochschulbibliotheken bereits seit Sommer einen kontaktfreien Leihverkehr eingerichtet haben, ist diese Entscheidung umso unverständlicher. „Aus Sicht von uns Wissenschaftler*innen ist die aktuelle Konstellation schwer nachzuvollziehen. Wir sollen weiterhin regulär den Unterricht und Prüfungen abhalten sowie Forschungsprojekte erfolgreich zu Ende führen, haben aber kaum Zugriff auf die dafür notwendigen Arbeitsmittel oder die entsprechende Infrastruktur“, so Dr. Eduard Meusel, Sprecher der Fachgruppe Hochschule und Forschung der GEW Bayern.
Bereits im Lockdown im Frühjahr 2020 war der Leihverkehr an Bayerns Universitätsbibliotheken für zwei Monate komplett ausgesetzt. Dabei sind Wissenschaftler*innen auf einen umfassenden Zugang zu Forschungsliteratur für ihre wissenschaftliche Arbeit angewiesen. Für die große Zahl der befristetet beschäftigten Wissenschaftler*innen ist die Situation besonders prekär. Eine automatische Verlängerung von Verträgen, Projektmitteln oder Stipendienlaufzeiten, um Corona-bedingten Verzögerungen abzufedern, ist für sie nicht vorgesehen, sondern hängt vom guten Willen des Arbeitsgebers ab.
Aber auch für Studierende stellen die geschlossenen Bibliotheken ein Problem dar. Denn für viele Student*innen sind Bibliotheken wichtige Lernräume und ist der Zugang zu Studienliteratur eine unumgängliche Voraussetzung für die Prüfungsvorbereitung und für Abschlussarbeiten.
Theresa Hofmann, Sprecherin der Studierenden in der GEW Bayern, kritisiert die Kopflosigkeit des Wissenschaftsministeriums in der Pandemie: „Statt sich um eine längerfristige Perspektive für Universitäten bei steigenden Infektionszahlen zu kümmern, möchte das Wissenschaftsministerium die Pandemie aussitzen. Das Ministerium erwartet von Studierenden und Lehrenden, die schon im zweiten Semester in Folge im Ausnahmezustand arbeiten, den Universitätsbetrieb weiterhin am Laufen zu halten. Ist es dann nicht das Mindeste, den Zugang zu notwendigen Arbeits- und Lernmitteln zu gewährleisten?“
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