Landkreis Forchheim: Schau mir in die Augen Kleines oder warum der Blickkontakt zu Kindern so wichtig ist
Kommunikation funktioniert über Sprache, Gestik und Mimik. Kinder sind Meister darin die Gefühle ihres Gegenübers anhand des Gesichtes zu lesen und zu spiegeln. Wenn Babys in ein Gesicht schauen, das ihnen zulächelt, empfinden sie Freude und lächeln zurück. Schauen sie in ein Gesicht was Ärger oder Missmut zeigt, werden sie verunsichert und fangen möglicherweise sogar an zu weinen. Blicken sie in ein Gesicht was gar nicht reagiert, werden sie stark verunsichert. Geht es uns Erwachsenen nicht ähnlich? Erleben kleine Kinder eine neue Situation, die sie beunruhigt wie ein lautes Geräusch oder eine neue Umgebung, suchen sie den Blick ihrer Eltern, um sich zu orientieren. Wenn die Eltern durch ihre Mimik und Stimmlage signalisieren, dass alles in Ordnung ist, werden die Kinder beruhigt und können in ihrem Spiel fortfahren.
Was passiert wenn die Eltern nicht auf die Signale ihres Kindes reagieren, weil sie gerade mit ihrem Handy beschäftigt sind, über Kopfhörer Musik hören oder in ein Buch vertieft sind? „Neulich sah ich einen jungen Vater mit großem Kopfhörer einen Kinderwagen schieben. Gleichzeitig tippte er fleißig an einem Tablet, das am Kinderwagen befestigt war. Währenddessen tobte im Kinderwagen ein Kind und der Vater reagierte nicht darauf“, berichtet Jutta Strom-Haensch, selbst Mutter mehrerer Kinder und verantwortlich für Kindertagespflege und Familienbildung im Landratsamt Forchheim.
Was ist da passiert? Die Grundlage für eine gute Eltern-Kind Bindung ist feinfühliges Verhalten. Das bedeutet, dass Eltern die Signale ihres Kindes wahrnehmen, benennen und angemessen darauf reagieren. Kindliche Signale wie Laute, weinen, rufen können nur wahrgenommen werden, wenn Eltern ihr Kind beobachten und es auch hören. Ist ein Kind z.B. irritiert durch Lärm, müde oder hungrig, können die Eltern das Kind beruhigen, indem sie es in den Arm nehmen und tröstende Worte sprechen. Passiert dies öfter nicht, lernen die Kinder: ich werde nicht gehört, kein Mensch kümmert sich um mich. Am Anfang werden die Kinder lauter und protestieren lautstark. Reagiert dann immer noch keiner, geben die Kinder auf und verstummen, und haben sich schließlich in den Schlaf geschrien.
Eindrucksvoll zu sehen ist dies in dem Original-Video „Still Face Experiment“ (Bewegungsloses-Gesicht-Experiment) von dem Entwicklungspsychologen Edward Tronick, University of Massachusetts, USA: https://www.youtube.com/watch?v=apzXGEbZht0 (mit deutschen Untertiteln: https://www.youtube.com/watch?v=lUy3bgUmrCU) Und die Ablenkung von Blick, Mimik und Gestik durch Smartphones wirkt ähnlich: https://www.youtube.com/watch?v=bOR7jId8wYk.
Was haben diese Kinder gelernt? Ich werde nur gehört, wenn ich richtig laut schreie. Meine Bedürfnisse werden nicht gesehen. Wie kann sich das Erlebte auswirken? Diese Kinder versuchen mit allen Mitteln, die Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Sie werden auch später – wenn sie älter sind – keinen Erwachsenen um Rat bitten wenn sie etwas benötigen, denn sie wissen ja, sie werden nicht gehört. Im Alltag mit kleinen Kindern oder Babys ist der Tag immer viel zu kurz, um alles zu erledigen. Oft ist man gezwungen, Mehreres gleichzeitig zu erledigen und hat nicht die Zeit, sich nur mit seinem Kind zu beschäftigen. Ein Tipp: Nutzen sie die Sprachfunktion ihres Handys, hören Sie Musik über Lautsprecher und telefonieren sie anstatt mit WhatsApp zu schreiben. So kann ihr Kind ihr Gesicht und ihre Mimik sehen, es hört ihre Stimme.
Wenn Sie viel Zeit mit dem Stillen verbringen, nutzen Sie Hörbücher. So haben Sie immer ihr Kind im Blick und können auf seine Bedürfnisse gut reagieren. Nutzen Sie das Wickeln und die Essenssituationen für intensive Kommunikation. Kinder mit einer sicheren Bindung sind häufig entspannt, weinen wenig, spielen konzentrierter und machen allen viel Freude! Wenn Sie mit ihren Kind sprechen, schauen Sie es direkt an, weil es zum Sprechen lernen auch Ihre Lippenbewegungen benötigt. Autorin: Jutta Strom-Haensch, Kindertagespflege und Familienbildung im Amt für Jugend und Familie, Landratsamt Forchheim
Quellen – Bücher zum Weiterlesen: Dr. med. Karl Heinz Brisch, SAFE® – Sichere Ausbildung für Eltern Dr. Margot Sunderland, Die neue Elternschule, Kinder richtig verstehen und liebevoll erziehen Links zu den o.g. Buchrezensionen: https://www.socialnet.de/rezensionen/9253.phpbzw. https://www.socialnet.de/rezensionen/4695.phpWeitere Links: Webinar mit Dr. med. Karl Heinz Brisch, „Baby oder Smartphone? – Webinar“ unter https://www.youtube.com/watch?v=uMYMBdsDPFYTrailer für die DVD-Serie von Dr. Sunderland (engl.) unter https://www.youtube.com/watch?v=ydcu24qW
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