Aus der Gaustadter Leserpost: Bund begünstigt Fehlentwicklungen in der lokalen Verkehrspolitik
Bamberg-Gaustadt, 28. November 2020
Sehr geehrte Damen und Herren!
„Fridays for Future” hatte neuen Schwung in die mehr als drei Jahrzehnte alte Klimadebatte gebracht. Der Autoindustrie war dank ihrer Betrugssoftware unfreiwillig gelungen, das Problem der verkehrsbedingten Luftverschmutzung mit ihren die Gesundheit schädigenden Folgen wieder ins Bewußtsein zu bringen. Und die harten Maßnahmen, welche die Ausbreitung der Coronapandemie eindämmen sollen, belegten: Die Politik ist in der Lage, als notwendig Erkanntes auch gegen Lobbyinteressen durchzusetzen; die Menschen akzeptieren dies, wenn es ihnen nachvollziehbar vermittelt wird.
Nicht nur in Bamberg zeigte – nach Radentscheid, Bürgerentscheid Hauptsmoorwald und Volksbegehren Bienenschutz – das Ergebnis der Kommunalwahlen auf: Die politische Wende zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, zum Schutz und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist mehrheitsfähig. Daß einzelne Schritte auf diesem Weg umstritten sind, gehört zum Wesen einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft.
Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern, stellt die öffentliche Hand derzeit viel Geld zur Verfügung. Die Chance, im Verkehrsbereich zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen und langfristig zu sichern, war selten so groß wie jetzt. Doch die Bundesregierung setzt alles daran, die überholten, weder ökologisch noch sozial zeitgemäßen Strukturen zu retten:
www.vcd.org/service/presse/pressemitteilungen/mobilitaet-fuer-menschen-ohne-auto-foerdern-und-sichern
Was zu tun ist, liegt auf der Hand: Neben direkter Unterstützung, die es den Menschen erleichterte, auf umweltgerechte und gesundheitsfördernde Weise mobil zu sein, harrt die Infrastruktur lange fälliger Investitionen. Der Nachholbedarf bei Bahn und kommunalen Verkehrsbetrieben ist schwerlich zu übersehen. Fuß- und Radverkehr warten auf eine bedarfsgerechte, Vorankommen und Sicherheit gleichermaßen gewährleistende Flächenverteilung und Verkehrsgestaltung. Der Erhaltungszustand städtischer und gemeindlicher Verkehrswege schreit vielerorts zum Himmel. Da der Unterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten wäre, Neubau und Generalsanierung hingegen bezuschußt werden, sehen die zuständigen Behörden dem Verfall oft tatenlos zu – und nehmen hohe Unfallrisiken vor allem für Zweiradfahrer und Fußgänger in Kauf.
Bund, Länder und Gemeinden haben schon bei der Energiewende notwendige Entwicklungen behindert und ausgebremst, falsche Anreize gesetzt, Chancen vertan und viel Geld verbrannt. Jetzt drohen Fehlentwicklungen im Verkehrssektor. Die Folgen wären fatal.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
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