Warum die Corona-Zahlen in Bayreuth Stadt und Land vergleichsweise niedrig sind: Ein Beitrag von Roland Hassel
Während vielerorts die Corona-Fallzahlen wieder in die Höhe schnellen, ist die Lage in Stadt und Landkreis Bayreuth vergleichsweise entspannt. Roland Hassel, ehemaliger Leiter der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt Bayreuth und aktueller Notfallberater beim Robert-Koch-Institut (RKI), erklärt die Erfolgsstrategie der Kontaktnachverfolgung in Bayreuth in folgendem Aufsatz (aus dem Englischen übersetzt):
Es freut mich sehr zu sehen, dass unsere Bemühungen im Gesundheitsamt von Bayreuth im Kampf gegen Covid-19 Früchte zu tragen scheinen:
Bayreuth ist bis heute der erste Landkreis in Bayern und ganz Süd- und Zentraldeutschland, in dem die Anzahl der gemeldeten Fälle wieder unter den Schwellenwert von 50 positiv gemeldeten Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen fiel. Wir alle wissen, dass dies kein permanenter Status ist, aber ich habe die Zahlen seit meiner Abreise aus Bayreuth beobachtet und es scheint mir, dass es offensichtlich ist, dass die Situation gut unter Kontrolle ist und in und um Bayreuth gute Arbeit geleistet wird.Ich glaube, dass dieser Erfolg zwei Hauptfaktoren hat: Zu allererst die Bevölkerung von Bayreuth, die großes Verständnis für die ergriffenen Maßnahmen zeigt und damit den zweiten Faktor ermöglicht:
Gut organisierte und strukturierte Kontaktverfolgung. Während des Sommers ging es bei der Kontaktverfolgung in Bayreuth nicht nur um die Kontaktpersonen der positiven Fälle, sondern auch um die Ermittlung der Infektionsquelle. Das Rückverfolgen von Fällen und das Erkennen möglicher Cluster hatte frühzeitig eine hohe Priorität und führte zu einem fast dreimonatigen Zeitfenster, in dem 100% der Infektionsketten nachvollzogen werden konnten (positive Fälle kamen aus anderen Landkreisen oder aus dem Ausland). Diese frühzeitige Eliminierung der lokalen Übertragung war nur mit einer strikten Umsetzung der RKI-Empfehlungen möglich.Die strenge Anordnung von Quarantäne (14 Tage!) und Testungen, vor allem wenn Kontaktsituationen nicht vollständig rekonstruiert werden konnten (z. B. in Schulen oder auf Partys), wurden zunächst als zu streng wahrgenommen und begründete einige Beschwerden der direkt betroffenen Bevölkerung. Letztendlich führte es jedoch dazu, dass Infektionsketten gefunden wurden, die sonst übersehen worden wären. Das diese Infektionsketten doch entdeckt und unterbrochen wurden hat wahrscheinlich zu den geringen Zahlen geführt, die wir heute sehen.
Strategisch haben sich die Prioritäten in der dynamischen Situation der Pandemie schnell verschoben. Während zum Beispiel Reiserückkehrer im Sommer eine hohe Priorität hatten, da diese eine entsprechend hohe Positivrate aufwiesen, so wurden die Kapazitäten als es im Herbst erneut zu lokaler Übertragung kam wieder auf lokale Kontaktgeschehen gelenkt.
Der Kern jeder Kontaktnachverfolgungsstrategie sind jedoch die Contact Tracing Teams. Der Aufbau von benötigten Kapazitäten bestand darin, frühzeitig neue Mitarbeiter einzustellen und eine intensive und lokal angepasste dreitägige interne Schulung durchzuführen. Diese speziell hierfür eingestellten Contact Tracer sammelten Erfahrungen in der Kontaktnachverfolgung und den Arbeitsabläufen des Gesundheitsamtes. Diese engagierten Mitarbeiter ermöglichten auch die Entstehung eines Mentorensystems, in dem die bereits erfahrenen Contact Tracer für Neuankömmlinge und Zeitarbeitskräfte verantwortlich waren. Auf diese Weise dienten sie als Multiplikatoren, als die Infektionszahlen wieder angestiegen und mehr Kapazitäten benötigt wurden.
Die Einteilung von Teams in Fünfergruppen mit jeweils einem Teamleiter (wie von der WHO empfohlen) sowie die Spezialisierung bestimmter Mitarbeiter auf verschiedene Bereiche (wie Schulen, Kinderbetreuung, Seniorenheime, Rückkehrer usw.) ermöglichten eine bessere Koordination und reduzierten die Belastung des Managements.
Die Entwicklung geeigneter Schulungen, der Aufbau einer effektiven Struktur und die Koordination der Teams sind zeitaufwändige Aufgaben, die während einer Krise nur mit ausreichend verfügbarem Managementpersonal (vorzugsweise aus dem Krisenmanagement) durchgeführt werden können.
Trotzdem wären alle Schulungen, alle Strukturen und jegliche Strategien umsonst, wenn nicht engagierte Menschen, die lange und harte Stunden als Team zusammenarbeiten, um diese Pandemie zu bekämpfen.
Ich glaube, dass die Kontaktverfolgung in Bayreuth ein Beispiel dafür sein kann, dass ein gutes Management, geeignete Strukturen und engagierte Teams die Kontaktverfolgung äußerst effektiv und lohnenswert machen können. Ich bin stolz auf meine Teams, Kollegen und die geleistete Arbeit.
Wie viele Leben wir gerettet haben, werden wir nie erfahren. Naja, „es gibt keinen Ruhm in der Prävention!“ Das hat jeder Contact Tracer in Bayreuth am ersten Tag gelernt.
Es war eine Freude, in diesen schweren Zeiten mit euch zusammenzuarbeiten. Macht weiter so, denn es ist noch nicht vorbei! Aber nehmt euch Zeit, um wertzuschätzen, was bereits erreicht wurde, um für die kommenden Monaten etwas Kraft zu tanken!
Um es zusammenzufassen, ich glaube, Sie könnten es wie folgt ausdrücken:
CT Triple-C-Ansatz:
- Capacities: (Räume, Ausstattung, Fachwissen, Personal und Schulung!)
- Communication: (Führung, Strategie und Teamwork!)
- Compliance: (ausführliche Erklärung der Maßnahmen, strikte Umsetzung der Quarantäneanordnungen und Bestrafung der Regelverstöße!)
Neueste Kommentare