Bayreuther Mikrobiologen entdecken Schlüsselprotein zur Kontrolle der Zellform in Magnetbakterien
Die lebenden Zellen aller Organismen enthalten ein Zytoskelett, das ihre innere Struktur und ihre äußere Form stabilisiert. Dies gilt auch für magnetotaktische Bakterien. Sie erzeugen magnetische Nanopartikel, die sich in ihrem Inneren kettenförmig aneinanderreihen und ihnen eine Orientierung am Erdmagnetfeld ermöglichen. Mikrobiologen der Universität Bayreuth haben jetzt im Zytoskelett dieser Bakterien ein Protein entdeckt, das bei diesen Strukturierungsvorgängen eine zentrale Rolle spielt: Das Protein CcfM beeinflusst sowohl die Entstehung der zellulären „Kompassnadeln“ als auch die schraubenförmige Gestalt der Bakterien. In der Zeitschrift PNAS stellen die Forscher ihre Entdeckung vor.
Magnetotaktische Bakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense sind Einzeller, die vor allem im Schlamm von Gewässern leben. Schnurförmig verkettete Nanopartikel, die Magnetosomen, verleihen diesen Bakterien eine ungewöhnliche Navigationsfähigkeit: Sie können ihre Fortbewegung am Erdmagnetfeld ausrichten. Wie bei allen lebenden Zellen handelt es sich bei ihrem Zytoskelett um ein komplexes Netzwerk aus dünnen fadenförmigen Proteinstrukturen. Wie dieses zelluläre Netzwerk zur charakteristischen Krümmung der Bakterien beiträgt und ob eine Verknüpfung zu Strukturen besteht, welche die Ausbildung, Lokalisierung und Verkettung der Magnetosomen steuern, war bisher unbekannt.
Das von einer Forschergruppe am Bayreuther Lehrstuhl für Mikrobiologie in Zusammenarbeit mit Forschern des MPI für Biochemie in Planegg-Martinsried und der Universität Kiel entdeckte Protein CcfM bietet nun aber einen Schlüssel zum Verständnis dieser Prozesse. In der Zellmembran der Bakterien verankert, ist das Protein einerseits an Vorgängen der Ausformung und Stabilisierung des schraubenförmigen Zellkörpers beteiligt, wie sie auch in anderen, nicht-magnetotaktischen Bakterien zu beobachten sind. Es beeinflusst andererseits aber auch zelluläre Vorgänge, die speziell nur in magnetotaktischen Bakterien vorkommen, insbesondere den Aufbau der inneren „Kompassnadel“. Daher ist CcfM vermutlich für die Navigationsfähigkeit der Bakterien in ihrem natürlichen Lebensraum von Vorteil. „Wir haben Indizien dafür gefunden, dass die vielfältigen Funktionen des Proteins CcfM die Überlebensfähigkeit der Bakterien im schlammigen Grund von Gewässern stärken könnte und ihnen insofern einen evolutionären Vorteil verschafft hat“, sagt Dr. Daniel Pfeiffer, Erst- und korrespondierender Autor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mikrobiologie.
Die Bayreuther Forscher sind den zentralen Steuerungsfunktionen von CcfM auf die Spur gekommen, indem sie magnetotaktische Bakterien hergestellt haben, die entweder überhaupt kein CcfM enthalten oder zu große Mengen dieses Proteins produzieren. Fehlt das Protein, ist die Krümmung der Bakterien verringert, und ihre Zellteilung ist gestört. Statt einer einzigen langen Kette von Magnetosomen entstehen kürzere Ketten. Im Falle einer genetisch bedingten Überproduktion kommt es hingegen zu einer drastischen Verstärkung der Krümmung im Zellkörper. Zudem bildet sich die Kette der Magnetosomen an einer falschen Stelle im Zellkörper, oder sie zerreißt sogar in manchen Fällen.
Auf der Basis der neuen Erkenntnisse wollen die Autoren der jetzt erschienenen Studie ihre Untersuchungen zu zellulären Prozessen in magnetotaktischen, aber auch in anderen, nichtmagnetischen Bakterien weiter intensivieren. Ein umfassendes Verständnis zur Kontrolle der Zellmorphologie in magnetotaktischen Bakterien ist auch von Interesse für die Konstruktion magnetisch steuerbarer „Nanoroboter“, welche in technischen oder medizinischen Applikationen zum Einsatz kommen könnten.
Neueste Kommentare