Aus der Gaustadter Leserpost: „Stellungnahme zu Bebauungsplan G8A“

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Bebauungsplan G8A für das Gebiet westlich und östlich der Breitäckerstraße in Bamberg-Gaustadt
hier: Stellungnahme (Einwendungen und Anregungen)

Sehr geehrte Damen und Herren!

(Die Stellungnahme wurde fristgerecht am 1. November 2020 an die Stadt Bamberg übergeben.)

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Numerierung der Begründung zum Bebauungsplan.

zu 1. Gegenstand und Anlass der Planung

Grundsätzlich ist die Zulassung wohnverträglichen Gewerbes nicht zu beanstanden. Wenn sie allerdings das Ziel verfolgt, die für Wohngebiete geltenden Immissionswerte jeglicher Art zu umgehen, zeugt sie von der Geringschätzung wichtiger menschlicher Werte wie Gesundheit und Lebensqualität.

zu 2. Ziele der Planung

Zwar werden für die innere Erschließung sowie die Anbindung an die umgebenden Freiräume Fußwegenetze erwähnt. Zum wichtigen Verkehrsmittel Fahrrad indes findet sich kein Wort – für eine sich selbst „Fahrradstadt“ nennende Kommune ein beschämendes Bild. Dieses paßt indes genau in die bisherige Faktenlage: Der Titel dient der Außen- und Imagewerbung, die realen Maßnahmen stützen das autobasierte Verkehrssystem, Anlagen des fließenden Radverkehrs dienen der Verdrängung in den Seitenraum, nicht aber der Leichtigkeit und Sicherheit der unmotorisierten Mobilität.

zu 3.1 Lage im Stadtgebiet

Das neue Wohngebiet liegt am äußersten Stadtrand und wird, obgleich hier ehemals Gewerbe angesiedelt war, real in den Freiraum eingreifen. Innenraum wird daher allenfalls formal, nicht aber in der Wirklichkeit entwickelt resp. verdichtet.

zu 3.5 Erschließung und Infrastruktur

Eine den öffentlichen Personenverkehr ernstnehmende Planungsbehörde sollte zumindest die Linienbezeichnungen der erschließenden Busse korrekt benennen. Die im Planungsgebiet liegende Haltestelle, „Friedhof Gaustadt“, ist End- bzw. Startpunkt der Linien 906 und 916, die hier jeweils die Nummer wechseln. Die über die Gaustadter Hauptstraße aus der Innenstadt kommende 906 fährt als 916 über Krötlein-, Seewiesen- und Caspersmeyerstraße wieder zur Stadtmitte, die von hier kommende 916 als 906 über die Gaustadter Hauptstraße. Abgesehen von wenigen zentrumsnahen Haltepunkten, welche beide Linien parallel bedienen, ergibt sich daher eine Erschließung im unattraktiven 30-Minuten-Takt.

Die an der Gaustadter Hauptstraße gelegene, gleichnamige Haltestelle der Linie 906 bindet halbstündlich die Innenstadt sowie die Nachbargemeinde Bischberg an, erfordert jedoch deutlich längere Fußwege. Die hier durchfahrenden Regionalbusse halten lediglich am „Rathaus Gaustadt“, noch weiter entfernt, ihre Fahrpläne sind dort – wie auch anderswo – nur unvollständig ausgehängt. Daß Bamberg seit Jahren zur Verkehrsgemeinschaft Großraum Nürnberg (VGN) gehört, manifestiert sich in der Außendarstellung des öffentlichen Personennahverkehrs vielfach eher unauffällig.

Zu Fuß und auf dem Fahrrad werden die Wege zu den in Gaustadt liegenden Dienstleistungsangeboten, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Kindergärten als höchst unattraktiv und teilweise gefährlich empfunden. Zu erwarten ist daher, daß sich die Mobilität der künftigen Bewohner, so weit möglich, nahezu ausschließlich auf das private Kraftfahrzeug stützen wird – bis hin zum Elterntaxi. Stadtplanerische Absichten, dem wirksam entgegenzuwirken, sind bislang nicht erkennbar und nach den Erfahrungen der Vergangenheit kaum zu erwarten.

zu 4.2 Maß der Nutzung

Angesichts der demographischen Entwicklung, aber auch aus grundsätzlichen Überlegungen der Diskriminierungsvermeidung wäre wünschenswert, barrierefreies Bauen wäre nicht nur möglich, sondern erforderlich – zumindest aber eine Vorgabe, die den nachträglichen Umbau auf einfache und kostengünstige Weise erlaubt.

zu 4.3 Erschließung

Daß nicht auf die Anwendung des in der Stellplatzsatzung festgelegten Schlüssels für die Berechnung der nachzuweisenden Kfz-Stellplätze verzichtet wird, belegt, daß der Stadt Bamberg nicht an einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik gelegen ist.

Die sehr bescheidene Qualität der ÖPNV-Anbindung wurde vorstehend bereits beschrieben. Die maximale Entfernung der Bushaltestelle „Gaustadt Friedhof“ in der Breitäckerstraße bezieht sich lediglich auf den hier beschriebenen Bereich der Planänderung. Auf das gesamte Plangebiet bezogen, stellen sich die Distanzen deutlich länger dar.

Das Fahrrad erscheint lediglich im Untertitel, wird aber textlich nicht behandelt – „Fahrradstadt“? Auch die Vorgaben zu Fahrradstellplätzen in der Bamberger Stellplatzsatzung sind mehr als bescheiden. Nähere Ausführungen wurden in früheren Verfahren wiederholt eingebracht, zeigten bislang aber keinerlei Effekt.

Die wenig radfahrer- und fußgängergerechte Gestaltung des Umfelds wurde schon ausgeführt. Hieran kann das interne Fußwegenetz wenig ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8
96049 Bamberg-Gaustadt