Zentralstelle Cybercrime Bayern und Kriminalpolizeiinspektion Bayreuth ermitteln erfolgreich gegen Cardsharing-Szene
Gemeinsame Presseerklärung des Polizeipräsidiums Oberfranken und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg
Bei einer gemeinsamen Durchsuchungsaktion der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichteten Zentralstelle Cybercrime Bayern und der Kriminalpolizeiinspektion Bayreuth in mehreren Bundesländern gelang Polizei und Justiz am 21.10.2020 ein empfindlicher Schlag gegen die bundesweite Cardsharing-Szene.
Bei Ermittlungen des Fachkommissariats für Cybercrime der Kriminalpolizeiinspektion Bayreuth gerieten ein 37-jähriger Oberfranke sowie dessen 35-jähriger Bruder ins Visier von Polizei und Generalstaatsanwaltschaft. Den Brüdern wird vorgeworfen, seit mehreren Jahren rechtswidrig entschlüsselte Pay-TV-Lizenzen an eine größere Anzahl von Kunden vertrieben und diesen zur Nutzung gegen ein Entgelt bereitgestellt zu haben.
Am frühen Morgen des 21.10.2020 vollzogen Polizeibeamte im Auftrag der Zentralstelle Cybercrime Bayern in fünf Bundesländern insgesamt 18 Durchsuchungsbeschlüsse. Die Ermittler aus Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt arbeiteten bereits im Vorfeld der Maßnahme eng zusammen. Der erfolgreiche Einsatz kann aus ermittlungstaktischen Gründen erst jetzt öffentlich gemacht werden.
Knapp 100 eingesetzte Polizeibeamte fanden bei der Maßnahme umfangreiches Beweismaterial: Es wurde eine Vielzahl an Receivern, PCs, Festplatten und sonstigen Datenträgern sichergestellt. Aktuell gehen die Ermittler davon aus, dass die Cyberkriminellen im Bundesgebiet sowie im europäischen Ausland mehrere hundert eigene Kunden mit illegalen Pay-TV-Zugängen versorgt hatten. Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg führt nun Ermittlungen gegen mehrere Tatverdächtige in fünf Bundesländern wegen gewerbsmäßigen Computerbetrugs und gewerbsmäßigen unerlaubten Eingriffs in technische Schutzmaßnahmen. Das Gesetz sieht für jeden Fall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
Der Gesamtschaden, der den Pay-TV-Anbietern bislang entstand, ist erheblich und soll im siebenstelligen Eurobereich liegen. Mit der Einleitung weiterer Ermittlungsverfahren gegen die Kunden des Cardsharing-Netzwerkes ist zu rechnen.
Was versteht man unter „Cardsharing“?
Beim sogenannten „Cardsharing“ (deutsch: gemeinsamer Kartenzugriff) wird eine beim Pay-TV-Dienstanbieter rechtmäßig erworbene Entschlüsselungskarte für mehrere Empfänger (Receiver) gleichzeitig illegal verwendet.
Hierbei übermittelt ein modifizierter Satelliten-Empfänger (Receiver) den Decoder-Schlüssel über ein Netzwerk (Server) an weitere Receiver, die ebenfalls modifiziert sein müssen. Die Netzwerkverbindung kann über das Internet ablaufen, sodass die Receiver sich nicht am selben Standort befinden müssen. Der verteilende Receiver (Sender) muss mit einer gültigen Original-Smartcard versehen sein. Alle weiteren unberechtigten Nutzer empfangen die Decoder-Schlüssel über das Internet und simulieren die Original-Smartcard per Software.
Illegale Pay-TV-Nutzer „ersparen“ sich auf diesem kriminellen Weg nicht unerhebliche Abo-Kosten. Das Entdeckungsrisiko dabei ist hoch. Bereits in der Vergangenheit haben die Spezialisten der Zentralstelle Cybercrime Bayern in zahlreichen Fällen Betreiber und Kunden entsprechender Cardsharing-Netze identifizieren und anklagen können.
Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Diese Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der Landes- und Bundespolizei, des Bundeskriminalamts, des Zollfahndunsdienstes und mit internationalen Partnern, z.B. bei Angriffen auf bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der organisierten Cyberkriminalität.
Auch dann, wenn bei Verfahren der Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig. Sie reichen von Hackerangriffen über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog. Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und Falschgeld im Darknet. Zudem ist die Zentralstelle Cybercrime Bayern für herausgehobene Fälle der Wirtschaftscyberkriminalität zuständig. Seit dem 1. Oktober 2020 besteht bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern zudem das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet. Derzeit sind 16 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und vier IT-Forensikerinnen und IT-Forensiker bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätig.
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