Bamberger „Kunstfenster“ Teil 2: Der Radmantel
Seit 5. Oktober ist das „Bürgerlabor“ in der Hauptwachstraße zum „Kunstfenster“ umfunktioniert. Bis Ende November darf, für jeweils eine Woche, ein Künstler oder eine Künstlerin aus Bamberg das Fenster künstlerisch bestücken. Nach dem Auftakt mit Thomas Michels Ölgemälde „Goethe Eiche“ wird ab Montag, 12. Oktober, der „Radmantel“ von Judith Siedersberger im Schaufenster zu sehen sein. Auf den ersten Blick erinnert der „Radmantel“ an den berühmten Sternenmantel Heinrichs II. aus dem Diözesanmuseum. Tatsächlich entstand der blau-goldene Umhang in einem Kunstprojekt der Bamberger Künstlerin Judith Siedersberger mit Frauen aus der ANKER-Einrichtung Oberfranken.
Der Radmantel, im Englischen auch Cape, ist ein kreisförmig oder halbkreisförmig geschnittener Umhang. Als schützende Körperhülle gehört er zu den Urtypen der menschlichen Bekleidung. Radmäntel wurden vor allem im Mittelalter bei speziellen Anlässen im kirchlichen und höfischen Bereich getragen. Sie repräsentierten durch erlesenes Material, Farbe und aufwändige Stickarbeit Macht und Reichtum. Das Cape zeigt applizierte Selbstporträts der Projektteilnehmerinnen. Die gestickten Porträts basieren auf einem Foto, das im Maßstab 1:1 als Ausgangspunkt für die gestickte Comiczeichnung diente. Die Umrisslinien wurden auf den Stoff übertragen, die Linien und Flächen in freier Sticktechnik ausgeführt. Der Stickstich wird wie ein Bleistiftstrich eingesetzt, wobei durch eine Verdichtung der Stiche Hell-Dunkel-Kontraste entstehen.
Die Porträts, die mit einem Namen versehen sind, stehen für Frauen, die länger Teil der Gruppe waren, die Porträts ohne Namen stehen für Frauen, die nur kurz zur Gruppe gehörten, aber trotzdem Spuren hinterließen. Einigen Teilnehmerinnen war es aus kulturellen Gründen nicht möglich, sich selbst darzustellen. Für sie ist stellvertretend ein Smiley oder das Porträt eines ihrer Kinder präsentiert. Das Cape ist ein Gemeinschaftswerk. Es versinnbildlicht den Zusammenhalt der Gruppe.
Info: Das Kunstfenster im Bürgerlabor
Den Anstoß für die Idee zu Kunst im Bürgerlabor gab das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia und seine Direktorin Nora-Eugenie Gomringer. Auf Suche nach einem Leerstand in der Innenstadt war sie im Gespräch mit Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar darauf gestoßen.
Den Anfang machen die Bildenden Künstler. Auf Thomas Michel und Judith Siedersberger folgen Sabrina Catowiez, Christa Hoppe, Nadja Rakowski, Micho Haller, Peter Schoppel und Christiane Toewe.
Die Stipendiatin und Komponistin Petra Strahovnik wird im Dezember drei Wochen im Bürgerlabor live komponieren.
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