VCD Kreisverband Bamberg: „Der Umweltverbund wird mit den Füßen getreten“
Pressemitteilung des ökologischen Verkehrsclub Deutschland VCD
Zusammenfassung:
Nachdem in einigen öffentlichen Stellungnahmen von Interessensgruppen der Eindruck erweckt wird, die Stadt würde sich nur um die Förderung des Radverkehrs bemühen und andere Verkehrsarten benachteiligen, möchten wir gerne mit einer Versachlichung und einigen Tatsachen zur Diskussion beitragen. Dies erfolgt in Form von wenigen zentralen Punkten, die im weiteren Verlauf des Texts belegt werden.
- Die Stadtverwaltung macht keine Informationen zugänglich, die eine Zuordnung der tatsächlichen Ausgaben auf Verkehrsmittel erlauben würde. Ein Antrag zur Förderung dieser Transparenz nach einem vom Bundesverkehrsministerium geförderten Verfahren wurde vom Stadtrat 2019 abgelehnt (VO/2019/2273-61, siehe Anhang (PDF, 1,2MB)).
- Die Nutzung dieses Verfahrens machte transparent, dass selbst in radverkehrsfreundlichen Städten die Aufwendungen für den Radverkehr am geringsten sind, egal, welche Bezugsgröße man wählt.
- Von den Beschlüssen des Stadtrats zum Radverkehr im Januar 2018 wurde nur ein Bruchteil umgesetzt.
Das Abwägungsergebnis der Stadtverwaltung zur VCD-Kommentierung des Bebauungsplanverfahrens 305 G „Neues Atrium“ enthält einige verkehrspolitische Stellungnahmen, die weit über den konkreten Bebauungsplan hinausgehen, siehe Anlage (PDF, 1mB). Sie sind Indizien, wie in der Stadtverwaltung tatsächlich Verkehr geplant wird.
- Antwort auf den VCD-Einwand, dass die Ziele des Verkehrsentwicklungsplans im Bebauungsplan nicht berücksichtigt wurden: „Der Zielwert von 25 % MIV-Anteil bis 2030 war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Diskussion. Derzeit steht vorrangig eine leistungsgerechte Abwicklung des MIV im Vordergrund. Um dies nachzuweisen, wurden die Ansätze eher zur sicheren Seite hin gewählt.“
- Antwort auf den VCD-Einwand, dass die Verkehrsuntersuchung lediglich die Verkehrsqualität des MIV betrachtet und nicht den Umweltverbund: „Angesichts der Beschränktheit des zur Verfügung stehenden Raumes muss zur Berücksichtigung der Ansprüche u. a. der verschiedenen Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Anlieferungen etc.) ein den Sicherheitsansprüchen genügender Mindestkonsens gefunden werden, weshalb nicht die Maximallösung für einzelne Verkehrsgruppen gefordert werden kann.“
- Antwort auf den VCD-Einwand, dass die Verkehrsqualität für den Umweltverbund an den in der Planung betrachteten Verkehrsknoten nicht berücksichtigt sei: „Der Umweltverbund, also die Kombinationsmöglichkeit von Fahrrad und Bahn, wird am Knotenpunkt Bahnhof durch die Schaffung eines Fahrradhauses in unmittelbarer Nähe im Vergleich zum Ist-Zustand deutlich verbessert.“
Hier offenbaren sich Defizite in der Aussteuerung der Verwaltung durch den Stadtrat, die zu einseitig den MIV im Blick hat und nicht die Ziele der Stadt:
- Wie sollen die demokratisch verabschiedeten Ziele des Stadtrats zur Mobilität jemals erreicht werden, wenn sie bei der Bebauungsplanung seitens der städtischen Verwaltung noch nicht mal Gegenstand der Diskussion sind?
- Wie kann die Mobilität einer Stadt sichergestellt werden, wenn in Zeiten knapper Budgets die Augen davor verschlossen werden, welche Verkehrsarten welche Kosten verursachen – und gleichzeitig offensichtlich systematisch die kostengünstigen Verkehrsarten benachteiligt werden?
- Wie kann in einer Stadt mit knappen Flächen die Mobilität für alle sozial gerecht erreicht werden, wenn gleichzeitig bei Bauvorhaben zuerst die überhöhten Bedarfe des platzintensivsten Verkehrsmittels (MIV) berücksichtigt werden und die Bedarfe des platzsparenden Umweltverbundes erst gar nicht untersucht werden?
- Wie kann die Behörde berechtigterweise Forderungen nach Maximallösungen für einzelne Verkehrsgruppen ablehnen, dann aber gleichzeitig nur eine einzelne Verkehrsgruppe, nämlich den MIV, untersuchen und explizit bevorzugen?
- Wie kann der Umweltverbund, der erklärtermaßen 75 % der Mobilität sicherstellen soll, jemals seine Aufgabe erfüllen, wenn die planenden Behörden glauben, der Umweltverbund sei nur die Verknüpfung von Fahrrad und Bahn?
Die Antwort auf diese Fragen ist nicht leicht, aber die meisten Indizien sprechen dafür, dass der Umweltverbund eher Teil der Lösung und der MIV Teil des Problems ist. Dies gilt auch außerhalb der Mobilität, insbesondere im Bereich Klimaschutz. Das ist inzwischen eine weit verbreitete Einsicht – wann kommt sie auch in Bambergs Verwaltung und Stadtrat an?
Andreas Irmisch
Vorsitzender
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