Dörrnwasserlos: „Das Licht kam aus der Kirche – ein friedlicher Weg zur Deutschen Einheit“

Pfarrer Martin Emge
Pfarrer Martin Emge

Mit einem Dankgottesdienst hat die Bamberger Schönstattbewegung am 3.10.2020 auf dem Marienberg an den Mauerfall und die Deutsche Einigung gedacht. Gerade an diesem ehemaligen Natostützpunkt wurde die Geschichte der Wende eindrücklich erfahren. Bis heute erinnert ein Originalstück der Berliner Mauer, dass sich der Ort, wo einst Raketen der Amerikaner stationiert waren, zu einem Wallfahrtsort und einer Stätte des Gebets um Frieden und Einheit in der Welt entwickelt hat. Kein Wunder, dass das Wallfahrtskapellchen, das nun 20 Jahre auf dem Marienberg steht, bei der Einweihung seinen Namen: „Heiligtum der Verbundenheit“ bekommen hat.

Dieser Name ist gleichsam Programm der Bamberger Schönstattfamilie. Sie fühlt sich verbunden mit dem Erzbistum und aber gleichzeitig auch mit der Politik.

Aufgrund dieser Verbundenheit im kirchlichen wie im politischen Bereich entstand der Wunsch, diese Verbundenheit zu leben, zu ergehen im wahrsten Sinne des Wortes. Der Wallfahrtsgedanke entstand: genau am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, sollte vom Domberg zum Marienberg gepilgert werden. Inzwischen ist das zu einer schönen Tradition geworden. Sobald die Pilger aus Bamberg den Marienberg erstiegen hatten, wird zum Abschluss eine Dankmesse gefeiert, die wir zugleich als unsere Heiligtumskirchweih begehen.

Musikalisch wurde der Gottesdienst begleitet von einer fünfköpfigen Saxophonband mit dem Bruder von Schwester M. Anne Rath.

Der Gottesdienst mit einer aufrüttelnden Predigt unseres Diözesanpräses Martin Emge fesselte die Gläubigen. Im Rückblick und gleichermaßen in einer Vorschau gelang es dem Prediger, die Ereignisse vor 30 Jahren mit der heutigen Zeit zu verknüpfen.

Auszüge aus der beeindruckenden Predigt:

„Das Licht kam aus der Kirche“

„In Heiligenstadt machte sich damals ein Mann auf den Weg zur Montagsdemonstration. Er wollte zum Beten in die Redemptoristenkirche gehen und merkte, dass er alleine unterwegs war. Nur ein einziges Licht brannte in einem Fenster. Er hatte Angst. Was wohl passieren würde? Ob andere auch kämen? Als er zur Kirche kam, war er überrascht, dass sie schon voll war, bis auf den letzten Platz. Über den Seiteneingang kam er noch herein. Als ein Bekannter ihn sah und merkte, wie freudig erstaunt er war, nahm er ihn mit und führte ihn durch die Gänge des Klosters. Dort konnte er vom Fenster aus sehen, dass eine riesige Menschenmenge draußen vor der Kirche stand. Die Leute am Kircheneingang waren in ein geheimnisvolles Licht getaucht, in ein Licht, das aus der Kirche kam.

Dieses Bild hat sich ihm tief eingeprägt. Betende Christen im Schein der Kerzen, friedfertig und gewaltlos, mit der Zusage Jesu im Herzen: „Ihr seid das Licht der Welt!“ Am 9.10.1989, dem 40. Jahrestag der Staatsgründung der DDR hatten sich bereits Zehntausende Christen in Leipzig versammelt. Und es wurden immer mehr, Montag für Montag, 100.000, 200.000 und schließlich 500.000 mit Friedenslichtern in den Händen. Mit allem hatten die Parteifunktionäre gerechnet und schweres Geschütz aufgefahren, aber mit einer Revolution der Kerzen, damit hatten sie nicht gerechnet.

Dieses Zeugnis der Christen und ihre Zivilcourage haben die Wende eingeleitet. Dafür danken wir heute. Gleichzeitig stellen sie uns die Frage: und ihr?

Würdet auch ihr Kerzen in die Hände nehmen und für eure Überzeugungen öffentlich beten und eintreten? Kommt auch heute Licht aus den Kirchen, das anderen Mut macht und sie ansteckt?  Wie leben wir in diesen Tagen unseren Glauben? Gehen wir – jeder/r von uns – hinaus, um Zeugnis zu geben von unserem Christsein?

Stehen wir zu unserem Glauben und zu dem, der für uns das Licht des Lebens ist! Werden wir auf unserer gefährdeten und zerstrittenen Erde für andere zum Licht der Welt!“