Bayreuth und Coburg im Vergleich: Handlungsspielräume von Pfarrern und Gemeindegliedern im Nationalsozialismus

Symbol-Bild Heimatkunde / Franken

Handlungsspielräume in der NS-Zeit?

Bayreuth und Coburg im Vergleich: Handlungsspielräume von Pfarrern und Gemeindegliedern im Nationalsozialismus / Text und Bild: Adrian Beierkuhnlein

Bayreuth. Wieviel Kritik kann man sich erlauben, ohne dafür ins Konzentrationslager geschickt zu werden? Eine vergleichende Studie möglicher Handlungsspielräume von Pfarrern und Gemeindeglieder in der Zeit des Nationalsozialismus stellte Dr. Liesa Weber im gut besuchten Kleinen Saal des Evangelischen Gemeindehaus auf Einladung von Evangelischem Bildungswerk Oberfranken-Mitte  und Historischem Verein für Oberfranken vor.

Im Rahmen ihrer Forschung hat Liesa Weber die Handlungsspielräume in den Dekanaten Coburg und Bayreuth untersucht und miteinander verglichen. Wie diese genutzt wurden, zeigte sie anhand einiger Beispiele. So übte der Warmensteinacher Pfarrer Wolfgang Niederstraßer in einer Predigt Kritik an der Politik der NSDAP und wurde dafür letztendlich in dem Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Glimpflicher ging es oft für Pfarrer und Gemeindeglieder aus, die als der NSDAP nahe stehend eigeschätzt wurden. Sie konnten – als Teil des Systems – eher Handlungsspielräume ausnutzen, um innerhalb der eigenen Kirchengemeinde etwas zu bezwecken. So sorgte der Bayreuther NSDAP-Stadtrat und Kirchenvorsteher Ludwig Frölich durch seine Kritik dafür, dass Aufmärsche während der Gottesdienstzeit eingestellt wurden.

Liesa Weber beendete ihren Vortrag mit dem Fazit, dass Handlungsspielräume vorhanden waren und teilweise genutzt wurden. Die NS-Ideologie wurde aber zu einem großen Teil nicht abgelehnt, sondern galt als mit dem christlichen Glauben vereinbar und nur einige Nationalsozialisten wurden als entgleist angesehen.

Im Anschluss an den Vortrag entbrannte noch eine spannende Frage- und Diskussionsrunde, an der sich das Publikum, in dem einige lokale Historiker vertreten waren, rege beteiligte. So berichtete ein Zuschauer über einen Pfarrer in Wunsiedel, der durch Wissen über geltendes Recht die Beflaggung der Kirche verhinderte. Abschließende wurde nochmals hervorgehoben, dass die Handlungsspielräume für Bürger/innen, die nicht der NSDAP-Mitglieder angehörten, sehr gering waren.