Slowenischer Richter zu Gast in Bayreuth
In der vergangenen Woche besuchte der slowenische Richter am Oberen Gerichtshof der Republik Slowenien Dr. Marko Brus das Landgericht in Bayreuth. Das Ziel der Hospitation des 54-jährigen Dr. Brus, der an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg promoviert wurde, bestand in einem intensiven Erfahrungsaustausch zu Fragen der Urteilstechnik, insbesondere zu Struktur und Aufbau von erst- und zweitinstanzlichen Urteilen in der deutschen Ziviljustiz. Ein weiterer Interessenschwerpunkt des slowenischen Gastes, der u.a. an den Max- Planck-Instituten in München (Geistiges Eigentum) und Hamburg (Internationales Zivilprozessrecht) studiert hat, liegt im deutschen Kindesunterhaltsrecht und der praktischen Anwendung von Richtlinien wie der „Düsseldorfer Tabelle“, nachdem solche einheitlichen Anwendungsempfehlungen zumindest derzeit den Richtern in der Republik Slowenien noch nicht zur Verfügung stehen.
Richter Dr. Brus, der bereits in Luxemburg am damaligen Gerichtshof I. Grades arbeitete, war als Sachverständiger an der Ausarbeitung des Rechts der Republik Kosovo beteiligt. Von Herbst 2008 bis Herbst 2011 arbeitete er als Assistenzprofessor für Zivilrecht an der Europäischen Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Nova Gorica, wo er hauptsächlich die Fächer Einführung in das Zivilrecht, Vermögensrecht und Zivilprozessrecht unterrichtete. Anschließend kehrte er zur slowenischen Justiz zurück und war seitdem Richter am Oberen Gerichtshof der Republik Slowenien in Ljubljana, welches einem deutschen Oberlandesgericht vergleichbar ist. Seit dem 01.07.2020 ist Dr. Brus an das slowenische Justizministerium abgeordnet.
Der in seinem Heimatland hauptsächlich mit Zivilsachen, insbesondere mit Gewerblichem Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht befasste slowenische Gast erhielt beim Landgericht Bayreuth vertiefte Einblicke in das deutsche Zivilrecht und konnte Hauptverhandlungen einer Zivilkammer und einer Kammer für Handelssachen beiwohnen. Gemeinsam mit Richterinnen und Richtern verschiedener Zivilkammern des Landgerichts Bayreuth analysierte Dr. Brus eine Vielzahl von Urteilen und konnte auch während einer Unterrichtseinheit im Rahmen der Referendarausbildung die erworbenen Kenntnisse zur deutschen Urteilstechnik vertiefen. Ebenso wurden ihm die Möglichkeiten der Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung in der richterlichen Praxis sowie der nützliche Einsatz einer Diktatsoftware dargestellt. Beim Amtsgericht Bayreuth wurde ihm die Teilnahme an familiengerichtlichen Hauptverhandlungen ermöglicht. Ein eintägiger Besuch beim Oberlandesgericht Bamberg rundete den Aufenthalt des mit hervorragenden Deutschkenntnissen ausgestatteten slowenischen Richters in Oberfranken ab.
Neben dem vielfältigen juristischen Erfahrungsaustausch blieb auch noch ein wenig Zeit, die Stadt Bayreuth näher kennenzulernen. Besonders beeindruckt zeigte sich der Gast dabei von dem aus der Markgrafenzeit geprägten Stadtbild. Nachdem bislang mit der Republik Slowenien im Justizbereich keine konkreten Projekte durchgeführt wurden, diente der Aufenthalt von Dr. Brus auch der Pflege und Intensivierung der Kontakte der bayerischen Justiz mit dem slowenischen Justizministerium und damit auch der Förderung und Sicherung der Rechtsstaatlichkeit in der Republik Slowenien.
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