Sonntagsgedanken: Schade!
Während meines Studiums besuchte ich gelegentlich die Studentenbar. Da hörte ich unabsichtlich ein Gespräch mitan, das mich bis heute beschäftigt. Studenten hatten einem Professor einen Streich gespielt, was genau, ging aus den Worten nicht hervor. Jedenfalls empörte sich der hohe Herr so sehr, dass er sich beim Studentenpfarrer beschwerte. Derselbe Professor wies einmal seine eigene Frau in meiner Gegenwart zurecht, weil sie einen Kaffeefleck auf der Tischdecke übersehen hatte. Zurück zu diesem Gespräch: der Studentenpfarrer bestellte nun die jungen Leute ein und „ermahnte“ sie. Einer der so Gescholtenen schüttelte nun fassungslos den Kopf über diese seiner Meinung nach völlig überzogene Reaktion. Er wurde nicht laut, was ja in der bierseligen Atmosphäre einer Bar häufig vorkommt, beschimpfte seine Kritiker nicht, war nur sehr niedergeschlagen. Kurz darauf brach er sein Studium ab. Er wurde nicht Pfarrer. Schade! Er stammte aus einer kirchenfernen Großstadtfamilie. Durch diese Herkunft und durch seine bodenständige, offene Art hätte er die vielen ansprechen können, die mit der Kirche, mit ihrer Sprache, mit ihren Ritualen kaum mehr etwas anfangen können. Diese Chance hat die Kirche verspielt.
Wir Christen, vor allem die bei der Kirche Beschäftigten, sollten etwas freundlicher zu unseren Mitmenschen sein, geduldiger mit ihnen. Auch hier zeigt sich die christliche Nächstenliebe, von der wir immer reden, und je unkirchlicher die Leute werden, desto wichtiger wird das positive Verhalten des einzelnen Kirchenmitarbeiters. Das heißt ja nicht, dass wir uns jede Gemeinheit bieten lassen müssen, dass wir zu Fehlentwicklungen in der Gesellschaft schweigen sollen. Aber es kommt doch immer auf die konkrete Situation an, auf die Art, wie man etwas sagt. Beten wir zu Gott, dass er uns stets die richtigen Worte eingebe.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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