Wiederfreilassung einer Luchsin im Fichtelgebirge

Die Luchsin während der Gesundpflege im Gehege
Die Luchsin während der Gesundpflege im Gehege

Im südlichen Oberpfälzer Wald wurde im Juli 2019 ein weiblicher Jungluchs an einer Straße aufgefunden. Der Fund von privat wurde an die Tierhilfe Cham und die Untere Naturschutzbehörde in Cham gemeldet. Trotz intensiver Suche konnte das Muttertier nicht aufgefunden werden. Das Vatertier konnte identifiziert werden, hat aber die kleine Luchsin nicht mehr angenommen. Die Gesundpflege des Tieres erfolgte in der Wildtier-Auffangstation Sachsenhagen. Da sich das Tier gut entwickelte, bezog es im April 2020 ein Gehege im Fichtelgebirge zur Vorbereitung auf die Wiederfreilassung.

Wiederfreilassung einer jungen Luchsin – „Lebenslauf“

Zeitraum/DatumEreignis
Ende Mai/Anfang Juni 2019geboren irgendwo in den Wäldern zwischen Waldmünchen und Furth i. Wald (südlicher Oberpfälzer Wald); das Territorium der Mutter liegt grenzüberschreitend rund um das Bergmassiv des Cerchov („Schwarzkopf“)
15. JuliPKW-Fahrerin findet umherirrenden kleinen Luchs auf Kreisstraße südlich von Waldmünchen; Luchs hielt sich in unübersichtlichen Kurvenabschnitt der Straße auf, dort wo die Leitplanke seit kurzem mit einem nach unten geschlossenen Unterfahrschutz ausgerüstet war.; eine herbeigerufene Person der Tierhilfe Waldmünchen greift das Tier nachmittags nach 2-stündiger Wartezeit auf und verwahrt es in einem kleinen Käfig in einer Tierarztpraxis.
16. JuliNachricht von Tierhilfe Waldmünchen an UNB Cham, welche sich an die Luchsexpertin Sybille Wölfl zur weiteren Unterbringung wendet.
17. JuliIntensive Nachsuche rund um den Fundort nach evtl. verunfallter Mutter durch Luchsexpertin und Mitarbeiter der UNB Cham; jedoch ohne Ergebnis; anschließende Unterbringung des ca. 7 Wochen alten Tieres in privater Intensivpflege (Fütterung ca. alle 4 Std., u.a. mit Katzenaufzuchtmilch)
21. Juligroßräumige Drohnenbefliegung der Fundortumgebung in der frühen Morgendämmerung
27. Juli – 10. Augustjeweils abendliches/nächtliches Abspielen der „Kontaktrufe“ der kleinen Luchsin im Großraum des Fundortes, um möglicherweise die Mutter anzulocken und ihr das Jungtier wieder zu übergeben
10. August, 22:30 Uhrerwachsener Luchs antwortet auf die Kontaktrufe; kleine Luchsin wird in Katzenbox dorthin transportiert; Box wird auf Forststraße abgestellt, um abzuwarten, ob es eine freundliche Annäherung des erwachsenen Luchses gibt; kleine Luchsin beginnt vor Ort selbst zu rufen als sie die Schreie des erwachsenen Luchses hört; sie befreit sich gegen 0:30 Uhr eigenständig aus der Box; erwachsenes Tier und Jungtier finden offensichtlich über akustische Kommunikation gegen 2.15 Uhr zusammen
11. August6:30 Uhr junger Luchs ruft wieder ca. 2 km von Ort der Zusammenführung entfernt; Aufstellen von mehreren (Funk)Fotofallen im Gebiet; Einrichten von „Futterplätzen“
13. Augusterwachsener Luchs entpuppt sich über Fotofallenbilder als der vermutliche Vater; vorerst Abwarten, ob das Männchen sich um das Junge kümmert (bei Luchsen ist eine solche „Vaterfürsorge“ bisher nicht bekannt!)
Zeitraum/DatumEreignis
14. AugustLuchskuder verlässt Gebiet offensichtlich großräumig – es gibt keine Nachweise mehr,
die kleine Luchsin ist wieder alleine; abends (22:00 Uhr) Sichtung auf Forststraße, wieder ca. 2 km von eingerichtetem Futterplatz entfernt.
16. AugustWiedereinfang der kleinen Luchsin am Futterplatz und Zurückholung in die private Gesundpflege
17. OktoberTransport des Jungtieres mit zwei anderen Luchsfindlingen (aufgegriffen 5.9.19, und 26.9.19) zur Wiederauffangstation Sachsenhagen, Niedersachsen, da in Bayern keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorhanden ist.
24. Oktober 2019bei großräumiger Fotofallenkontrolle im südlichen Oberpfälzer Wald wird ein Bild ausgelesen, das die vermutliche Mutter am 25.09. am Futter- und Einfangplatz zeigt; Interpretation im Nachhinein: offensichtlich wurde der Familienverband Mitte Juli durch Harvestereinsatz (Borkenkäfer) im vermutlichen Wurfgebiet gesprengt; beim Überqueren der Straße konnte die kleine Luchsin den Unterfahrschutz der Leitplanke nicht überwinden.
03. April 2020vermutliche Mutter wird mit Jungtier (also einem Geschwister!) auf tschechischer Seite ca. 6 km vom Auffindeort (Juli 2019) fotografiert
07.-09. AprilBau des Zwischengeheges durch BaySF Fichtelberg
21. AprilTransport der jungen Luchsin von Niedersachsen ins Fichtelgebirge, Unterbringung im Zwischengehege
19. Juni 2020Wiederfreilassung durch Offenlassen der Gehegetür nach der Fütterung ab 20:00 Uhr, so dass die Luchsin den Schritt in die Freiheit selbst wählen und dann ggf. zur Nahrungsaufnahme noch eine Zeitlang zurückkommen kann (Möglichkeit einer allmählichen Abnabelung); Luchsin verlässt Gehege um 21:15 Uhr
06.08.2020bis dato vier Nachweise (3 FF-Bilder, 1 privates Video) rund um das Gehege (Radius bis zu 3km); letzter Nachweis vom 20. Juli 2020 (FF-Auslese am 23. Juli; nächste Auslese für 07.08. durch Naturpark vorgesehen;
bislang kein Hinweis auf Rückkehr zum unmittelbaren Gehegestandort (dort immer noch unregelmäßige Futterbereitstellung, wird von Fuchs verwertet); Dokumentation über Funk- und Infrarotfotofalle