Marteaus Sammlung wieder in der Künstlervilla in Lichtenberg

Als Kind seiner Zeit und französischer Reserveoffizier war der Geiger und Komponist Henri Marteau begeistert von Militärischem; eine Sammlung von Lithographien napoleonischer Generäle in seiner Lichtenberger Villa zeugt davon. Im Zuge der Umbauarbeiten wurden die 16 Drucke restauriert und sind nun wieder in der Eingangshalle des großbürgerlichen Hauses zu sehen.

Der Verwaltungsleiter des Haus Marteaus Dr. Ulrich Wirz und die Restauratorin Sabine Schumm. Foto: Monika Hopf

Der Verwaltungsleiter des Haus Marteaus Dr. Ulrich Wirz und die Restauratorin Sabine Schumm. Foto: Monika Hopf

Mit der Künstlervilla erwarb der Bezirk Oberfranken 1980 auch große Teile des Originalinventars der Villa, die Marteaus Witwe Blanche mit ihrem Tod 1977 hinterlassen hatte. „Es war ein Glücksfall, dass wir beim Kauf der Villa so viele Ausstattungsstücke übernehmen konnten, denn diese Kunstgegenstände verleihen dem Haus eine große Authentizität. Sie zeugen vom wirtschaftlichen Erfolg des Violinvirtuosen Marteau, von seinen gesellschaftlichen Kontakten zu gekrönten Häuptern und Komponistenkollegen und auch von seiner umfangreichen Bildung. So hat Haus Marteau als Internationale Musikbegegnungsstätte auch musealen Charakter und ist damit in Europa einmalig“, betont Bezirkstagspräsident Henry Schramm.

Die Villa wurde damals nach dem Erwerb zur Internationalen Musikbegegnungsstätte umgebaut – jetzt, nach 40 Jahren, wurden im Kellergeschoss neue Übungsräume geschaffen, indem die Bodenplatte des Hauses abgesenkt wurde. „Nachdem wir den Kursbetrieb in der Zeit des Umbaus sowieso nach Bad Steben verlegen mussten, nutzten wir die Gelegenheit, einige Stücke restaurieren zu lassen – so auch die Sammlung von 16 Lithographien der Generäle Napoleons,“ sagt der Verwaltungsleiter des Hauses, Dr. Ulrich Wirz. Wirz weiß auch von der großen Militärbegeisterung des damaligen Hausherrn zu berichten: „Als Kind seiner Zeit hatte Marteau ein großes Faible für das Militär. Der Sammlung der Generäle Napoleons hatte der Hausherr einen zentralen Platz zugewiesen, sie begrüßten bereits zu Lebzeiten Marteaus die Besucher der Künstlervilla in der Eingangshalle.“ Marteaus Biograph Günther Weiß recherchierte, dass es eine ähnlich umfangreiche Sammlung der Generäle wohl nur in der Nationalbibliothek in Paris geben soll.

Schicksalsschlag Erster Weltkrieg

Der in Reims geborene Marteau lebte seit 1908 dauerhaft in Deutschland, seit 1917 in Lichtenberg. Er war aber französischer Reserveoffizier und absolvierte in Frankreich gewissenhaft seine jährlichen Militärübungen. Diese Begeisterung war für seinen Freund und Kollegen Emile Jaques-Delacroze Anlass zu einem Lied: „Wer, wer liebt das Militär, und hält seine Termine dafür frei, und weiß, dass er bald General wird? Das ist Marteau“.

Zum General wurde Marteau nicht. Vielmehr geriet er mit dem ersten Weltkrieg zwischen die Fronten, seine bis dahin traumhafte Karriere geriet ins Stocken: In Frankreich galt der Deutschfranzose als „Vaterlandsverräter“, in Deutschland geriet er unter Spionageverdacht und wurde wiederholt interniert. Wie stolz Marteau auf seinen militärischen Rang als Reserveoffizier war, belegt die Tatsache, dass er sein Bildnis in Uniform versendete und Freunden widmete.

Mehr als 100 Jahre später war es Zeit für eine Überholung der in dieser Form wohl einzigartigen Sammlung. „Die 16 Lithographien der Generäle Napoleons hatten unter anderem starke Wasserflecken und mussten aufwändig restauriert werden“, berichtet Restauratorin Sabine Schumm von der PAPIER&BUCHWERKSTÄTTE in Hirschaid. Nach der Grafikrestaurierung wurden die Bilder nach konservatorischen Richtlinien umgerahmt, da die alten säurehaltigen Rückwände der Rahmung der Sammlung auf Dauer zusetzen.

Die Bildnisse der Generäle Napoleons strahlen den Glanz vergangener Zeiten aus. Ulrich Wirz kennt die großartige Wirkung des Gesamtensembles von Haus Marteau auf Kursteilnehmer und Dozenten: “Zusammen mit den zahlreichen Bildern, dem Porzellan, dem wertvollen Mobiliar und der umfangreichen Bibliothek sind sie Beleg für den vom beruflichen Erfolg und den erlesenen Geschmack des Bauherrn. Und so sagen manche Dozenten, sie fühlen sich bei ihren Kursen im Haus so, also ob Sie bei Familie Marteau zu Besuch wären – und ein bisschen ist es ja auch so.“

Monika Hopf